Jimmy, Jimmy
draußen, und ich folge ihr. Um ehrlich zu sein: Ich bin froh, dass sie nicht reinkommen will. Sie wartet draußen auf mich.
»Du hättest mich warnen sollen, dass Brian hier ist«, sagt sie.
»Ich konnte doch nicht wissen, dass du vorbeikommst.«
»Ich hab dir eine SMS geschrieben. Warum antwortest du nie?«
»Mein Akku ist leer, darum«, sage ich.
Ich weiß, dass ich das Baby bewundern sollte, aber ich bringe es nicht mal über mich, es anzuschauen. Jill hat es zum Glück noch nicht gemerkt. Sie hat Brian schon vergessen und turtelt wieder mit dem kleinen Richard.
»Ist er nicht großartig?«, fragt sie. »Ja, ist er nicht großartig, der kleine Richard, ist er nicht …«
»Ja«, sage ich, aber immer noch, ohne ihn anzuschauen.
»Willst du ihn mal halten?«, fragt Jill.
»Nein!«
Es klingt abweisender, als ich es meine. Jill starrt mich an. Um ihrem Blick auszuweichen, schaue ich das Baby an – und mein kaltes Herz beginnt zu schmelzen. Meine Knie werden weich, und es kommt noch schlimmer, denn meine Augen füllen sich mit Tränen. Ich denke: Was soll das denn jetzt? Warum muss ich beim Anblick dieses süßen kleinen Kerls heulen? Er ist so winzig, so perfekt mit den kleinen Fingern, die er so aufgeregt bewegt, und mit den langen wunderschönen Wimpern über den weit geöffneten Augen. Ich bin zu durcheinander, um etwas zu sagen. Es kommt mir unglaublich vor, dass Jills Eltern nichts mit dem Baby zu tun haben wollen.
»Ich werde ihn so vermissen, wenn Win ihn wieder mit nach Dublin nimmt«, sagt Jill. Sie beugt sich zu ihm hinunter und kitzelt ihn an der Nase, und sein Mund schnappt nach ihren Fingern. »Es wird hart für sie, gleichzeitig aufs College zu gehen und sich um ihn zu kümmern.«
»Vielleicht hätte sie sich das überlegen sollen, bevor sie …«
»Eala?«, sagt Jill, und jetzt sieht sie meine bescheuerten wässrigen Augen. »Was ist los?«
Ich verkneife es mir zu sagen, was das für eine vollkommen blödsinnige Frage ist. Stattdessen murmle ich: »Nichts, nichts.« Und dann purzelt es aus mir heraus: »Alles.«
Sie macht einen Schritt auf mich zu, und ich weiche zurück. Sie versteht die Botschaft.
»Es wird besser werden, Eala, glaub mir«, sagt sie. »Ich dachte auch, Mam und Dad würden es nie über sich bringen,Richard zu akzeptieren, aber ich merke schon, wie sie weich werden. Gestern hat Mam ihn zum ersten Mal gehalten, und ich schwör’s dir, seitdem hört sie nicht mehr auf zu lächeln. Win meint, das Baby bringt uns einander näher, als wir uns jemals waren.«
Und schon geht sie mir wieder auf die Nerven. Vielleicht sollte sie mit Miss Understanding darüber reden, wie realistisch solche Erwartungen sind. »Erwartungen« ist eins der Lieblingswörter der Psychotante und tritt meistens mit einem vorangestellten »unrealistisch« oder »unvernünftig« auf.
Das Baby gluckst vor sich hin, kräht fröhlich und tritt mit den Füßen gegen die Decke.
Dann quietscht hinter mir das Gartentor. Dad. Es ist der Kinderwagen, der’s ihm angetan hat.
»Ist das dein Baby?«, fragt er Jill, die prompt rot wird.
»Nein, das von meiner Schwester. Meine Schwester Win, erinnern Sie sich?«, sagt sie nervös. »Er heißt Richard.«
Dad tritt neben den Kinderwagen. Während er Richard das Kinn krault, erhasche ich einen Blick von Jill. Mir wird klar, dass es das erste Mal ist, dass sie Dad wieder zu Hause sieht. Mitleid und Panik stehen ihr ins Gesicht geschrieben, und ich denke: So ist es jetzt bei allen, die ihn sehen. Es macht mich wütend, aber noch mehr warte ich angespannt darauf, was Dad als Nächstes sagt oder tut. Ich überlege mir, wie ich ihn ins Bernabéu zurückbugsieren könnte, als er sich plötzlich nach vorn beugt und das Baby aus dem Kinderwagen nimmt.
»Mr Summerton, bitte …«, murmelt Jill.
»Nenn mich Jimmy!« Er ist wie hypnotisiert von den zappelnden Händen und Füßen des Babys. »Er ist ein lebhafter kleiner Kerl, was?«
Jill heult gleich. Sie packt mich am Arm, und ich will mich losreißen, aber da beginnt der kleine Richard zu weinen, und Dad legt ihn vorsichtig in den Kinderwagen zurück.
»Ich wollte ihn nicht erschrecken«, sagt er.
»Oh, er ist nur müde … Jimmy«, sagt Jill ganz flatterig vor Erleichterung, während sie den Kinderwagen von uns wegzieht. »Und er möchte am liebsten die ganze Zeit geschoben werden.«
Aber Dad ist nicht überzeugt und zieht sich ohne ein Wort des Abschieds ins Bernabéu zurück.
»Ich will mit ihm in den Park,
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