Jinx - der verfluchte Liebeszauber
»dass Zack nicht in mich verliebt ist. Wir sind nur Freunde … und wahrscheinlich sind wir dank deiner Aktion von vorhin inzwischen nicht mal mehr das.«
Tory sprang mit erhobener Hand auf, um mich noch einmal zu schlagen. Ich reckte den Kopf und sah ihr mit herausforderndem Blick in die Augen. Wenn sie es wagte, noch einen Schritt näher zu kommen, würde ich ihr ins Gesicht treten.
Aber so weit kam es dann doch nicht, weil Lindsey jammerte: »Können wir das Ganze nicht hinter uns bringen? Ich hab totalen Hunger. Und du weißt ja, was passiert, wenn mein Blutzucker absinkt.«
Tory starrte sie wütend an.
»Na gut«, sagte sie.
Und dann nahm sie das Messer. Ein riesiges Ding mit verziertem Griff, das ein bisschen so aussah, als hätte sie es in einem Laden für »Herr der Ringe«-Fanartikel gekauft.
Ein Blick auf dieses Messer reichte, und mir war klar, dass ich wegmusste. So schnell wie möglich. Ich sprang vom Stuhl auf, wurde aber von Gretchen, die meine Schultern mit stahlhartem Griff umklammert hielt, sofort wieder nach unten gedrückt. Ich öffnete den Mund, um zu schreien …
Aber Tory reagierte blitzschnell und stopfte mir einen ihrer langen weißen Seidenhandschuhe in den Mund, um jeden Laut zu ersticken.
»Hör auf, dich zu wehren, Jinx«, sagte sie mit trügerisch
freundlicher Stimme. »Ich werde dich zu dem machen, was du immer sein wolltest. Zu einem ganz normalen Mädchen. Indem ich dein Blut trinke, gehen deine Kräfte auf mich über und du musst dich nicht mehr mit ihnen herumschlagen. Ich habe einen Zaubertrank vorbereitet, der sehr seltene magische Pilze enthält. Wenn du ihn trinkst, wird die Gabe, die Branwen dir verliehen hat, von dir auf mich übergehen und deine Pechsträhne, über die du dich ja immer so beklagst, wird vorüber sein.«
Okay. Das war schlimm. Das war richtig schlimm. Ich hatte in meinem Leben zwar tatsächlich schon einiges Pech gehabt, aber das war definitiv das Schlimmste, was mir je passiert war. Ich musste es irgendwie schaffen, hier rauszukommen.
Aber wie? Ich war komplett hilflos. Gretchen drückte mich mit aller Gewalt auf den Stuhl, ich war an beiden Händen gefesselt und jetzt auch noch geknebelt, sodass ich nicht einmal schreien konnte. Meine Lage war mehr als hoffnungslos. Was sollte ich jetzt noch tun?
Was hatte Lisa aus dem Hexenladen gesagt? Tory würde mich nicht verletzen können, wenn ich … wenn ich was? Vor lauter Angst war mein Gehirn wie gelähmt. Ich konnte mich einfach nicht erinnern …
Aber dann fiel es mir wieder ein. Ich musste mich dem, was ich fürchtete, stellen und es mit dem ganzen Herzen annehmen.
Aber wie sollte ich das tun? Wie konnte ich etwas annehmen – und dann auch noch mit dem ganzen Herzen –,
das mir bisher nichts als Kummer bereitet hatte? Und nicht nur mir, sondern auch anderen Menschen. Dylan. Den armen Patienten im Krankenhaus in der Nacht meiner Geburt. Zack. Ich konnte doch unmöglich etwas annehmen, das so vielen Leuten das Leben schwer gemacht hatte – etwas, das ich immer für schlecht gehalten hatte.
»Moment mal«, sagte Lindsey plötzlich erschrocken. »Du hast doch nicht etwa echt vor, ihr Blut zu trinken , oder?«
»Was hast du denn erwartet?«, fragte Tory. »Ich habe dir doch gesagt, dass wir einen Blutzauber machen.«
»Ja, schon«, sagte Lindsey, deren Gesicht – falls das überhaupt noch möglich war – noch bleicher wurde. »Aber ich wusste nicht, dass du dazu ihr Blut trinken willst. Muss ich es etwa auch trinken?«
»Willst du, dass ich eine richtige Hexe werde oder nicht?«, brüllte Tory plötzlich.
»Na ja«, sagte Lindsey. »Doch, schon. Keine Ahnung. Aber … willst du sie wirklich zwingen, dieses Zeug mit den Pilzen drin zu trinken? Was ist, wenn ihr davon schlecht wird? Vielleicht sind die Pilze ja giftig.«
»Das kann uns egal sein«, sagte Tory kalt. »Ihr wird niemand glauben, dass wir das waren. Nach dem, was heute auf dem Ball passiert ist, werden alle denken, dass sie sich selbst vergiftet hat. Und außerdem habe ich dann die Macht, die sie nie zu schätzen wusste und zu benutzen gelernt hat. Meine Eltern werden Wachs in meinen Händen sein, macht euch da mal keine Sorgen.«
Sie wandte sich an mich und sagte lächelnd: »Und Zack wird sich in mich verlieben.«
Aber ich hörte ihr kaum zu, weil ich so fieberhaft nachdachte. Was, wenn das, was Lisa im Hexenladen zu mir gesagt hatte, tatsächlich stimmte und das Unglück, das mich mein Leben lang verfolgt
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