Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer
und mußte nur noch auf günstigen Wind warten. Bei Einbruch der Dunkelhei t sollte es mit den Kindern davonsegeln, um sie in ihre Heimatländer zu bringen. Das andere Schiff hatte noch keine Segel gesetzt. Dort waren die Matrosen noch mit dem Einladen des Proviants beschäftigt. Es war noch viel schöner und prächtiger als das andere. An seinem haushohen Bug war eine große goldene Figur zu sehen, die ein Einhorn darstellte. Links und rechts daneben war folgender Name aufgemalt:
PUNG GING
So hieß ja der Kaiser von Mandala. Also war das wohl das Staatsschiff, das am nächsten Morgen nach Lummerland in See stechen sollte.
Als die Sonne untergegangen war, begann plötzlich ein sanfter, aber anhaltender Wind vom Lande her zu wehen. Der Kapitän des Kinder schiff es, ein lustiger alter Seebär mit einer runden, roten Nase, kam von seinem Schiff herunter und meldete, daß alles zur Abfahrt bereit sei.
Der Kaiser rief seine kleinen Gäste zusammen und sagte: »Meine lieben Freunde und Freundinnen! Mit Bedauern vernehme ich, daß die Stunde der Trennung geschlagen hat. Es war eine große Freude für mich, euch alle kennenzulernen. Ich wünschte, wir könnten noch eine Weile zusammenbleiben, aber ihr wollt in eure fernen Heimatländer, und das ist durchaus verständlich, wenn man bedenkt, wie lange ihr schon von zu Hause fort seid. Grüßt eure Eltern, Verwandten und Freunde von mir und schreibt bald, ob ihr gut angekommen seid. Und wenn ihr Lust habt, dann besucht mich doch bald einmal wieder. Vielleicht in den nächsten großen Ferien, ja? Ihr seid jederzeit herzlich willkommene Gäste. Und was die dreizehn Piraten betrifft, die euch geraubt haben, so könnt ih r ganz beruhigt sein. Sie werden ihrer gerechten Strafe nicht entrinnen. Ich werde in nächster Zeit ein Kriegsschiff ausrüsten, das sie gefangen nehmen wird. Und nun lebt wohl, meine Lieben!«
Danach ergriff Lukas das Wort.
»Tja, Leute«, sagte er und paffte heftig, »ich kann nicht viele Worte machen. Tut mir leid, daß wir uns schon wieder trennen müssen, aber es ist ja nicht für immer -«
»Bestimmt nicht!« rief der kleine Indianerjunge dazwischen. »Schreibt Jim und mir auch mal eine Ansichtspostkarte, damit wir sehen, wie es bei euch zu Hause ist. Und wenn ihr uns besuchen wollt, dann kommt nur nach Lummerland. Wir freuen uns. Und jetzt also gute Fahrt und auf baldiges Wiedersehen!«
Nun gab es ein allgemeines Händeschütteln und Abschiednehmen, und jedes Kind bedankte sich noch einmal bei Jim und Lukas, und natürlich auch bei der guten dicken Emma, für die Rettung und beim Kaiser von Mandala für seine Freundlichkeit. Dann gingen die Kinder unter Führung des Kapitäns an Deck ihres Schiffes. Als alle oben an der Reling standen, begann im Hafen ein ungeheures Feuerwerk. Das war eine Überraschung, die der kleine Fing Pong sich ausgedacht hatte. Die Raketen stiegen meilenhoch in den Nachthimmel und sprühten und leuchteten in den märchenhaftesten Farben. Dazu spielte eine mandalanische Musikkapelle ein Abschiedslied. Und die Wellen des Meeres rauschten wunderbar dazu. Dann wurde der Anker gelichtet und das Schiff setzte sich langsam und majestätisch in Bewegung. Alle riefen »Auf Wiedersehen!« und winkten. Jeder war gerührt und hatte Tränen in den Augen. Am meisten heulte natürlich Emma, obgleich sie wie gewöhnlich nicht ganz verstand, was eigentlic h los war. Sie hatte eben ein sehr zartes Gemüt und war ganz erheblich gerührt, einfach so.
Langsam glitt das Schiff auf das nächtliche Meer hinaus und entschwand den Blicken der Zurückbleibenden. Jetzt lag der Hafen plötzlich ganz still und verlassen da.
»Es scheint mir das beste«, schlug der Kaiser vor, »wenn wir heute nacht schon an Bord unseres Schiffes schlafen. Es sticht morgen noch vor Tagesgrauen in See, und wenn wir jetzt schon an Bord gehen, dann brauchen wir nicht so früh aufzustehen. Beim Frühstück sind wir schon weit draußen auf dem Meer.« Die beiden Freunde und die kleine Prinzessin waren natürlich sofort einverstanden.
»Dann wollen wir jetzt von Fing Pong, meinem Oberbonzen, Abschied nehmen«, meinte der Kaiser.
»Ja, fährt er denn nicht mit?« fragte Jim.
»Das geht leider nicht«, antwortete der Kaiser. »Jemand muß mich doch während meiner Abwesenheit vertreten. Fing Pong ist der Richtige dazu. Er ist zwar noch sehr klein, aber schon sehr fähig, wie ihr gesehen habt. Außerdem nehme ich nicht an, daß sich während meiner Reise hier sehr viel
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