Joe - Liebe Top Secret
umzustoßen oder etwas anzufassen, das er nicht berühren sollte. Und seine Nervosität ärgerte ihn. Wovor fürchtete er sich? Warum fühlte er sich eingeschüchtert? Es war nur ein Hotelzimmer, um Himmels willen! Der einzige Unterschied zwischen diesem Raum und den billigen Motels, in denen er auf Reisen abstieg, bestand darin, dass der Fernseher hier nicht an die Wand gekettet war. Hier gab es ein Telefon im Badezimmer. Und die Handtücher waren flauschig dick und im Überfluss vorhanden. Der Teppich war vornehm und sauber. Die Tapete war makellos, die Vorhänge ließen sich tatsächlich zuziehen, und die Möbel waren nicht kaputt oder blind zusammengewürfelt. Oh ja, und natürlich kostete die Nacht hier mehr.
Zwischen diesem Ort und denen, wo er normalerweise übernachtete, herrschte ein Unterschied wie Tag und Nacht.
Aber die Wahrheit war: Joe wünschte, er wäre in einem billigen Motelzimmer. Dann könnte er zumindest auf dem Bett lümmeln und die Füße hochlegen, ohne befürchten zu müssen, dass die Decke dreckig wurde. Stattdessen steckte er hier fest, im schlimmsten Fall, bis der Staatsbesuch des Prinzen in fünf Wochen beendet war. Fünf Wochen, in denen er wie in einem Glashaus sitzen würde.
„Nicht anfassen!“, hörte er seine Mutter immer noch rufen. Damals war er ein Kind gewesen, und sie hatte ihn mit nach Scarsdale genommen, wo sie Häuser putzte, die zehnmal so groß gewesen waren wie ihr kleines Apartment in Jersey. „Fass nichts an, sonst bekommst du Ärger mit deinem Vater, wenn wir wieder zu Hause sind.“
Nur dass Joe keinen Vater hatte. Er hatte eine ganze Reihe von Stiefvätern und „Onkeln“, aber keinen Vater. Trotzdem hätte, wer auch immer gerade zu Hause die Rolle des armen alten Dads spielte, sich sehr über den kleinsten Vorwand gefreut, um Joes Hintern vor die Tür zu setzen.
Gott, was war nur mit ihm los? Seit Jahren hatte er nicht mehr an diese glücklichen Momente seiner Kindheit gedacht.
Die Tür des Hotelzimmers wurde mit einem kaum wahrnehmbaren Klicken geöffnet, und Joe spannte sich an. Er sah auf, drehte den Kopf und erntete damit ein melodramatisches Seufzen des Friseurs.
Joe war jedoch zu gut ausgebildet, um jemanden eintreten zu lassen, ohne ihn zu mustern. Erst recht nicht, solange er mehr und mehr jemandem ähnelte, der an diesem Morgen das Ziel eines Anschlags gewesen war.
Es war nur die Medienberaterin. Veronica St. John.
Sie stellte keine Bedrohung dar.
Joe wandte den Kopf, blickte wieder in den Spiegel und wartete darauf, dass ihn Erleichterung durchflutete.
Doch es geschah nicht. Statt sich zu entspannen, fühlte er sich, als wäre sein ganzer Körper in Alarmbereitschaft versetzt worden. Als wäre er plötzlich aufgewacht. Es war, als würde er sich gleich in den Kampf stürzen. Die Farben der Tapete erschienen ihm jetzt schärfer, klarer. Die Geräusche, die der Friseur machte, erschienen ihm lauter. Und sein Geruchssinn schien sich so weit zu steigern, dass er Veronica St. Johns dezentes Parfum aus der Ferne wahrnehmen konnte.
„Lieber Gott“, sagte sie mit ihrer klaren Aussprache und dem leicht britischen Akzent. „Sie sehen … toll aus.“
„Tja, danke, Sweetheart. Sie sehen auch nicht schlecht aus.“
Sie stellte sich hinter ihn, sodass er sie im Spiegel sah. Ihre Blicke begegneten sich kurz.
Blaue Augen. Oh Baby, diese Augen waren vielleicht blau! Strahlend blau. Blendend blau.
Joe sah sie wieder an und erkannte, dass in ihr etwas Ähnliches vorgegangen sein musste wie in ihm. Etwas, das sie genauso überraschte wie ihn. Zweifellos war sie überrascht darüber, dass ein Kerl wie er ihre Aufmerksamkeit fesseln konnte.
Nur dass er nicht mehr wie er selbst aussah. Er sah aus wie Prinz Tedric.
Das spielte eine Rolle.
„Wie ich sehe, hatten Sie Zeit zum Duschen“, sagte sie, ohne ihm in die Augen zu blicken. „Sind Ihre Sachen schon in die Reinigung gebracht worden?“
„Ich glaube schon“, erwiderte er. „Sie waren jedenfalls weg, als ich aus dem Badezimmer kam. Ich habe diesen Hotelbademantel gefunden … Mir wäre es sehr lieb, wenn Sie Admiral Forrest darum bitten, mir eine Uniform zu schicken. Und vielleicht Socken und Shorts …?“
Veronica spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen stieg. Gott, was war bloß mit ihr los? Seit wann errötete sie wie ein Schulmädchen, nur weil jemand über Männerunterwäsche sprach?
Vielleicht lag es auch nicht an der Erwähnung von Unterwäsche. Womöglich war es der Gedanke daran,
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