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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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mehr haben. Dann war er mit Oda alleine.
Sie stand vor ihm, offensichtlich verlegen. Statt distanziert wie noch ein paar
Minuten zuvor wirkte sie nun sehr verletzlich. Ihre Stimme klang unsicher.
    »Ich habe keine Erfahrung
im Abschiednehmen.« Krauss lächelte. »Mach es nicht dramatischer, als es ist.«
»Stimmt. Ist doch Quatsch. Wo wir uns doch erst seit ein paar Tagen kennen.«
    »So musst du es sehen.«
    »Ist aber eine Menge passiert in den paar Tagen.«
    »Allerdings. Wir haben einiges erlebt. Du hast mich zweimal befreit, einmal
davon für die Galerie.«
    Jetzt lächelte auch Oda. »Das war nicht meine Idee. Aber gut ausgeführt,
das musst du zugeben.«
    Krauss nickte anerkennend. »Absolut erstklassig. Was du machst, hat Hand und
Fuß.«
    »Ach ja?«
    »Du schießt gut, kochst perfekt, flickst Wunden zusammen und bringst einen
verstörten Jungen zum Lachen. Das ist unschlagbar.«
    Oda sah zu Boden. »Wenn du das sagst.«
    Krauss schwieg. Schon drängte sie sich wieder zwischen sie, diese Stille.
    Nicht jetzt, dachte Krauss.
    »Ich bin in meinem Leben nur einer Frau begegnet, die mir mehr bedeutet hat
als du.«
    Oda verzog das Gesicht. »Red jetzt bloß keinen Schmus. Das passt nicht zu
dir.«
    »Das ist kein Schmus. Ich wollte dir nur sagen, wie nahe du mir stehst.«
    Sie umfasste seine Hand. »Das ist lieb von dir. Du bedeutest mir auch
viel.«
    Er spürte ihre Wärme. Sie glühte. »Trotzdem musst du jetzt gehen.«
    Sie nickte. »Ich werde dich nie mehr wiedersehen, oder?« »Es ist besser
so.«
    Sie umarmten sich, standen einfach so da. Er roch ihre
Haare, fühlte ihr Herz klopfen. Sie weinte nicht, hielt ihn nur fest. Dann riss
sie sich los, drückte noch einmal seine Hand, sah ihm in die Augen und ging zur
Tür.
    Dort drehte sie sich noch einmal um. Ihre Stimme hatte die gewohnte
Entschlossenheit wiedergefunden. »Du musst mir noch eines versprechen,
Richard.«
    »Und das wäre?«
    »Bring das Schwein um.«
     
    Krauss sah dem Wagen nach, bis er im Wald verschwunden war. Zum zweiten Mal
hatte sich ein ihm wichtiger Mensch aus seinem Leben verabschiedet. Diesmal
aber war er es, der den Zeitpunkt bestimmte. Es gab ihm nur ein bedingt
besseres Gefühl. Denn es war längst nicht klar, ob es Oda wirklich gelingen
würde, mit Philipp das Land zu verlassen. Wahrscheinlich sogar würde er es nie
erfahren. Aber unter den gegebenen Umständen hatte er das Menschenmögliche
getan. Ein schwacher Trost.
    Zumindest wusste
er jetzt, wie er an Edgar herankommen konnte. Oda hatte ihm genau beschrieben,
wo das Anwesen seines Bruders lag. Am Wannsee. Am Wasser. Natürlich. Krauss
hatte gleich gefragt, ob sich Oda an eine Badeinsel erinnern konnte. Ja, rund
fünfzig Meter vom Ufer entfernt, direkt vor seinem Haus, hatte Edgar eine
Badeinsel eingerichtet. Beide waren sie versessen aufs Schwimmen gewesen,
hatten keine Gelegenheit versäumt, im Sommer in den See oder in ein Schwimmbad
zu gehen. Edgar war sich in dieser Hinsicht treu geblieben, hatte auch als
Erwachsener das Schwimmen als tägliche Leibesübung beibehalten. Offensichtlich
bis heute.
    Krauss musste nur früh am Morgen zu der Badeinsel gelangen und warten. Die
Chance, seinen Bruder dort zu erwischen, schätzte er als extrem hoch ein. Alles
andere war ein Selbstmordkommando. Edgars Anwesen wurde schwer bewacht; für
eine Person war es so gut wie unmöglich, dort einzudringen. Auch am Ufer
standen Posten, um potenzielle Angreifer von der Seeseite abzuwehren. Mit einem
Schwimmer würden sie jedoch kaum rechnen. Krauss musste sich also nicht so sehr
um die Wachen sorgen. Sein Problem war, mit seiner Verletzung von der anderen
Seeseite bis zu der Badeinsel zu gelangen, ohne vorher zu ertrinken. Heute
wollte er sich vor Ort ein Bild verschaffen. Aber vorher musste er noch etwas
erledigen, was ihm auf der Seele brannte. Er musste dem Menschen, den er in all
das hineingezogen hatte, einen Besuch abstatten.
     
    39.
    Berlin
    3. September Hotel Esplanade, Nachmittag
    Dahlerus saß betreten auf seinem Bett. Er fühlte sich leer, ausgelaugt,
überflüssig. Selten in seinem Leben hatte er eine so tiefe Müdigkeit empfunden,
eine Müdigkeit, die nach mehr verlangte als bloß nach Schlaf. Aber nach was?
Wie sollte er sich selbst wiederherstellen, die schlaffe Hülle, die sein
ausgebranntes Inneres umgab, mit Energie füllen? Er hatte bisher nicht einmal
die Kraft gefunden, Elisabeth anzurufen und ihr seine Niederlage einzugestehen.
Weil er sie dafür selbst hätte akzeptieren

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