Joe Golem und die versunkene Stadt
war, ein gelegentliches Schleifen und Klatschen.
Joe drehte sich um, musterte die Grabsteine und Bäume ringsum. Als er die Gestalt entdeckte, die zwischen den Familiengrüften links von ihm mit schlurfenden Schritten näher kam, fluchte er leise.
»Oh nein. Nicht schon wieder!« Molly wich an den verdorrten Baum zurück.
Schwarze Gummigasmasken glänzten im Nieselregen, und die undurchsichtigen Glotzaugen blitzten, als drei der grobschlächtigen Mörder, die Molly »Gas-Männer« nannte, auf sie losstürmten. Joe brüllte auf, stellte sich vor das Mädchen und zog seine Pistole.
»Verschwindet auf der Stelle. An mir kommt ihr nicht vorbei.«
Sie wurden nicht langsamer.
»Joe!«, rief Molly. »Da sind noch mehr!«
Er schaute nach rechts und entdeckte weitere Gas-Männer, die geduckt näher kamen, sich zwischen den Grabsteinen hindurchwanden und hinter Bäumen hervorschoben. Einige trugen lange Mäntel über dem glatten Gummianzug, andere nicht. Einige bewegten sich schnell und geschmeidig, andere stampften wie ein drohendes Unheil auf sie zu. Joe wusste, dass er nicht genügend Kugeln für alle in der Pistole hatte. Aber Kugeln waren nur der Anfang; seine Fäuste waren genauso tödlich.
Das Trio, das sich zwischen den Grüften versteckt hatte, kam nun heran. Joe hörte ihr schweres Atmen hinter den monströsen Masken. Er dachte daran, wie der Gas-Mann sich unter seinen Händen aufgelöst hatte, als er Molly vor ihm gerettet hatte. Er erinnerte sich an dasseltsam formbare Fleisch des Arms, den Church in seinem Labor untersucht hatte. Ob diese Gas-Männer überhaupt Menschen waren?
Vielleicht würde Joe es schon bald herausfinden.
»Cocteau wird traurig sein, wenn ihr alle krepiert«, sagte er.
Er schoss dem Nächststehenden durch das Augenglas seiner Maske. Luft pfiff heraus wie aus einem Ballon, und der Gas-Mann brach zusammen, wand sich und schien zu schrumpfen. Die beiden anderen bekamen in der ersten Angriffswelle Kugeln in die Brust, die ihre Anzüge perforierten. Sie taumelten. Ein Dutzend Fuß von der Stelle entfernt, an der Joe und Molly sich dem verfluchten Baum zum Kampf gestellt hatten, fielen sie zu Boden.
Molly schrie wieder Joes Namen. Er drehte sich um und sah, dass sie einen langen, spitzen Ast abgebrochen hatte. Als er auf einen Gas-Mann anlegte, der auf das Mädchen zusprang, trieb Molly dem Angreifer den Ast durch die Kehle. Das spitze Ende durchdrang Gummi und Haut, und Luft strömte zusammen mit einer Fontäne unmenschlichen dunklen Blutes heraus.
Joe zielte auf den Gas-Mann daneben, doch die Gegner drangen schneller vor, als er erwartet hätte, und kesselten ihn und Molly ein. Er wusste nicht, wie viele Kugeln noch in der Pistole waren, deshalb streckte er den Arm aus und schob Molly hinter sich. Sie war mutig, aber er wollte nicht riskieren, dass ihr etwas zustieß.
Sie taumelte und stürzte ein paar Fuß entfernt ins Gras.
Als Joe wieder schoss, sah er, wie ein vogelscheuchendürrer Gas-Mann eine Pistole aus seinem langen Mantel zückte und damit auf ihn zielte. Sie waren bewaffnet! Wieso hatten sie so lange gezögert, ihre Waffen einzusetzen?
Joe jagte drei Kugeln in den Körper der Vogelscheuche. Der Gas-Mann brach zusammen und rutschte als Gewirr schlackernder Gliedmaßen über den Schlamm. Dann aber klickte der Hammer von JoesPistole auf die leere Kammer, während die Gas-Männer einer nach dem anderen ihre Pistolen zückten.
Joe wusste, es war vorbei.
Molly wollte aufstehen.
»Bleib unten!«, brüllte Joe – und in diesem Moment begriff er, weshalb die Gas-Männer mit ihren Pistolen gewartet hatten: Molly war in der Schusslinie gewesen, bis er sie zu Boden geschleudert hatte. Sie wollten sie also lebend. Er, Joe, war ihnen gleichgültig.
Er packte den nächsten Gas-Mann, einen stämmigen Schlägertypen, der einen schmutzigen Schlapphut über der Gasmaske trug, und hämmerte ihm zweimal die Faust auf den Kopf. Dann riss er ihn herum und benutzte ihn als Schild. Kugeln durchschnitten die Luft. Joe machte ein paar Schritte zurück, als sie den Gas-Mann trafen, den er vor sich hielt. Eine durchschlug den Kopf der Gestalt, riss ihr den Hut herunter und zog eine Furche über Joes Wange. Er roch sein eigenes Blut, als er zurücktaumelte und versuchte, den Gas-Mann dabei festzuhalten. Doch dessen Anzug war beschädigt worden, und abgestandene, widerlich riechende Luft zischte heraus. Gerade noch hatte das Wesen in Joes Armen die Gestalt und das Gewicht eines Menschen
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