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Joe Golem und die versunkene Stadt

Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola
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besessen, jetzt fühlte es sich an, als wäre ein sich windendes, zappelndes Tier in dem gummiartigen Kleidungsstück gefangen. Sterbend warf es sich gegen Joe. Der Anzug entglitt seinem Griff, sodass er ohne Schutz dastand.
    Die Gas-Männer feuerten weiter. Joe stürzte sich auf den nächsten, doch eine Kugel traf ihn in die Brust, und er taumelte einen Schritt zurück. Als er nach unten blickte, entdeckte er ein Loch in seinem triefnassen Hemd, von dem ein Strahlenkranz aus Blut ausging, der sich im regengetränkten Stoff rasch ausbreitete. Dann stellte er fest, dass er auf seine Hände starrte, und fragte sich unvermittelt, wieso sie nicht aus Erde und Stein waren.
    Er hörte Molly schreien.
    Eine Kugel traf ihn in die Schulter und riss ihn halb herum. Eine weitere schlug in sein rechtes Bein ein, und er sank im Friedhofsschlamm auf die Knie. Überall im regnerischen Halbdunkel ringsum erblickte er Gas-Männer. Er sah die Rinnsale von Regenwasser auf den Linsen ihrer Masken. Zwei von ihnen packten Molly bei den Armen und zerrten sie weg, obwohl sie sich wehrte, aber wenigstens lebte sie noch.
    Die Gas-Männer kreisten Joe ein. Der stürmische Himmel schien immer dunkler zu werden. Das Blut, das aus seiner Kleidung rann, hatte sich anfangs warm angefühlt, doch nun erfasste ihn eine Kälte, die bis in die Knochen drang.
    Pistolen wurden gehoben, langsam und bedächtig. Die Mündungen waren so dunkel und unergründlich wie die Augengläser der Gas-Männer. Die letzten Schüsse klangen eigenartig gedämpft, wie aus der Ferne.
    Joe stürzte auf den Rücken und blutete in den Schlamm.

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Kapitel 11
    M olly krallte mit den Fingernägeln nach den Gegnern, doch sie zogen ihr die Arme auseinander. Sie versuchte sie zu treten, aber sie hoben ihre Beine vom Boden und trugen sie. Sie warf sich hin und her, schrie und spuckte. Alle Ängste aus den Jahren, die Molly auf sich allein gestellt verbracht hatte, in denen sie sich in den Ruinen der Versunkenen Stadt vor brutalen Kanalratten und Squattern verstecken musste, stürmten wieder auf sie ein. Folter, Vergewaltigung und Schmerz hatten stets in den Schatten gelauert wie Gespenster, die in den Korridoren von Häusern wandelten, in denen gemordet worden war. Erst die Zeit bei Felix hatte Mollys Ängste beschwichtigt.
    Nun aber kehrten sie mit voller Wucht zurück, und sie erinnerte sich an all die schrecklichen Dinge, die sie in zerfallenden Gebäuden mit angesehen, und an die Geschichten, die sie von innerlich zerbrochenen Frauen und Kindern gehört hatte.
    Doch Molly wehrte sich.
    Joe war stark gewesen und hatte viele von ihnen getötet, aber jetzt hatte es ihn selbst erwischt. Niemand schützte sie mehr   – sie musstesich selbst schützen. Aber was konnte sie gegen solche Kreaturen unternehmen? Selbst wenn es nur stumpfsinnige, grausame Männer gewesen wären, hätten sie Molly mühelos überwältigt, doch sie hatte es mit Ungeheuern zu tun, mit Kreaturen, die durch Zauberei aus Menschen erschaffen worden waren. Molly verfluchte sie und schwor, sie zu töten.
    Während sie das Mädchen an geborstenen Grabsteinen vorbei über den Friedhof zum Ufer trugen, schmeckte sie Salz auf den Lippen. Ihre Tränen hatten sich mit dem leichten Regen vermischt, der ihr ins Gesicht nieselte. Sie schrie auf, schrie wegen sich und Joe, schrie nach Antworten und fragte die Gas-Männer mit verzweifelter Stimme, was sie von ihr wollten, wo sie doch Felix hatten, und ob Dr. Cocteau sie geschickt habe und was er von ihr wolle.
    Doch die Gas-Männer gaben keine Antwort. Molly warf sich schreiend und schluchzend hin und her. Manchmal rutschte einer der feuchten Handschuhe von ihrem Körper ab, doch ihr war klar, dass sie nicht entkommen konnte. Trotzdem wehrte sie sich. Der kalte Regen klebte ihr die Kleidung auf die Haut und ließ sie frösteln.

    Plötzlich ließen alle Gas-Männer sie gleichzeitig los, und mit rudernden Armen und Beinen fiel Molly zu Boden. Der Atem wurde ihr aus der Lunge gepresst, und sie krümmte sich unter dem Schmerz des Aufpralls. Ihr Kopf pochte noch immer, und sie hörte nach wie vor alles gedämpft, weil Joe seine Pistole so nah bei ihr abgefeuert hatte. Jetzt kamen noch Schmerzen im Rücken hinzu.
    Molly atmete aus, als würde sie sich in ihr Schicksal ergeben. Dann sprang sie und versuchte davonzurennen. Sie schaffte nur ein paar Schritte, dann zerrten die Gas-Männer sie zurück, rissen sie herum und zwangen sie, auf das Wasser zu blicken.
    Mollys Augen weiteten

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