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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark O'Sullivan
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Anstalt oder so«, sagt sie. »Es ist ein Haus für vier, fünf Personen, und sie werden rund um die Uhr betreut, also …«
    »Ist das auch dein Plan für Dad? Ihn in so ein Haus zu stecken? Ist das wieder so eine von Miss Understandings genialen Ideen?«
    Mams Lippen sind lila vom Rotwein. Sie blinzelt ein paarmal übertrieben mit den Augen wie jemand, der tatsächlich zu viel getrunken hat. Sie will mich wütend anstarren, aber ihre Augen schielen.
    »Jimmy steht auf keiner Warteliste, und wenn, dann würde er Jahre warten müssen, weil es viel zu wenig solcher Plätze gibt. – Im Übrigen ist das hier sein Zuhause«, sagt sie. Sie schließt die Augen und hält sie lange genug geschlossen, dass sie danach wieder geradeaus schauen kann. »Und noch was – ich möchte, dass du aufhörst, Fiona so zu nennen. Sie ist eine gute Freundin, und wir brauchen unsere Freunde. Nicht nur ich, du genauso. Was ist eigentlich zwischen dir und Jill vorgefallen?«
    »Nichts.«
    »Wir sind übrigens gar nicht immer derselben Meinung, Fiona und ich. Wir sind oft sogar ganz unterschiedlicher Meinung, aber so soll das ja auch sein zwischen Freunden, oder?«
    »Es ist nicht so, dass ich bloß Jill hätte«, sage ich. Ich weiß genau, dass ich gerade zu fantasieren beginne, aber ich lasse es laufen. »Ich hab noch jemand anderen.«
    Mam wird ein bisschen rot, aber ich muss wie ein Feuermelder aussehen. Angie findet das offenbar wahnsinnig komisch. Noch ein unsichtbarer Freund, Eala, ha, ha!
    »Freut mich«, sagt Mam. »Darf ich fragen, wer es ist?«
    Und siehe da, für ein Mal im Leben kommt mir Sean zu Hilfe. Wir hören die Haustür aufgehen und mit einem Knall wieder zuschlagen und dann das dumpfe Geräusch, wie er seine Schultasche fallen lässt. Er kommt nicht ganz so spät wie sonst. Mam setzt sich auf, richtet den Rock gerade und fährt sich mit der Hand durch die Haare. Dann leert sie mit einem Zug ihr Glas.
    »Du musst mit ihm reden«, sage ich.
    »Ich weiß, ich weiß.«
    Sean bleibt erst ein Stück von uns entfernt stehen. Er sieht aus, als wäre er gut drauf, aber seine Miene hat auch etwas Selbstgefälliges. Aus den Kopfhörern seines i Pods hört man es wummern. Er schaut von Mam zu mir und wieder zurück.
    »Was ist?«, fragt er viel zu laut, bevor er die Musik ausschaltet.
    »Wo warst du?«, frage ich, weil ich finde, dass Mam die Sache zu langsam angeht.
    »Kümmer dich um deinen eigenen Kram!«
    »Sean!«, sagt Mam.
    »Ich bin noch nicht mal spät dran. Was soll das hier sein? Guantanamo?«
    »Unternimmst du was gegen Clem Healy?«, fragt Mam geradeheraus. Sie sieht plötzlich nüchtern aus.
    Sean schaut mich an. Er zählt eins und eins zusammen, das Ergebnis ist ein vernichtender Blick.
    »Du hast also mit Brian gesprochen«, sagt er. »War’s alles, was du mit ihm gemacht hast?«
    »Sean!« Mam steht zu schnell auf und wischt das Weinglas vom Sofatisch. Als es auf dem Boden aufschlägt, bricht blitzsauber der Fuß ab. »War sowieso nichts mehr drin«, murmelt sie, weil es ihr peinlich ist. Worum es bei der Auseinandersetzung ging, scheint sie vergessen zu haben. »Kinder, bitte … bitte …«
    »Ich hab den Kerl nicht angefasst, Mam, und ich werd’s auch nicht tun, ich schwör’s«, sagt Sean, und sie akzeptiert sein Versprechen mit einem Kopfnicken.
    Worauf er seine Schultasche holt und auf sein Zimmer verschwinden will. Aber an der Treppe zum Souterrain bleibt er plötzlich stehen. Unten steht offenbar Jimmy.
    »Na, wie geht’s?«, fragt Sean.
    »Gut, mir geht’s gut, alles paletti«, höre ich Dad von unten heraufrufen. »Kommst du eine Runde Premiership spielen?«
    Sean klopft auf seine volle Tasche.
    »Hausaufgaben, Jimmy. Wir sehen uns, okay?«
    »Alles paletti, Sean, alles paletti«, sagt Dad, und es kommt so monoton und immer leiser werdend heraus, dass es gut zu Mams inzwischen abgelaufener Musik gepasst hätte.
    Ich sollte ihm anbieten, für Sean einzuspringen, aber ich tu’s nicht. Sobald ich höre, wie unten Dads Tür zugeht,flüchte ich in mein Zimmer, auf mein Bett. Ich lasse nur die Nachttischlampe brennen. Ich würde am liebsten schlafen, aber jedes Mal wenn ich die Augen schließe, sehe ich Mams Gesicht. Ich ziehe die Decke über den Kopf, als könnte sie das Bild abblocken.
    Ich versuche, an etwas anderes zu denken, und das Mädchen, von dem Mam gesprochen hat, kommt mir wieder in den Sinn. Auch Win und ihr Baby fallen mir wieder ein. Und ich denke an das Baby, das Mam vielleicht bekommen

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