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Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Titel: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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ihres Alters und ihrer dicklichen Figur eine sehr gute und solide Lokomotive.
    Die Sonne stieg höher und höher. Die Hitze ließ die Luft über der Wüste flimmern. Lukas und Jim machten die Fenster fest zu. Zwar war es im Innern des kleinen Führerhauses durch die Feuerung auch ziemlich warm, aber das war immer noch erträglich gegen die Temperatur, die draußen herrschte. Ab und zu lagen gebleichte und halb im Sand versunkene Tiergerippe neben ihrem Weg. Die Freunde betrachteten sie nachdenklich im Vorüberfahren.
    Es mochte ungefähr um die Mittagszeit sein, als Lukas plötzlich überrascht ausrief:
    »Nanu!«
    »Was is’?« erkundigte sich Jim und schreckte auf. Er hatte, von der Hitze ermüdet, ein wenig vor sich hingedöst.
    »Scheint, wir haben die Richtung verloren«, knurrte Lukas.
    »Warum?«
    »Schau doch mal zum rechten Fenster hinaus! Bisher war das Gebirge immer da drüben. Aber jetzt ist es auf einmal auf der anderen Seite.«
    Tatsächlich, es war, wie Lukas gesagt hatte: Im rechten Fenster war der leere, ferne Wüstenhorizont zu sehen und im linken das rot und weiß gestreifte Gebirge.
    Das war schon seltsam genug, aber noch viel befremdlicher war, daß irgend etwas mit dem Gebirge nicht in Ordnung zu sein schien. Es sah aus, als stünde es nicht richtig auf dem Boden, sondern schwebte ein wenig darüber.
    »Was is’ denn da los?« fragte Jim beunruhigt.
    »Weiß auch nicht«, meinte Lukas. »Jedenfalls müssen wir wohl umkehren.«
    Aber noch ehe er ausgesprochen hatte, war das Gebirge ganz und gar verschwunden und weder links noch rechts zu sehen. Statt dessen entdeckten die Freunde plötzlich in einiger Entfernung einen Meeresstrand mit Palmen, die sich im Winde wiegten.
    »Nun schau sich einer das an!« murmelte Lukas verblüfft.
    »Verstehst du das, Jim?«
    »Nein«, antwortete Jim. »Da scheinen wir ja in eine sonderbare Gegend geraten zu sein.«
    Er drehte sich um und blickte nach hinten hinaus. Zu seiner größten Verwunderung erhob sich mit einemmal dort das rot und weiß gestreifte Gebirge. Aber jetzt stand es auf dem Kopf! Es hing sozusagen vom Himmel herunter.
    »Da stimmt doch was nicht!« brummte Lukas, die Pfeife zwischen den Zähnen.
    »Was sollen wir machen?« fragte Jim bang. »Wenn das so weitergeht, finden wir nie mehr unsere Richtung.«
    »Das Vernünftigste wird sein«, meinte Lukas, »wir fahren auf jeden Fall erst mal weiter, bis wir aus diesem verrückten Ich-weiß-nicht-was herauskommen.«
    Sie fuhren also weiter. Aber sie kamen nicht heraus. Es wurde im Gegenteil immer verwirrender. Zum Beispiel sahen sie auf einmal große Eisberge über den Himmel schwimmen. Das war ganz besonders befremdlich, weil Eisberge bei dieser Hitze ja eigentlich sofort hätten schmelzen müssen.
    Plötzlich tauchte vor ihnen der Eiffelturm auf, der doch in Wirklichkeit in der Stadt Paris steht und keineswegs in der Wüste »Das Ende der Welt«. Dann erschienen links viele Indianerzelte um ein Lagerfeuer in der Mitte und Krieger mit Federkopfputz und Kriegsbemalung, die wilde Tänze aufführten. Rechts lag unversehens die Stadt Fing mit ihren goldenen Dächern. Dann verschwand alles ebenso rätselhaft, wie es aufgetaucht war, und rundherum war nur kahle Wüste. Aber schon nach wenigen Augenblicken erschien wieder etwas Neues in der flimmernden Luft.
    Lukas hatte gehofft, daß er am Nachmittag durch den Stand der sinkenden Sonne die Richtung nach Norden wiederfinde n könnte. Aber daran war leider nicht zu denken. Die Sonne brannte nämlich einmal von rechts, dann wieder von links und oft sogar von beiden Seiten zugleich. Sie hatte sich tatsächlich verdoppelt. Es schien einfach alles toll geworden zu sein.
    Schließlich vermischten sich die Erscheinungen sogar untereinander. Da stand zum Beispiel plötzlich ein umgekehrter Kirchturm auf der Spitze seiner Wetterfahne, und oben drüber in der Luft schwebte ein See, auf dessen Wellen Kühe weideten.
    »Das ist ja wohl die verrückteste Unordnung, die mir je vorgekommen ist!« brummte Lukas beinahe belustigt. Jetzt erschien eine große Windmühle, die auf dem Rücken von zwei Elefanten stand.
    »Wenn die Sache nicht so unübersichtlich wäre«, sagte Lukas, »dann fände ich dieses Durcheinander eigentlich ganz spaßig.«
    In diesem Augenblick zog über den Himmel ein gewaltiges Segelschiff, aus dem ein Wasserfall herniederstürzte.
    »Ich weiß nicht recht«, murmelte Jim und schüttelte besorgt den Kopf, »mir gefällt das alles ganz und gar nicht

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