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Joe Golem und die versunkene Stadt

Joe Golem und die versunkene Stadt

Titel: Joe Golem und die versunkene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Mignola
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Aufmerksamkeit auf die Flucht. Sie packte den Vorhang, riss ihn teilweise herunter und warf ihn über eine Standlaterne in der Nähe. Das Gewicht des schweren Samts ließ die Lampe umkippen. Sie krachte auf den Boden. In Sekundenschnelle breitete sich mit hungrigem Brüllen brennendes Öl aus und entzündete den Vorhang.
    »So viel zum Thema Gehorsam«, sagte sie und flitzte in den nächsten abgeteilten Raum, wo das Betonbecken wartete.
    Um in der Versunkenen Stadt zu überleben, hatte Molly lernen müssen, um ihr Leben zu laufen.
    Sie eilte zu der Reihe Pressluftflaschen, die im orangeroten Schein des brennenden Vorhangs schimmerten. Bald waren alle Vorhänge verbrannt, und die Illusion getrennter Räume würde dann ebenfalls verschwunden sein. Cocteaus bizarres Zuhause wäre als trauriges Werk enttarnt   – kein Königreich unter dem Meer, sondern ein einsames Versteck.
    Während Molly nach der nächstbesten Pressluftflasche griff, an der bereits ein Mundstück befestigt war, hörte sie hinter sich das feuchte, schleimtriefende Bellen des Schleichers. Sie drehte das Ventil oben an der Flasche auf, und der Zeiger am Manometer zuckte ins Grüne. Der Sauerstoff strömte. Mit der freien Hand packte sie eine Maske. Sie spürte den Blick des Schleichers auf sich, fuhr herum und hob die Flasche, um sie als Waffe oder als Schild zu benutzen.
    Der Schleicher stand am rissigen Betonrand des Beckens. Dr. Cocteaus Gestalt ragte ein paar Fuß hinter ihm auf, das Gesicht verzerrt von dem Wahnsinn und der Wut, die er so mühsam verborgen hatte. Er trug keine Brille mehr, und sein weißer Bart triefte vom Blut aus seiner gebrochenen Nase. Die Gas-Männer schwärmten aus, bedrohlich still. Flammenschein glänzte auf den dunklen Linsen ihrer Masken.
    »Ich habe versucht, freundlich zu sein«, zischte Dr. Cocteau. »Aber wenn Sie jetzt   …«
    Molly hob eine Hand, um ihr Grinsen zu verdecken. »Sie klingen ganz schön albern mit Ihrer zermatschten Nase.«
    Ihre Faust schmerzte noch immer, aber sie genoss diesen Schmerz. Am liebsten hätte sie Cocteau noch einmal ins Gesicht geschlagen. Stattdessen rannte sie zum Becken; die Maske konnte sie sich noch im Wasser überziehen. Die Gas-Männer brauchten keinen Sauerstoff, aber Molly hätte gewettet, dass sie besser schwimmen konnte als jeder von ihnen, solange sie in ihren Gummianzügen blieben. Zogen sie diese aus, steckte Molly in Schwierigkeiten.
    »Haltet sie auf!«, kreischte Cocteau.
    Der Schleicher warf sich auf sie. Molly stieß sich ab und trat ihm sofest gegen die Brust, wie sie konnte. Er schwankte nur ein wenig, also schlug sie ihm mit der Pressluftflasche auf den Kopf, und der Weg war frei. Doch als sie den Beckenrand erreichte und sich hineinstürzen wollte, sah sie, wie etwas Riesiges, Dunkles aus der Tiefe hochschoss. Gedankenschnell warf sie sich zur Seite, aus dem Weg.
    Der riesige Aal mit dem Nadelzahnmaul brach von unten hervor und ließ die Betonwände des Beckens bersten. Ein Schwall Wasser, der durch das Herausschnellen mitgerissen worden war, klatschte herab und durchnässte Molly, Cocteau und die Gas-Männer. Dr. Cocteau brüllte. Der Schleicher rannte kreischend im Kreis und hämmerte sich mit den Fäusten gegen den Kopf.

    Molly starrte auf den Aal und begriff, dass sie ihn schon einmal gesehen hatte, nur war er da kleiner gewesen: Er war einer der Gas-Männer, die Cocteau auf Joe gehetzt hatte. Die beiden Geschöpfe waren von ihren Anzügen befreit worden, hatten ihre menschliche Gestalt verloren und diese fremdartige, geradezu larvenhafte Form angenommen. Cocteau hatte irgendwie bewirkt, dass sie wuchsen, doch sie hätte niemals erwartet, dass die Kreaturen so riesig werden könnten.
    Der Aal drosch hin und her. Immer wieder bäumte er sich auf und knallte dumpf auf den Boden. Plötzlich klatschte er auf den Schleicher. Molly hörte ein widerliches ploppendes Geräusch. Eine kleine gelbe Nebelwolke stieg aus dem Gummianzug des Schleichers. Als der Aal sich wieder aufrichtete, war nur noch eine Masse aus Gummi, Blut undgrünlichem Schleim am Boden zu sehen. Dr. Cocteau schrie vor Wut und Angst und setzte an, den Gas-Männern zuzubrüllen, sie sollten Molly packen, als hätte sie etwas mit der Rückkehr der Riesenbestie zu tun. Dabei hatte er selbst sie so gewaltig gemacht und ausgesandt, um Joe zu töten.
    Endlich warf sich der Aal ein letztes Mal herum und lag still, doch es dauerte nur einen Augenblick, bis er zu zucken begann. Alle sahen die Schwellung

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