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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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Sean im schweißnassen Trainingsanzug herein. Er war gelaufen. Von einem Kater keine Spur. Es hätte fast der Anfang einer Willkommen-zu-Hause-Party sein können – und wie bei jeder guten Party sollte die größte Überraschung erst noch kommen.
    Als ich Tom mit seinem Traktor von Mams Schoß klettern sah, dachte ich mir noch nichts dabei. Dann war ich viel zu sehr mit der Frage beschäftigt, was wir als Nächstestun sollten. Ich dachte: Vielleicht sollten wir ’ s mit Musik versuchen. Mit den Undertones . Mit »Jimmy, Jimmy« oder »Teenage Kicks«. Und danach mit seinen Büchern. Mit Peter, dem Panzer. Oder Frosti, dem Feuerwehrmann. Dabei behielt ich Dad die ganze Zeit im Auge. Er saß ganz vorn auf der Sesselkante. Das Sonnenlicht fiel durch die hohen Wohnzimmerfenster, und das meiste davon schien er abzubekommen.
    Dann sah ich, dass Tom seinen grünen Traktor bis auf ein paar Schritte zu Dad hingeschoben hatte. Er starrte zu ihm hoch. Erinnerte er sich an etwas? Dad wandte den Blick nicht vom Fernseher. Tom rückte näher. Ein paar Minuten vergingen. Mam und ich wechselten ungläubige Blicke. Eine von Toms Händen suchte eine Hand von Dad und blieb dort liegen. Dad schaute weiter auf den Fernseher, aber er begann, Toms kleine Hand zu streicheln.
    Tom blieb nicht lange. Es war, als wüsste er auf seine eigene Art, dass er nichts überstürzen durfte. Er kam zu mir, und es war mehr so, dass ich mich an ihn klammerte, als er sich an mich. Ich war so unglaublich froh. Die letzte Folge der ersten Father-Ted -Staffel ging gerade zu Ende.
    Tom krabbelte zurück zu Mam. Er hatte Hunger und fing an, sich zu langweilen. Dad kicherte nicht mehr so viel. Er schaute noch auf den Bildschirm, aber man merkte, dass er nicht mehr ganz bei der Sache war. Die Uhr an seinem Handgelenk, an der er jetzt herumfingerte, schien die letzten Sekunden dieses glücklichen Morgens herunterzuzählen.
    Dann kam genau zur rechten Zeit Brian. Er war, ohne zu klingeln, zur offenen Haustür hereingekommen, was mich störte, aber das hielt nicht lange an. Er stand in einem roten Che-Guevara-T-Shirt und mit einem weißen Plastikfußballunterm Arm im Flur und schaute von einem zum anderen, nur nicht zu mir.
    »Was läuft?«, fragte er.
    Dad sprang auf.
    »Alles klar, Brian? Spielen wir Fußball?«, fragte er, und ich dachte: Bitte lass den perfekten Tag nicht doch noch den Bach runtergehen.
    »Wir kicken nur ein bisschen, Mam«, sagte Sean. »Kein Gebolze, versprochen.«
    »Ja«, sagte Dad. »Kein Gebolze.«
    Ich sah, dass Mam keine Spielverderberin sein wollte. Oder wenigstens nicht die einzige. Sie schaute mir in die Augen, und ich wusste, dass sie eine Verbündete suchte. Ich tat so, als würde ich nicht verstehen.
    »Kein Foulspiel«, sagte ich. »Kein Schubsen und keine Ellbogen.«
    »Alles paletti«, überraschte uns Dad ein weiteres Mal mit etwas, das wir von früher kannten. »Alles paletti« war einer seiner Standardausdrücke gewesen.
    »Also gut, aber ihr seid vorsichtig«, sagte Mam. »Ich meine extravorsichtig, okay?«
    So betrat Dad zum ersten Mal seit seinem Unfall wieder das Bernabéu. So haben wir den Garten hinterm Haus immer genannt. Bernabéu wie das Stadion von Real Madrid. »Andere Leute haben Blumengärten«, hat Mam sich manchmal beklagt, »wir haben einen Bolzplatz.« Aber sie hat nicht wirklich was mit dem Garten am Hut und auch kaum Zeit, sich dort aufzuhalten. So heiß, wie es heute ist, könnten wir übrigens wirklich in Spanien sein.
    Nachdem ich eine Weile mitgekickt habe, setze ich mich in den Schatten der hohen Mauer am Ende des Gartens.Ich habe mich lange nicht mehr so gut gefühlt. Mir ist heiß, aber ich mache mir keine Sorgen. Eine warme Brise streicht mir über die geschlossenen Augenlider. Als ich das Gartentor quietschen höre, öffne ich die Augen, und das Erste, was ich sehe, ist, dass Brian zu mir herschaut. Er schaut wieder weg, lässt sich von Sean den Ball zupassen und spielt ihn aus dem Fußgelenk weiter zu Dad. Dann taucht ein Kinderwagen am Gartentor auf und hinter dem Kinderwagen eine vollkommen aufgedrehte Jill, die Babylaute von sich gibt und immer wieder den Kopf in den Wagen steckt. Sie fragt schon die ganze Zeit, ob ich nicht mal kommen und mir Wins Baby anschauen will, aber ich hab’s noch nicht geschafft. Keine Ahnung, warum.
    »Ah, Jill!«, rufe ich, als wäre ich froh, sie zu sehen. »Und Richard!«
    Sie schaut auf und sieht erst jetzt Brian und Sean. Sie zieht den Kinderwagen wieder nach

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