Joe - Liebe Top Secret
es funktioniert“, sagte Veronica und strich sich den Rock über den Knien glatt. „Wenn es nicht klappt …“
„Warum?“, fragte Joe. „Müssen Sie die Hypothek für das Schloss abzahlen?“
Veronica wandte sich ihm zu. „Sehr witzig.“
„Entschuldigung.“
„Eigentlich wollen Sie es nicht wissen.“
Joe betrachtete ihr Gesicht. Seine dunklen Augen wirkten geheimnisvoll und so unergründlich wie der Ozean. „Doch, das möchte ich.“
„Seit dem Internat ist Tedrics Schwester meine beste Freundin“, erklärte Veronica. „Auch wenn Tedric sich über die finanzielle Situation seines Landes keine Gedanken macht – Wila hat hart dafür gearbeitet, dass Ustanzien zahlungsfähig bleibt. Es bedeutet ihr viel, und mir deshalb auch.“ Sie lächelte. „Als das Öl entdeckt worden ist, hat Wila ein Rad geschlagen, im Stadtpark. Ich dachte schon, dem armen Jules bleibt das Herz stehen. Aber dann hat sie herausgefunden, wie viel die Förderung kostet. Sie zählt auf die finanzielle Unterstützung aus den USA.“
Jules.
Sei ein Schatz, Jules, und ruf im Büro an. Diese Worte hatte Veronica im Schlaf gemurmelt. Und seitdem fragte Joe sich, nicht ohne leise Eifersuchtsgefühle, wer genau dieser Jules war.
„Wer ist Jules?“, fragte er.
„Jules“, wiederholte Veronica. „Mein Bruder. Praktischerweise hat er meine beste Freundin geheiratet. Ist das nicht nett? Sie erwarten jederzeit die Geburt ihres Babys.“
Ihr Bruder! Jules war ihr Bruder. Warum fühlte Joe sich plötzlich so viel besser? Er und Veronica waren Freunde, mehr nicht. Warum sollte es ihn also kümmern, ob Jules ihr Bruder, ihr Lover oder ihr Stofftier war?
Aber es kümmerte ihn durchaus , verdammt noch mal.
Joe lehnte sich vor. „Deshalb hat Wila diesen Staatsbesuch nicht anstelle von Ted Brett-vorm-Kopf unternommen? Weil sie schwanger ist?“
Veronica bemühte sich, ein Lächeln zu unterdrücken. Vergeblich. „Nennen Sie Prinz Tedric nicht so.“
Er lächelte sie an, fasziniert davon, dass ihr Kleid in demselben Blau schimmerte wie ihre Augen. „Wissen Sie was? Blau steht Ihnen wirklich ausgezeichnet.“
Ihr Lächeln verschwand, und sie erhob sich. „Wir sollten jetzt unbedingt anfangen“, sagte sie und ging zum Tisch. „Das Essen wird kalt.“
Joe rührte sich nicht von der Stelle. „Wo sind Sie und Jules denn aufgewachsen? London?“
Veronica drehte sich um und sah ihn an. „Nein“, erwiderte sie. „Wir sind mit unseren Eltern gereist, bis wir alt genug waren, um zur Schule zu gehen. Was für uns einem Zuhause am nächsten kam, war Huntsgate Manor. Dort hat unsere Großtante Rosamunde gelebt.“
„Huntsgate Manor“, wiederholte Joe nachdenklich. „Klingt wie aus einem Märchen.“
Veronicas Blick wirkte verträumt, als wäre sie in Gedanken weit weg. Sie sah aus dem Fenster. „Es war wunderschön. Dieses große, alte, modrige historische Gebäude. Es war umgeben von Gärten und einem Wäldchen, das schier unendlich schien.“ Sie warf Joe einen Blick zu, ihre Augen funkelten amüsiert. „Na ja. In Wirklichkeit war das Grundstück wohl nur zwei oder drei Hektar groß. Aber als wir klein waren, schien es bis zum Ende der Welt zu reichen und wieder zurück.“
Tag und Nacht, dachte Joe. Ihre Erziehung und Herkunft war so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Er fragte sich, wie Veronica reagieren würde, wenn sie erfuhr, aus welchem Loch er gekrochen war.
Verlegen lachte Veronica auf. „Ich weiß gar nicht, warum ich Ihnen das alles erzähle. Besonders interessant ist es ja nicht.“
Doch, das war es. Es war faszinierend. Genauso spannend wie jene riesigen Häuser, in die er mit seiner Mutter gegangen war. Wie die Häuser, in denen sie sauber gemacht hatte, als er ein Kind gewesen war. Veronicas Beschreibungen boten ihm einen weiteren Blick in eine Welt, in der er alles „anschauen, aber nichts anfassen“ durfte. Es war faszinierend. Und extrem deprimierend. Veronica war wie eine kleine Prinzessin aufgewachsen. Zweifellos musste sie ihr Leben mit einem Prinzen verbringen, mit einem „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“-Prinzen.
Und so sicher wie nur irgendetwas passte er nicht in dieses Bild.
Nur was machte er da überhaupt? Dachte er etwa über „glücklich bis ans Lebensende“ nach?
„Was ist mit Ihnen, Joe?“, fragte Veronica und riss ihn aus den Gedanken. „Wo sind Sie aufgewachsen?“
„In der Nähe von New York City. Wir sollten jetzt aber wirklich anfangen“,
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