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JörgIsring-UnterMörd

Titel: JörgIsring-UnterMörd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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großspurig herausposaunter
Trinkspruch lockerte den Knoten in Dahlerus' Gedärmen, dieses hartnäckige
Rumoren, das ihn tagelang nicht zur Ruhe hatte kommen lassen. Der Schwede hob
wie die anderen Männer am Tisch sein Glas und schüttete den Aquavit in einem
Zug hinunter. Die Wärme des Alkohols beruhigte ihn noch ein Stückchen mehr als
der Anblick des zufrieden grinsenden Feldmarschalls.
    Göring feixte in seine Richtung. »Na, Dahlerus, schauen Sie nicht so
grantig, es läuft doch alles so, wie Sie es sich gewünscht haben.« Göring hob
demonstrativ eine Hand, obwohl er sowieso schon die Aufmerksamkeit aller
Anwesenden genoss. »Meine Herren! Lassen Sie uns einen Toast aussprechen auf
den Mann, der dieses Treffen möglich gemacht hat, den Mann, der unermüdlich
für ein friedliches Europa kämpft. Auf unseren freundlichen Gastgeber, Birger
Dahlerus, Botschafter des Friedens und perfekter Gentleman.« Der Deutsche nahm
sein Glas und prostete Dahlerus erneut zu. »Ja, das sind Sie, Dahlerus, ein
Gentleman von Kopf bis Fuß, und ich weiß, wovon ich spreche. Ich muss mich ja
tagtäglich mit ungebildeten Bauerntrampeln herumschlagen. Damit sind natürlich
nicht Sie gemeint, Bodenschatz!«
    Görings massiger Körper schüttelte sich vor Lachen, aber der Minister fand
trotzdem noch die Kraft, dem steif neben ihm sitzenden General seine Pranke auf
die Schulter zu schlagen. Aus der Sicht des Schweden lief es hervorragend,
alles in allem. Wenn man die handelnden Personen berücksichtigte. Denn er
wusste aus eigener Erfahrung, dass Görings Launen nicht viel zu bedeuten
hatten, dass sie so schnell umschlugen wie das Wetter in den Schären. Er hatte
sich oft gefragt, was ein derart wankelmütiger Mensch an der Spitze eines
Staates zu suchen hatte. Aber dort befand er sich ja in bester Gesellschaft.
Die vergangenen zwei Jahre hatten Dahlerus darin bestärkt, dass das Deutsche
Reich von gemeingefährlichen Männern regiert wurde - der »Anschluss« Österreichs,
die Zerschlagung der Tschechoslowakei, die antisemitische Politik, die im
vergangenen November in der ungeheuerlichen Reichskristallnacht ihren
Höhepunkt fand. Überall hatte der korpulente Deutsche, dessen Gesicht jetzt vom
Alkohol und der ihm entgegengebrachten Anerkennung speckig glänzte, seine
Finger drin. Zwar hatte Göring Dahlerus nach der Pogromnacht eindringlich
versichert, die Zerstörung jüdischen Eigentums, das Morden und Brandschatzen
seien ein furchtbarer Fehler gewesen und gingen allein auf das Konto des
Berliner - »Behalten Sie das aber für sich, Dahlerus!« - Giftzwergs Goebbels,
selbst der Führer hätte von nichts gewusst und fassungslos reagiert. Dahlerus
kannte Göring aber lange genug, um dessen Worte nicht auf die Goldwaage zu
legen. Der zweite Mann des Reiches suchte stets den eigenen Vorteil, das lenkte
sein Handeln und sein Denken. Wenn es sein musste, riss er das Ruder so schnell
herum, dass es die halbe Mannschaft von Bord fegte. Mitgefühl für das jüdische
Volk war ihm fremd, ihn empörte der wirtschaftliche Nachteil, der dem Staat
durch die demolierten Geschäfte entstanden war. So etwas fiel auf ihn zurück,
den Chef des Vierjahresplans, und Göring wollte seinen Namen um keinen Preis
mit Niederlagen, sondern mit Erfolgen verbunden sehen. Deshalb kam er auf die
Idee, die Juden für den angerichteten Schaden zahlen zu lassen. Eine Milliarde
Reichsmark, eine unfassbare Summe. Und ein unfassbarer Vorgang.
    Dahlerus hatte viel daraus gelernt, versuchte Görings
Geltungssucht für seine Zwecke zu nutzen. Seit Jahren umgarnte der schwedische
Unternehmer nun diesen Mann, der ihm, und auch das musste Dahlerus sich immer
wieder eingestehen, trotz seiner brutalen Seiten nicht komplett unsympathisch
war. Göring konnte außerordentlich charmant sein, vor allem Frauen gegenüber,
er war ein aufmerksamer, großzügiger Gastgeber und in bestimmten Dingen so
naiv wie ein Kind, das die Welt zu seinem Spielplatz erklärt. Der Schwede hatte
nie verstanden, wie jemand, der Luxus so über alles liebte wie Göring, dabei
mitwirken konnte, die Grundlagen dafür so nachhaltig zu zerstören. Es war ihm
ein Mysterium, das zu ergründen er aufgegeben hatte. Nur seine Hoffnung auf
Frieden, die hatte er nie verloren - und der Weg dahin führte für ihn einzig
und allein über Göring.
    »Zigarre?« Der Reichsfeldmarschall hielt ihm eine österreichische Virginia
hin, eine schlanke Zigarre, die sich gut mit Mundstück rauchen ließ.
    »Nein, danke«,

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