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Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer

Titel: Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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auftauchte, lief alles entsetzt weg.«
    »Und warum wohnen Sie jetzt hier in der Wüste ›Das Ende der Welt‹?« erkundigte sich Jim teilnahmsvoll. Der feine alte Mann tat ihm richtig leid.
    »Das kam so«, erklärte Herr Tür Tür. »Ich bin in Laripur geboren. Das ist eine große Insel im Norden von Feuerland. Meine Eltern waren die einzigen Menschen, die keine Angst vor mir empfanden. Es waren überhaupt sehr liebe Eltern. Als sie gestorben waren, beschloß ich auszuwandern. Ich wollte ein Land suchen, wo die Leute keine Angst vor mir hätten. Ich bin durch die ganze Welt gezogen, aber es war überall das gleiche. Da bin ich zuletzt in diese Wüste gegangen, damit niemand mehr durch mich erschreckt würde. Sie beide, meine Freunde, sind seit meinen Eltern die ersten Menschen, die sich nicht vor mir fürchten. Ich habe mich unbeschreiblich danach gesehnt, einmal noch, ehe ich sterbe, mit jemandem reden zu können.
    Sie beide haben mir diesen Wunsch erfüllt. Nun werde ich immer, wenn ich mich einsam fühle, an Sie denken, und es wird mir ein großer Trost sein, daß ich irgendwo in der Welt Freunde habe. Zum Dank dafür möchte ich gern etwas für Sie tun.«
    Lukas dachte eine Weile schweigend über das Gehörte nach.
    Auch Jim war tief in Gedanken versunken. Er hätte Herrn Tür Tür gerne irgend etwas Hilfreiches gesagt, aber es fiel ihm nichts Passendes ein.
    Endlich unterbrach Lukas die Stille:
    »Wenn Sie wollen, Herr Tür Tür, dann können Sie uns tatsächlich einen wichtigen Dienst erweisen.«
    Und dann erzählte er, woher sie kamen, und daß sie auf dem Wege in die Drachenstadt seien, um die Prinzessin Li Si zu befreien und Jim Knopfs Geheimnis auf die Spur z u kommen.
    Als Lukas fertig war, blickte Herr Tür Tür die beiden Freunde voller Hochachtung an und meinte:
    »Sie sind wirklich zwei sehr mutige Männer. Ich zweifle nicht, daß Ihnen die Rettung der Prinzessin gelingen wird, obgleich es gewiß sehr gefährlich ist, in die Drachenstadt einzudringen.«
    »Können Sie uns vielleicht den Weg dorthin beschreiben?« fragte Lukas.
    »Das wäre zu unsicher«, antwortete Herr Tür Tür. »Ich werde Sie am besten selbst aus der Wüste hinausbegleiten. Allerding s kann ich nur bis zur Region der ›Schwarzen Felsen‹ mitkommen. Von dort aus müssen Sie allein weiterfinden.«
    Er überlegte ein paar Augenblicke, dann fuhr er fort:
    »Da ist aber noch eine Schwierigkeit. Ich lebe nun zwar schon so viele Jahre hier und kenne die Wüste wie meine eigene Tasche, aber tagsüber würde sogar ich mich rettungslos verirren. Die Fata Morgana ist in den letzten Jahren immer schlimmer geworden.«
    »Da haben wir ja mächtiges Glück gehabt, daß wir Sie getroffen haben, Herr Tür Tür«, warf Lukas ein.
    »O ja!« erwiderte Herr Tür Tür ernst und runzelte die Stirn. »Allein wären Sie aus dieser Wüste nie wieder herausgekommen. Morgen oder spätestens übermorgen hätten die Geier Sie ganz sicher verspeist.«
    Jim schauderte.
    »Also fahren wir gleich ab«, schlug Lukas vor. »Der Mond ist auch schon aufgegangen.«
    Herr Tür Tür machte schnell noch Brote zurecht und füllte die goldene Thermosflasche des Kaisers von Mandala mit neuem Tee. Dann gingen alle drei hinaus zu der Lokomotive. Ehe sie abfuhren, wollte Jim gerne noch einmal die sonderbare Riesen-Eigenschaft von Herrn Tür Tür sehen, und Herr Tür Tür erklärte sich bereit, sie vorzuführen.
    Der Mond schien so hell und klar, daß man fast so gut sehen konnte wie bei Tage. Jim und Lukas blieben neben Emma stehen, und Herr Tür Tür ging ein Stück weit in die Wüste hinein. Die beiden Freunde konnten beobachten, wie er immer größer wurde, je weiter er sich von ihnen entfernte. Als er wieder zurückkam, wurde er kleiner und kleiner, bis er schließlich wieder in ganz normaler Größe vor ihnen stand.
    Dann blieb Lukas allein stehen, und Jim ging mit Herrn Tü r Tür weg, um zu sehen, ob er wirklich nur scheinbar größer wurde. Als sie ein Stück von Lukas entfernt waren, drehten sie sich um, und Jim rief:
    »Was siehst du, Lukas?«
    Lukas antwortete:
    »Du bist jetzt nur noch so groß wie mein kleiner Finger, und Herr Tür Tür ist so lang wie ein Telegrafenmast.« Dabei konnte Jim leicht feststellen, daß Herr Tür Tür, neben dem er ja stand, wirklich nicht gewachsen war, sondern immer noch genauso aussah wie vorher.
    Und zuletzt blieb Jim neben Emma stehen, und Lukas ging mit Herrn Tür Tür ein Stück weit fort. Nun konnte Jim beobachten, wie

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