Joel 3 - Der Junge der im Schnee schlief
Clantons Männer lachten. Wyatt Earp blieb jäh stehen. Alle blieben stehen. Plötzlich waren sie fort. Joel stand allein da. Panik überkam ihn. Die Sonne brannte in seinen Augen. Er konnte nichts sehen. Er tastete nach der Pistole, die dort an seiner Hüfte sein sollte. Eine »Smith & Wesson«, der Holzkolben war durch einen Kolben aus reinem Silber ersetzt. Aber da war nichts. Das Halfter war leer. Und oben vor dem Saloon saß Frau Nederström in einem knarrenden Schaukelstuhl und schlief. Joel hatte solche Angst, dass es in ihm schrie. Plötzlich kam der Windhund auf ihn zugelaufen. Und sie wuchs zu einem riesigen Vogel mit flatternden Schwingen.
Er richtete sich mit einem Schrei auf. Im Zimmer war es dunkel. Zuerst wusste er nicht, wo er war. Dann sah er die Zeiger des Weckers schimmern. Und er war wieder zu Hause. Es war nur ein Traum gewesen. Etwas hatte ihn zum »OK Coral« geschleudert und wieder zurück.
Es dauerte lange, ehe er wieder einschlief. Der Traum hatte ihn gewarnt. Er würde in die Schule gehen und das würde so sein wie sich »OK Coral« zu nähern. Ohne Wyatt Earp. Und ohne den hustenden Doc Holliday.
Doch als er auf den Schulhof kam, war nichts, wie er es sich vorgestellt hatte. Der Windhund war da. Und alle anderen. Aber niemand kicherte, niemand zeigte auf ihn. Und niemand spitzte den Mund und legte den Kopf schief. Joel begriff, dass er es Simon zu verdanken hatte. Als er in die Klasse kam, war er immer noch unsicher. Der Windhund sah schuldbewusst aus. Und Frau Nederström begann zu reden, bevor sie den Morgenchoral gespielt hatte.
Sie erzählte, was passiert war. Joel fand, es klang wie eine Abenteuergeschichte. War wirklich er das gewesen, der Simon durch den Wald geschleppt hatte? Oder hatte er das auch geträumt?
Alle schienen es schon zu wissen. Joel fragte sich, ob es das wäre, woran man sich an ihn 2045 erinnern würde. Der Mann, der einmal Simon Urväder durch ein stürmisches Schneemeer geschleppt hatte.
Er dachte an Simon. Der eine Gehirnblutung hatte. Und an die Hunde, die vor seiner Tür saßen und winselten.
In der ersten Pause nahm er allen Mut zusammen und fragte Frau Nederström, was eine Gehirnblutung sei.
»Etwas, das drinnen im Kopf platzt«, sagte sie. »Aber denk nicht daran, Joel.«
»An was sonst soll ich denn denken?«, fragte er.
Frau Nederström sagte nichts. Und die Pause war bald zu Ende.
Nach der Schule ging Joel geradewegs zum Schuhladen. Er probierte die neuen Stiefel an. Sie drückten nicht über den Fußknöcheln. Er bezahlte und nahm die alten Stiefel in einem Karton mit. Dann lief er, so schnell er konnte, den Hügel zum Krankenhaus hinauf. In der Schultasche hatte er ein paar Fleischknochen, die Samuel ihm morgens mitgegeben hatte. Er überlegte, ob er zuerst Simon besuchen oder zuerst die Hunde füttern sollte. Es war eine schwere Entscheidung. Aber die Hunde würden sich jedenfalls freuen, wenn er kam. Er begann mit ihnen.
Diesmal kamen sie ihm entgegengelaufen. Joel streichelte sie eine Weile, ehe er sich auf die Suche nach den Hühnern machte. An diesem Tag waren alle im Laster. Joel streute ihnen zerkrümeltes Brot hin.
Dann konnte er nicht mehr warten. Jetzt musste er Simon besuchen. Als er ins Krankenhaus kam, hatte er Glück. Er stieß sofort auf den Arzt, mit dem er und Samuel gestern gesprochen hatten.
Nichts war passiert. Simon war immer noch bewusstlos. Niemand konnte wissen, ob er leben oder sterben würde. Joel stiegen Tränen in die Augen. Obwohl er es nicht wollte. Warum sollte Simon ausgerechnet jetzt sterben, wo er im Krankenhaus lag und nicht in einer Schneewehe? Joel verließ das Krankenhaus. Er entdeckte sie sofort.
Den Windhund. Sie stand an der Krankenhauspforte. Und sie sah nicht aus wie ein riesiger Vogel mit flatternden, drohenden Schwingen.
18
Joel versuchte wütend zu sein. Aber es gelang ihm nicht. Sie gingen den Hügel hinunter. Der Windhund war still. Sie lief auch nicht um ihn herum wie sonst.
Statt Wut versuchte Joel ihr zu zeigen, dass ihm ihre Gesellschaft egal war. Als ob sie gar nicht da wäre. Aber das ging auch nicht gut. Schauspieler würde er wohl nie werden können.
Schließlich entschied er sich, er selbst zu sein und auch zu zeigen, wie ihm zumute war. Sie hatten den Bahnhof erreicht.
Hinter dem langen roten Holzgebäude, in dem die Güterabfertigung untergebracht war, türmten sich riesige Schneehaufen. Die Leute, die auf der Straße vorbeigingen, würden glauben, sie spielten nur.
In der
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