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Joe Golem und die versunkene Stadt

Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola
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abgeschlossen und sein nutzloses, sterbendes Organ entfernt ist, wird dies sein Herz sein.
    Es wiegt sehr wenig, berücksichtigt man das verbaute Metall, und doch scheint der Schreibtisch sich unter der Last durchzubiegen. Mr.   Church massiert seine Schläfen, den Blick starr auf dem Apparat, der Flecke auf seinem Schreibtisch hinterlässt. Da Church nicht in Stimmung ist für seine Pfeife, nimmt er eine türkische Zigarette aus einem Mahagonikästchen und entzündet sie mit einem Streichholz, das er auspustet und in einen Aschenbecher legt. Dünne Rauchfähnchen, die Gespenster der gelöschten Flamme, steigen vom toten Streichholz auf, und er beobachtet, wie sie zerfasern und sich in nichts auflösen.

    Die Musik von der Schallplatte erfüllt den Raum, aber Mr.   Church spürt sie nicht in sich. Sie kann seine Stimmung nicht heben und scheint in ihm eher den Wunsch nach einem Ende aller Musik zu wecken. Nach einem Ende von Blut und Öl und Zigaretten und dem Leben, das er damit verbracht hat, jene Gegenstände anzusammeln, die nun sein Studierzimmer füllen   – Andenken an vergangene Zeiten, Meilensteine auf seinem Weg.
    Er raucht eine Zeit lang, spürt die Enge in seiner Brust und wie sich die Zahnräder dort bewegen. Er hört, wie die anderen Mechanismen arbeiten, die er im Lauf der Zeit eingebaut hat, damit er am Leben festhalten konnte. Diese verrückte Vorrichtung, die er geschaffen hat, dieses neue, unfassbare Herz, wird ihm noch viele Jahre schenken, sogar Jahrzehnte, falls er sie will.
    Doch ist das der Zweck eines Herzens? , fragt er sich.
    In seinem langen Leben hat er sich oft gefragt, ob der Zweck des menschlichen Herzens nicht eher im Zerbrechen liege. Er hat sehr oft Zuneigung gefunden und wieder verloren. Er hat Freunde umarmt, die ihm bis ins Mark treu waren, und er hat ihre Gefühle beinahe genauso tief erwidert. Einer nach dem anderen starben sie   – einige gewaltsam oder tragisch, andere unter der Last des Alters. Church ist in seinem Leben oft allein gewesen, aber er hat sich noch nie so einsam gefühlt wie jetzt.
    Er raucht und dreht den Herzapparat in sinnlosen Kreisen auf der Schreibtischplatte. Manchmal hebt er ihn hoch und hält ihn in der Hand, prüft sein Gewicht und denkt an die Verbrechen, die er aufgeklärt, und die Leben, die er gerettet hat. Er erinnert sich an die Geister, die er gebannt, und die Flüche, die er aufgehoben hat. Seine Arbeit schenkte den Menschen Sicherheit und war seit seiner Jugend seine Leidenschaft. Doch nun lasten aller Verlust, alle Einsamkeit auf ihm, und er fragt sich, ob vielleicht der Zeitpunkt gekommen ist, an dem er aufhören sollte, seinen Körper neu zusammenzusetzen, wenn dieser sich der Natur ergeben und zerfallen möchte.
    Eines Tages wird er ohnehin sterben müssen. Wieso nicht heute? Die Welt dreht sich auch ohne ihn weiter, bis auch sie eines Tages stehen bleibt. Wie vielen Menschen würde es denn auffallen, wenn es ihn nicht mehr gäbe?
    Church blickt auf den Strahl aus Mondlicht, der die Kante seines Schreibtischs berührt. Er nimmt einen Zug an seiner Zigarette und bläst den Rauch ins Licht, sieht zu, wie der Qualm sich mit den Staubkörnchen mischt und dann nach oben in die Dunkelheit verschwindet. Seit Tagen hat er Schmerzen in der Brust, doch er hat lange genug überlebt, um ein neues Herz zu konstruieren und die Beschwörung durchzuführen, die das Unmögliche möglich macht. Doch nun, da es geschafft ist, möchte er es nicht mehr. Er braucht es nicht mehr.
    N ie wieder , denkt er.
    Die Zigarette ist fast bis auf seine Finger heruntergebrannt, doch Church saugt einen weiteren tiefen Zug von ihrem würzigen süßen Rauch in seine Lunge, lehnt sich in seinem knarrenden Ledersessel zurück und schließt die Augen. Er hält den Rauch in sich, lässt ihn dort schmachten, und erst, als er atmen muss   – als die Apparatur, mit der er seine Lunge schon vor Jahren ersetzt hat, nach Luft verlangt   –, stößt er den Rauch wieder aus.
    Seine Augen bleiben geschlossen. Er spürt, wie die Glut der Zigarette seine Finger erreicht.
    Ist es genug? , fragt er, ohne zu sprechen und ohne genau zu wissen, wen er fragt.
    Wie zur Antwort hört er ein Geräusch, eine Art Prasseln und Rieseln. Church runzelt die Stirn. Hört er richtig, oder sind die Wände wieder von Ratten befallen, die sich durch das Scharren ihrer Krallen verraten?
    Im nächsten Moment kommt ein noch lauteres Geräusch aus der gleichen Richtung, genau rechts von ihm.
    Er

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