Joe - Liebe Top Secret
beschäftigten.
Sich als Prinz Tedric auszugeben konnte Joe leicht das Leben kosten.
War es richtig, was sie taten? Den Tod eines Mannes in Kauf zu nehmen, um diese Terroristen zu kriegen – war es das wert? War es fair, Joe zu bitten, das auf sich zu nehmen, während Tedric es nie und nimmer täte?
Neben all diesen Fragen gab es etwas, das Veronica mit Sicherheit wusste: Sie wollte nicht, dass Joe Catalanotto starb.
10. KAPITEL
V eronica war etwa dreißig Minuten, bevor das Meeting stattfinden sollte, fertig.
Bestimmt zum siebentausendsten Mal prüfte sie ihr Aussehen im Spiegel. Ihr Jackett und der Rock waren olivgrün. Ihre Seidenbluse hatte denselben Farbton, nur eine Spur heller. Die Farbe bildete einen perfekten Kontrast zu ihren flammend roten Haaren, aber das Kostüm wirkte kantig, und das Jackett war so geschnitten, dass es die weiblichen Vorzüge verbarg.
Joe würde es Margaret-Thatcher-Kostüm nennen, und er hatte recht. Sie sah darin sachlich und solide aus, zuverlässig und geschäftsmäßig.
Es war nicht der letzte Schrei, okay. Aber sie übermittelte damit der Welt eine klare Botschaft: Veronica St. John hat es geschafft, den Job zu erledigen.
Nur dass Veronica in wenigen Minuten aus der Tür des Hotelzimmers und den Flur entlang zum privaten Konferenzraum gehen musste, der an Senator McKinleys Suite angeschlossen war. Sie würde in das Meeting gehen und sich an den Tisch setzen – ohne einen blassen Schimmer zu haben, ob sie diesen speziellen Job tatsächlich erledigt hatte oder nicht.
Sie musste es sich eingestehen: Sie wusste nicht, ob sie der Aufgabe gewachsen war, Joe Catalanotto in den vollkommenen Doppelgänger von Prinz Tedric zu verwandeln.
In einen Doppelgänger, der ihm aufs Haar glich. Der als Zielscheibe diente. Entsetzlich! Und wenn das Sicherheitsteam aus FInCOM-Agenten Joe nicht beschützte, wäre er ein toter Doppelgänger. Tot. Joe, mit seinen glänzenden Augen und dem breiten, ansteckenden Lächeln … Es brauchte nur eine Kugel, und er würde der Vergangenheit angehören, eine Erinnerung werden.
Veronica wandte sich vom Spiegel ab und machte sich auf den Weg.
Sie hatte den ganzen Abend mit Joe gearbeitet. Sie waren all die Regeln, das Protokoll und die Geschichte Ustanziens immer wieder durchgegangen. Sie hatte ihm gezeigt, wie seltsam Prinz Tedric eine Gabel hielt und seine merkwürdige Angewohnheit, immer den letzten Bissen auf dem Teller liegen zu lassen.
Wieder hatte sie versucht, Joe beizubringen, wie Tedric ging, wie er stand, in welchem Winkel er den königlichen Kopf hielt. Und immer, wenn sie gerade dachte, dass er es vielleicht, eventuell verstanden hatte, nahm er eine lässige Haltung ein, zuckte die Schultern oder lehnte sich an eine Wand. Oder er machte einen Witz und schenkte ihr sein Fünftausend-Watt-Lächeln, das in Tedrics Repertoire an Gesichtsausdrücken niemals vorkommen würde.
„Machen Sie sich keine Sorgen, Ronnie. Alles kein Problem“, hatte er mit seinem scheußlichen New-Jersey-Akzent gemeint. „Ich kriege das hin. Wenn es so weit ist, mache ich es richtig.“
Doch Veronica war nicht sicher, worüber sie sich Sorgen machen sollte. Hatte sie Angst davor, dass Joe nicht als Prinz Tedric überzeugte – oder davor, dass er es eben doch tat?
Wenn Joe dem Prinzen in Aussehen und Benehmen ähnelte, schwebte er in Gefahr. Und verdammt noch mal, warum sollte Joe sein Leben aufs Spiel setzen? Warum sollte nicht der echte Prinz seins riskieren? Schließlich wollten die Terroristen Prinz Tedric umbringen, niemand anderen.
Tatsächlich hatte Veronica mit Joe über ihre Sorgen gesprochen, bevor sie sich getrennt hatten, um sich auf das Meeting vorzubereiten. Er hatte gelacht, als sie ihm erklärt hatte, dass sie es für das Beste hielt, wenn er nicht als Tedric durchging – es war zu gefährlich.
„Ich habe mich schon oft in gefährliche Situationen begeben“, hatte Joe erwidert. „Und das hier kommt dem nicht im Geringsten nahe.“ Er hatte ihr erzählt, welche Pläne und Vorbereitungen er sowohl mit Kevin Laughtons Agenten und den SEALs aus der Alpha Squad besprochen hatte. Joe würde die ganze Zeit eine kugelsichere Weste tragen. Wo immer er sich bewegte, würde es abgeschirmte Bereiche geben, in denen er in Deckung gehen konnte. Er hatte ihr versichert, dass dieser Einsatz im Vergleich zu den anderen verschwindend geringe Risiken barg.
Trotzdem wusste Veronica nur eins: Je besser sie Joe kennenlernte, desto mehr Sorgen machte sie sich
Weitere Kostenlose Bücher