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Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung

Titel: Joel 2 - Die Schatten wachsen in der Daemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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geschlurft kam.
    Da sah er den Rucksack.
    Den hatte er vergessen. Er lag an der Eingangstür. Hohlkopf, dachte er, blöder, blöder Hohlkopf… Asta Bagga hatte sich auf den Telefonstuhl gesetzt und die Kopfhörer übergestülpt. Joel wußte, jetzt mußte er den Rucksack holen. Sie konnte ihn nicht übersehen, wenn sie ins Hinterzimmer zurückging. Asta nahm den Anruf entgegen.
    Vorsichtig schlich Joel über den Fußboden, packte den Rucksack und stürzte zurück hinter den Schrank. »Was für ein Unsinn«, sagte Asta Bagge.
    Joel dachte, er wäre entdeckt. Jetzt war alles aus! Dann begriff er, daß sie böse auf den Anrufer war. »Das Telefon ist kein Spielzeug«, sagte Asta Bagge. Ihre Stimme klang wirklich wütend. »Sie sind betrunken und sollten sich hinlegen, statt hier anzurufen und dummes Zeug zu reden. Gute Nacht!« Asta schaltete ab und ging in ihr Schlafzimmer.
    Joel wartete, bis er sie wieder schnarchen hörte. Dann kehrte er zurück und blätterte weiter im Telefonverzeichnis. Als er fertig war, hatte er zwölf Telefonnummern beisammen. Bevor er mit dem Anrufen anfangen konnte, mußte er sich hinter dem Schrank hinsetzen und ein bißchen ausruhen. Er hatte sich ein paar Marmeladenbrote in den Rucksack gesteckt und aß sie auf. Dann fühlte er, daß er bereit war.
    Asta schnarchte. Pustete und zischte. Joel setzte sich an die Vermittlung. Die Telefonnummern hatte er vor sich. Er begann, die verschiedenen Leitungen einzustöpseln. Da war die Nummer von Pastor Nyblom. Staatsanwalt Malm, Oberstleutnant Ceder, Direktor Gottfried, Redakteur Waltin… Zwölf Telefonnummern. Die Leitungen führten kreuz und quer über den Tisch der Vermittlung. Joel merkte, daß sein Herz hämmerte. Er schwitzte. Langsam zwang er seine rechte Hand zu dem Schalter, der die angewählten Telefonnummern alle gleichzeitig zum Klingeln bringen würde.
    Herrscher der Nacht, dachte Joel. Jetzt wecke ich euch alle.
    Dann kippte er den Schalter, der das Klingeln auslöste, und starrte angespannt auf die Vermittlungstafel. Wenn jemand abhob, würde es anfangen zu blinken. Er drehte an dem Schalter, so daß das Klingeln nicht zu hören war.
    Warum meldete sich niemand? Hatte er etwas falsch gemacht? Hebt ab, meldet euch…
    Jetzt blinkte das erste Lämpchen. Es war Oberstleutnant Ceder. Gleich darauf blinkte die Nummer von Redakteur Waltin. Bald blinkte die ganze Wand. Joel drückte auf den Schalter und sprach ins Mikrophon. Er fauchte und verstellte die Stimme, damit ihn niemand erkannte und damit Asta Bagge nicht wach wurde.
    »Der Käsemann ist ein Schurke«, zischte er. »Er spioniert unschuldigen Leuten nach. Er versteckt sich im Schatten. In der Dämmerung wachsen alle Schatten. Ich wiederhole: Der Käsemann ist ein Schurke. Sein Schatten ist lang, wenn es dämmert.«
    Ein ums andere Mal wiederholte Joel seine Botschaft. Er hörte erregte, verschlafene, erstaunte Stimmen fragen, wer da anrief und um was es eigentlich ging.
    Viermal wiederholte er seine Botschaft. Dann brach er das Gespräch ab, riß die Leitungen heraus, nahm seinen Rucksack und schlich hinaus. Als er die Tür gerade hinter sich zumachen wollte, begann die ganze Vermittlung zu blinken und zu klingeln. Es sah aus, als wäre sie kurz vorm Explodieren.
    »Was ist denn los«, hörte er Asta aus ihrem Hinterzimmer sagen.
    Da zog er die Tür zu und tappte die Treppe hinunter. Er lief den ganzen Weg nach Hause. In ihm war ein einziges riesiges Lachen. Aber erst als er in der Küche ankam, ließ er es raus.
    Jetzt hatte seine unsichtbare Rache den Käsemann getroffen. Gertrud war Gerechtigkeit widerfahren.
    Er setzte sich an den Küchentisch und radierte die Telefonnummern weg, die er auf die innere Umschlagseite seines Tagebuchs geschrieben hatte. Dann legte er es zurück in die Glasvitrine von »Celestine«.
    Er merkte, wie müde er war. Vielleicht war es auch Erleichterung. Wie wenn Magenschmerzen aufhören.
    Jetzt hatte er es richtig gemacht.
    Endlich war es vorbei.
    Jetzt konnte er sich allem anderen widmen, was wichtig war. Das Geographiespiel zu Ende führen. Einen guten Freund finden. Einen besten Freund. Mit Simon Urväder an den See der Vier Winde fahren. Gertrud würde wie immer sein. Das Mirakel würde ihn nicht mehr stören.
    Wenn er zwölf wurde, hatte er vielleicht schon alles vergessen. Den Ljusdalbus aus seinem Kopf verjagt…
    Er aß noch ein paar Löffel Marmelade. Der Topf war bald leer.
    Aber er hatte es sich verdient.
    Nur Asta Bagge tat ihm ein bißchen

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