Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola

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der Kreaturen vor sich, zerschmettert dunkle Linsen und zerreißt Riemen; dann wischt er die Bestie beiseite und stapft durch die brennenden Überreste der Vorhänge. Die anderen Ungeheuer klammern sich an ihn. Sie sind übermenschlich stark, doch auch Joe ist kein Mensch. Er schüttelt sie ab, eilt zu dem Mädchen und dem Irren mit dem blutigen Bart. Wieder zerren Hände an ihm, mehr und mehr. Schließlich sind es zu viele, und Joe muss sich ihnen stellen.
    Er blickt auf und sieht, wie der Irre das Mädchen an der Kehle packt und hochhebt. Sie hält einen Zylinder aus Metall in der Hand und trägt eine eigenartige schwarze Maske, die ihre Augen und die Nase bedeckt. Durch die Maske kann er ihre Augen sehen. Sie schaut ihn an und schreit einen Namen: »Joe!« Es ist sein Name – und auch wieder nicht. Es ist ein Rätsel, von dem er spürt, dass dieses Mädchen es lösen kann. Erneut reißt er sich los und zerrt mehrere Kreaturen mit sich, als er versucht, das Mädchen zu erreichen.
    Doch dann zittert die Welt wieder, schlimmer denn je. Sie bebt, wirft ihn fast um. Spalten und Risse tun sich im Boden auf. Joe schleudert zwei Gestalten in schwarzen Anzügen zur Seite, die sich an ihm festkrallen. Dann wirft er sich gerade rechtzeitig herum, um zu sehen, wie die Wände des Beckens bersten. Schwarzes Fleisch zuckt blitzschnell heraus, begleitet von einem Schwall Salzwasser.
    Joe hat einen Riesenaal getötet. Der andere ist weitergewachsen. Als er auf dem Boden aufschlägt, bebt die gesamte riesige Halle. Mehrere der fremdartigen Fenster platzen, und Wasser sprüht nach innen. Der Aal öffnet das Maul. Seine Nadelzähne sind fast so lang wie der Körper des Mädchens. Das Ungeheuer walzt seine gewaltige Masse auf Joe zu. Die Kreaturen, die ihn festhalten, lassen ihn los und ergreifen die Flucht, doch Joe flieht nicht. Wenn das Mädchen überleben soll, muss zuerst er selbst überleben, sonst kann er es nicht retten. Und das bedeutet, dass der monströse Aal sterben muss.
    Das Monstrum wirft sich auf ihn, sein gewaltiges Maul klafft weit auf.
    Joe hört, wie das Mädchen seinen Namen schreit …

    Molly hämmerte Cocteau die Pressluftflasche gegen die Schläfe. Er verlor den Griff um ihren Hals, und sie taumelte zurück, drehte sich umund starrte Joe wieder an. Ihr anfängliches Erstaunen darüber, dass er noch lebte, verebbte, als sie nun sah, wie das Licht der Lampen und der Flammen über sein Gesicht und um seine Konturen spielten. Sie fragte sich, ob »lebte« das passende Wort wäre.

    »Sie kleine Närrin!«, fauchte Cocteau.
    »Was haben Sie ihm angetan?«, herrschte Molly ihn an. »Diese Bestien, die Sie ihm auf den Hals gehetzt haben … was haben die mit ihm gemacht?«
    Dr. Cocteau runzelte die Stirn, von ihrer Wut abgelenkt, und warf einen Blick auf Joe. Am Ausdruck des Erstaunens in seinem Gesicht erkannte Molly, dass Cocteau nicht verantwortlich sein konnte für das, was ihrem Freund widerfahren war. Aber es war unverkennbar etwas geschehen, das mit Zauberei zu tun hatte. Joe sah nicht einmal mehr annähernd aus wie ein Mensch. Er trug Fetzen menschlicher Haut wie zerlumpte Kleidungsstücke, als wäre er ein Irrer, der sie sich als Verkleidung übergezogen hatte. Molly hatte seine Augen gesehen und sie auf der Stelle wiedererkannt, deshalb bestand für sie kein Zweifel, dass es wirklich Joe war.
    Während sie beobachtete, wie er die Gas-Männer mit steinernen Händen in der Luft zerriss, entdeckte sie dort, wo seine Haut sich abgeschält hatte, grobe Erde und Stein. Wieder rief sie seinen Namen – nicht, um ihn zu Hilfe zu rufen, sondern aus Fassungslosigkeit und Kummer.
    »Was ist er?«, fragte Dr. Cocteau. Ein Funken Vernunft kehrte in sein Gesicht zurück.
    Molly wusste nicht, was sie antworten sollte. Wenn dieser selbst ernannte Entdecker, ein Mann mit tiefer Kenntnis sowohl über die Wissenschaften als auch vom Übernatürlichen und von Wesen jenseits der Grenzen menschlicher Vorstellungskraft – wenn nicht einmal dieser Mann wusste, was mit Joe geschehen war, wie konnte sie dann auch nur raten? Joe war kein Mensch mehr, aber war er deshalb ein Ungeheuer?
    Endlich kam ihr eine Antwort über die Lippen.
    »Er ist mein Freund.«
    Die gigantische Aalkreatur stürzte sich auf Joe. Molly beobachtete das Monster durch den Rauch und die Flammen. Wieder rief sie nachJoe, doch er beachtete sie nicht, warf sich dem Aal entgegen, wich im allerletzten Moment zur Seite und drosch dem Ungeheuer die