Jodeln und Juwelen
mit Schraubverschluss gefüllt, mit der man nur ausschenken könne,
wenn man gleichzeitig mit dem Daumen auf einen Flebel drücke. Er habe ihr genau
gezeigt, wie es funktioniere. Vielleicht hatte sie es vergessen? Am besten ging
er selbst hin und zeigte es ihr noch einmal.
Der kleine Gefallen schien immer
gewichtigere Ausmaße anzunehmen. Auf einen Machtkampf mit Adelaide Sabines Koch
wollte Emma sich auf keinen Fall einlassen.
»In Ordnung, Bubbles, wenn Sie es für
besser halten, gehen Sie lieber selbst. Aber Sie lassen doch Sandy nicht
allein, oder? Vincent verlässt sich darauf, dass Sie sich um sie kümmern.«
»Bernif if bei Fandy. Ef dauert ja nur
ein paar Minuten.«
»Ganz wie Sie meinen.«
Emma machte dem Koch nicht den
Vorschlag, ihn zu Mrs. Faths Hütte zu begleiten, denn das entsprach sicher
nicht den Regeln, die hier im Haus normalerweise galten. Sie nickte daher nur
und ging zurück zu Theonia. Der Graf hatte überraschenderweise ihren Vorschlag
befolgt und war zu seinem Roman zurückgekehrt, daher machten sich die beiden
Frauen nun doch wie geplant allein auf den Weg.
Emma brannte darauf, Theonia zu fragen,
wer der Mann im Ponystall nun wirklich war, doch es war immer noch Vorsicht
geboten. Es war durchaus möglich, dass zwischen den Kiefern noch ganz andere
Lebewesen als kleine braune Vögel lauerten. Theonia würde es ihr schon bald
genug sagen. Momentan war es sicherer, sich an den Schönheiten der Natur zu
freuen.
Als sie Mrs. Faths Hütte erreichten,
fanden sie die Seherin tief schlafend in ihrem Bett vor. Auf dem
Bambus-Nachttisch neben dem Bett stand ein halbvolles Glas Orangensaft. Eine
komplizierte Thermoskanne, wie man sie in teuren Versandhauskatalogen findet,
stand daneben.
Emma nahm die Kanne in die Hand und
schüttelte sie ein bisschen. »Fühlt sich ungefähr halbvoll an«, sagte sie.
»Theonia, was hältst du von dem Ganzen?«
Statt zu antworten nahm Theonia das
Glas, schnupperte daran und nippte vorsichtig. Dann nahm sie einen kleinen
Plastikbehälter mit einem leuchtend roten Deckel aus ihrer geflochtenen
Umhängetasche, goss etwa ein Drittel des Saftes hinein, prüfte nach, ob der
Verschluss auch wirklich fest saß, und steckte den Behälter wieder in ihre
Tasche. Sie wiederholte diese Prozedur mit einem Behälter mit blauem Verschluss
und etwas Saft aus der Kanne. Einen Moment lang dachte Emma, Theonia hätte den
Verstand verloren, doch dann verstand sie.
»Theonia, du glaubst doch wohl nicht
ernsthaft — «
»Pst!«
Bubbles erschien gerade auf der
Veranda, in der Hand eine Kanne, die genauso aussah wie die auf Mrs. Faths
Nachttisch. Emma öffnete die Tür.
»Mrs. Fath schläft tief und fest,
Bubbles. Sie hat sich wahrscheinlich nach dem Gespräch mit Graf Radunov wieder
hingelegt. Sehen Sie nur, es ist immer noch Saft in der Kanne und auch in ihrem
Glas. Sie war anscheinend verwirrt, als sie um mehr gebeten hat. Könnte es
sein, dass sie irgendetwas nimmt?«
Die freundlichen blauen Augen des
Mannes verengten sich zu misstrauischen Schlitzen. »Waf foll fie denn nehmen?«
»Alkohol ist es jedenfalls nicht, sonst
würde man es riechen. Vielleicht irgendwelche Tabletten, was meinen Sie?«
Bubbles schüttelte so heftig den Kopf,
dass seine fetten Backen schaukelten. »Miffif Fath würde nie Tabletten nehmen!
Fie fagt, daf würde ihre Fwingungen ftören. Ihr fehlt gar nichtf. Daf macht die
Feeluft. Beim erften Befuch ift daf manchmal fo. Die Leute flafen nur noch.
Jemand, der fo fenfibel ift wie fie, ift natürlich befonderf anfällig.«
»Vielleicht ist mir deshalb so
schwindelig, seit ich hier bin«, meinte Theonia. »Ich dachte schon, es käme
daher, dass ich heute Morgen so früh aufgestanden bin. Dann halten Sie es also
nicht für notwendig, dass Mrs. Kelling den Arzt bittet, nach Mrs. Fath zu
sehen, wenn er Sandy untersucht hat?«
Bubbles Reaktion war ausgesprochen
heftig. »Daf würde fie zu Tode ängftigen. Miffif Fath ift meine Patientin. Ich
weif, waf für fie daf Befte ift. Glauben Fie mir, allef, waf fie braucht, ift
Ruhe.«
»Dann sollten wir sie auch in Ruhe
weiter schlafen lassen.« Etwas anderes würde ihnen kaum übrig bleiben, soweit
Emma sehen konnte, ohne dass es zu Handgreiflichkeiten mit Bubbles kam. »Komm,
Theonia, wir gehen zum Shag Rock Point und sehen nach, was unsere Schatzsucher
treiben. Wir sind zum Lunch um halb eins wieder zurück, Bubbles. Falls Sie Mrs.
Fath irgendwann einmal wach antreffen sollten, bestellen Sie ihr bitte, wir
seien
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