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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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wahrscheinlich tut man solche Dinge, wenn einem nichts Besseres einfällt und man irgendetwas tun muss .
    Sean und Brian versuchten es im Head-Up-Centre, hatten aber weder dort noch im alten Tanzsaal Glück. Sie fuhren langsam die Straße zu Alans Haus in Borris entlang, redeten mit Mr Foran und suchten mit ihm die Felder rings ums Haus ab. Nichts. Es wurde immer schwerer zu glauben, dass Mam mit dem Fluss falschlag. Sie war mit ein paar Polizisten und Fiona stundenlang beide Ufer abgegangen, bis man sie überzeugen konnte, dass es besser war, erst mal nach Hause zu gehen.
    Alle zusammen haben wir dann die Kälte ins Haus geschleppt. Die Heizung war abgesenkt, aber niemand kam auf die Idee, in den Heizungsraum zu gehen und sie einzuschalten. Fiona machte Kaffee, und außer ihr trank niemand davon.
    Seit Starsky und die anderen Polizisten gegangen sind, wird kaum ein Wort gesprochen, nur hin und wieder kurz geflüstert. Wir schaffen es jeder auf seine Weise, unsere Angst zu unterdrücken, bis Martin herausplatzt:
    »Gibt es irgendeinen Ort, an den wir nicht gedacht haben?«
    Mam geht sofort auf ihn los. Ich will nicht sehen, wie er sich unter ihrem Zorn krümmt, aber ich kann die Augen nicht abwenden. Erst jetzt fällt mir auf, dass er ein kurzärmeliges Sommerhemd trägt und am ganzen Körper zittert. Er sieht vollkommen fertig aus, wobei ich mich frage, warum ich es nicht auch bin, aber ich habe keine Antwort.
    »Hast du nicht schon genug angerichtet?«, sagt Mam.
    »Judy«, mischt sich Fiona Sheedy ein. »Das ist nicht fair. Ich weiß, du …«
    »Und du genauso! Das alles wäre nie passiert, wenn er sich nicht dieses Haus in den Kopf gesetzt hätte, dieses dumme Hirngespinst.«
    »Es ist kein Hirngespinst, Judy«, widerspricht Fiona. »Das Haus bedeutet ein unabhängiges Leben, eine Chance, wieder ein Selbstwertgefühl zu entwickeln, wieder zu lernen, was Grenzen sind, all das. Es ist eine Hoffnung für ihn.«
    Mama glaubt ihr kein Wort.
    »Du und dein dämliches Psychologengeschwätz. Grenzen, Selbstwertgefühl, unabhängiges Leben – ich kann’s nicht mehr hören. Genau so hab ich alle die Jahre auch mit den Leuten geredet, denselben Scheiß. Und was hat es auch nur einem von ihnen gebracht? Was haben sie jetzt für ein Leben? Was für ein Leben soll Jimmy da draußen, getrennt von uns, jemals haben?«
    Fiona stellt ihren Kaffeebecher auf die Arbeitsplatteneben der Spüle und kommt zum Tisch. Mams feindseliger Blick funktioniert bei ihr nicht, und sie setzt sich. Wahrscheinlich hat sie schon Tausende solcher Blicke gesehen, meine eingeschlossen. Aber diesmal bin ich auf ihrer Seite und hoffe, dass sie die richtigen Worte findet.
    »Jimmy lebt schon sein eigenes Leben, Judy. Seit Monaten schon. Er hat das Head-Up-Centre, neue Freunde, neue Interessen, neue Hoffnungen. Du hast ihn doch erlebt, wie entspannt er dort ist und wie hilfsbereit, und wie sie ihn alle mögen.«
    »Und jetzt sieht man, wo es hingeführt hat«, sagt Mam. »In den Fluss.«
    »Er ist nicht ins Wasser gegangen«, wirft Martin ein. Er geht auf den Tisch zu und bleibt auf halbem Weg stehen, als hätte er vergessen, wo er hinwollte. Er ist so dünn geworden, dass seine Hose schlackert, und seine schwarzen Schuhe sind mit Lehm verschmiert. Armer kleiner reicher Mann , denke ich. »Hundertprozentig nicht. Er ist niemals ins Wasser gegangen … dazu … das kann einfach nicht sein.«
    Es ist eine lausige Erklärung, das weiß er, und Mam weiß es auch. Sie schaut ihn an. Da ist wieder Judys hauteur , aber giftiger als jemals zuvor.
    »Sparst du eigentlich Steuern, wenn du den Head-Up-Leuten das Haus überlässt?«, fragt sie. »Geht’s darum?«
    »Himmel, Mam!«, sagt Sean, aber Martin hebt die Hand, als wollte er sagen: Lass gut sein! Soll sie auf mich einschlagen.
    »Sicher ist, dass du das Haus jetzt nicht verkaufen könntest, richtig?«, fährt sie fort. »Niemand kauft mitten in der Rezession ein Haus, also minimierst du deine Verluste, indem du es für einen wohltätigen Zweck zur Verfügung stellst, und Steuervorteile hast du auch noch. Plus: Es siehtplötzlich gar nicht mehr so aus, als hättest du dein ganzes armseliges Leben lang immer nur Geld, Geld, Geld im Sinn gehabt, hab ich recht?«
    Kummer macht aus uns Menschen verwundete Tiere. Das wusste ich schon immer. Jetzt gerade lerne ich, dass ein verwundetes Tier dich in Stücke reißen kann. Besonders wenn du stillhältst, wie Martin es tut. Fiona leidet mit ihm. Sie hält sich

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