Jinx und der magische Urwald (German Edition)
»Er hat Jinx umgebracht!«
»Kümmere du dich nicht darum, was ich tun werde, Mädchen. Nimm Jinx und sei äußerst vorsichtig mit ihm. Du auch, Junge. Geht.«
Reven guckte grimmig und deutete mit einem kurzen Nicken eine Verbeugung an. Elfwyn und Reven legten beide eine Hand auf die schwebende Trage. Mühelos glitt sie neben ihnen her, als sie durch den Bach wateten. Donna Glimmer schlug mit ihrem Stock auf den Boden und überquerte den Bach mit einem einzigen Satz.
Jinx selbst blieb zurück, er schwebte zwischen Simon und dem Knochenmeister, der immer noch an der Brücke hing. Wollte Simon den Knochenmeister töten oder nicht?
Simon nahm ein Stück Kreide aus der Tasche und zeichnete Symbole auf die Felsen. Dann holte er ein paar vertrocknete Blätter heraus und verteilte sie auf dem Boden.
»Benutzt du auch die Lebenskraft des Jungen?«, fragte der Knochenmeister mit einem Blick auf die Zeichnungen. Er klang so, als würde ihn das Ganze kaum interessieren.
»Halt den Rand.«
Simon ging am felsigen Ufer entlang, weg vom Knochenmeister, und umrundete die Insel. Jinx folgte ihm und sandte ihm Macht von den immer noch umherschwebenden Leben und von seinem eigenen Tod.
Alle fünfzig Schritte blieb Simon stehen, zeichnete weitere Symbole und verteilte noch mehr Laub. Die ganze Zeit hielt er die Flasche mit seiner Lebenskraft fest in der Hand. Jinx spürte die Macht, die von den Zeichnungen und den Blättern ausging. Bestimmt spürte Simon umgekehrt die Macht, die Jinx ihm zukommen ließ – er schaute mehrmals zu ihm herüber, schien ihn jedoch nicht zu sehen.
Als sie wieder bei der Brücke angelangt waren, hing der Knochenmeister immer noch an einer Knochensprosse, die Arme um eine zweite Sprosse geschlungen. Er streckte eine Hand aus und schien gegen einen Widerstand zu stoßen. Er runzelte die Stirn, dann versuchte er mit der Hand etwas wegzuschieben. Jinx sah, wie die Handfläche und die Finger des Knochenmeisters platt und weiß wurden, als würde er gegen eine Glasscheibe drücken.
»Meinst du, das hält mich?«, fragte der Knochenmeister.
Simon schaute den Knochenmeister wütend an. »Hast du ihm irgendwas getan? Außer ihn von der Klippe zu stoßen? Irgendetwas, was ich über das Leben wissen muss? Dann sag es mir lieber jetzt.«
»Sonst?«
Es gehörte schon einiges dazu, dachte Jinx, »Sonst?« zu fragen, während man an einer kaputten Seilbrücke hing und in einer unsichtbaren Wand feststeckte.
»Sonst lass ich dich da drin verhungern«, sagte Simon.
»Netter Versuch, Simon«, sagte der Knochenmeister. »Aber das kannst du dir einfach nicht leisten.«
»Darauf würde ich an deiner Stelle nicht wetten.«
»Denk dran, was in der Flasche ist. Du rechnest doch nicht mehr mit dem Jungen, oder? Ich frage nur, weil ich ja einige Zeit mit ihm verbracht habe. Als Magier war er nicht besonders talentiert, oder?«
»Sag mir einfach, ob du irgendwas mit ihm angestellt hast.«
So, wie der Jinx auf der Trage aussah, war das eine seltsame Frage.
»Ich fürchte, das musst du schon selbst herausfinden«, sagte der Knochenmeister.
»Na gut«, sagte Simon. »So oder so komme ich wieder.«
»Bring das Mädchen mit, wenn du kommst«, sagte der Knochenmeister. »Sie ist mir jederzeit willkommen.«
Jinx war noch nie über den Urwald geflogen.
Er sah den Urwald als endlose Fläche grüner, wolkenförmiger Baumkronen, die sich in alle Richtungen bis zum Horizont erstreckten. Als er höher stieg, geriet der Horizont in weitere Ferne, aber er sah nichts, was nicht Baum war, keinen Ort, an dem Könige wohnen könnten.
Jinx fühlte sich herrlich frei.
Er schwebte zurück zum Fluss und sah, wie sich der Knochenmeister langsam und mühselig die Klippen hochzog. Dann flog er zurück zu seinen Freunden. Sie marschierten traurig und schweigend, es war langweilig anzuschauen, und er schwebte wieder über den Urwald.
Als die Nacht kam, wurde die Fläche aus Baumkronen dunkel und schattig, im Silberlicht der Sterne waren ihre Umrisse zu erkennen.
Ich bin nicht tot
, dachte Jinx.
Es gibt mich immer noch.
Wenn er tot wäre, müsste er doch irgendwo anders sein, oder? Dann würde er seine Mutter treffen, die von den Elfen geholt worden war, und seinen Vater, den die Werwölfe getötet hatten.
Oder kamen die Menschen hierher, wenn sie starben?
Er sah niemanden sonst über dem Urwald schweben. Aber wie er so an sich herabschaute, sah er auch sich selbst nicht.
Die letzten gefangenen Leben des Knochenmeisters waren
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