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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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entgegen.
    »Peter Foran. Ich bin Alans Vater. Und ihr seid Jimmys Familie, hab ich recht?«
    Er und Sean geben sich die Hand. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, und überlasse es Sean zu antworten. Keine so gute Idee.
    »Was ist Alan passiert?«, fragt er.
    »Eala«, versuche ich die Situation zu retten. »Das ist Sean, und das kleine Äffchen hier ist Tom. Sag Hallo, Tom!«
    »’lo Tom«, piepst Tom.
    »Es ist fünf Jahre her«, sagt Mr Foran. »Sie haben ihn vor einer Disco in Dublin verprügelt und einfach liegen lassen. Er hat einen langen Weg hinter sich. Wie wir alle.«
    »Hat man die Täter je gefasst?«, fragt Sean, und mir ist seine Hartnäckigkeit unangenehm, aber Mr Foran scheint sie nicht zu stören.
    »Zwei von ihnen haben das Land verlassen. Sie hatten nicht den Mut, zu ihrer Tat zu stehen. Den dritten haben sie sechs Monate eingesperrt, er ist letztes Jahr an einer Überdosis Heroin gestorben. Diese Leute bestrafen sich am Ende immer selbst.«
    »Auch wenn es ihnen egal ist, was sie getan haben?«, fragt Sean.
    Mr Foran zuckt mit den Achseln. Er ist so ruhig und gelassen, dass er mich an den alten Dad erinnert. Er erinnert mich auch daran, wie cool Dad noch mit Mitte sechzig hätte aussehen können.
    »Ich habe fast drei Jahre meines Lebens damit verbracht, mir vorzustellen, wie ich diese Kerle dafür bezahlen lasse, was sie getan haben«, erzählt er uns. »Drei lange vergeudete Jahre. Ich wollte mich rächen, aber ich hätte fragen sollen, was meine Frau und Alan wollen.«
    Am anderen Ende des überfüllten Raums beginnt eine Frau in ein Mikrofon zu sprechen, und Mr Foran geht mit einem Nicken weiter.
    »Meine Damen und Herren, darf ich Sie bitten, Ihre Plätze im Saal einzunehmen! Die Show beginnt in fünf Minuten.«
    »Um nichts in der Welt geh ich da rein«, sagt Sean, während die Menschen sich an uns vorbeibewegen. »Was glaubst du, was sie da drin aufführen – ein verdammtes Krippenspiel?«
    »Red ein bisschen leiser!«, flüstere ich ihm zu. »Du hast doch gehört, was Mam gesagt hat. Ein paar Künstler aus dem Ort treten für die gute Sache auf, okay?«
    Aber Sean hört mir nicht zu. Er hat etwas oder jemanden entdeckt und scheint sich auch darüber nicht zu freuen. Wir werden langsam, aber sicher in die Rainbow Hall geschoben, wie sie den Saal nennen. Die Eingangshalle ist zu klein, um der nachdrängenden Menge auszuweichen.
    »Ich hab’s gewusst«, sagt Sean mit einem Blitzen in den Augen.
    Jetzt sehe ich, was er entdeckt hat: Bei der Tür zum Saal unterhält sich Mam mit Peter Foran. Es ist nicht so, dass sie sich anlächeln, aber die Art, wie sie miteinander sprechen, hat etwas Vertrautes, um nicht zu sagen Verschwörerisches.
    »Die Begegnung gerade war arrangiert«, sagt Sean. »Mam hat ihn dazu angestiftet. Denkt sie, ich bin ein Psychopath, oder was?«
    »Was soll sie denn denken, wenn du Clem Healy fertigmachen willst?«
    »Ich will überhaupt niemanden fertigmachen«, sagt er, während wir endgültig in den Saal geschoben werden.
    Früher am Tag hatte man uns im ganzen Centre herumgeführt. Wir hatten den Kunstraum gesehen, in dem ich mir die Bilder und missratenen Töpfereien gar nicht erst näher anschauen wollte, aus Angst, es könnte was von Dad dabei sein. Im Übungsraum lagen Yogamatten und mehrere große Gymnastikbälle für Dehn- und Streckübungen. Der Computerraum war eine bessere Besenkammer, in der zwei Uraltgeräte standen.
    Was sie die Rainbow Hall nennen, war ursprünglich gar kein Teil des Gebäudes, sondern der alte Tanzsaal, den Mam besuchte, als sie so alt war wie ich. Sie hat mir während der Führung davon erzählt. Die Vorhänge an den großen Fenstern waren da noch zugezogen, und über die kahlen weißen Wände waberten ineinanderfließende Farben. Im Hintergrund spielte eine Art Sphären-Musik, weiche elektronische Klänge unter Vogelgezwitscher und leise trommelnden Regentropfen. Das Ganze soll angeblich entspannen, aber ich bin mir sicher, dass ich es keine Stunde aushalten würde.
    »Zu meiner Zeit gab es hier Disco-Abende«, sagte Mam, während ihr die Farben übers Gesicht wanderten wie süßliche Erinnerungen. »Wir hatten immer einen Riesenspaß.«
    »Wir?«, fragte ich. Dads Medikament wirkte noch nicht, und ich war entsprechend angespannt.
    »Meine Freundinnen, die Mädchen, mit denen ich zur Schule ging.«
    »Und Martin?«
    »Ja … Martin auch«, sagte sie zerstreut. »Der Saal ist viel kleiner, als ich ihn in Erinnerung hatte.«
    Die Farben

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