John Corey 01 - Goldkueste
gehörten alle dort gemachten Funde dem Staat, in diesem Fall dem Innenministerium.
Wollte man den Staat um einen auf Staatsbesitz gefundenen Schatz betrügen, bot sich als einfachste Lösung an, den Fund auf das eigene Grundstück umzulagern. Hatte man es jedoch nur gepachtet, waren Probleme unvermeidlich. Daher der Kauf eines Strandgrundstücks von Margaret Wiley.
Aber woher hatten die Gordons gewusst , dass auf Plum Island ein Schatz vergraben lag? Antwort: Sie waren durch ihre Mitgliedschaft in der Peconic Historical Society darauf gestoßen. Oder jemand anders hatte seit langem von diesem Schatz gewusst, aber Plum Island nicht betreten dürfen und daher Kontakt zu den Gordons gesucht, die sich dort praktisch frei bewegen konnten. Irgendwann hatte der oder die Unbe kannte sich den Gordons offenbart, ihnen einen Deal vorge schlagen und einen Pakt mit ihnen geschlossen - vermutlich bei flackerndem Kerzenschein mit Blut unterzeichnet.
Tom und Judy waren ehrbare Bürger, aber keine Heiligen. Ich dachte an »das Gold, das Heilige in Versuchung führt«, von dem Beth gesprochen hatte, und erkannte, wie treffend ihre Äußerung gewesen war.
Die Gordons hatten diesen Piratenschatz offenbar auf ihrem Grundstück vergraben; dort hatten sie ihn »finden«, die Entdeckung bekanntgeben und ehrlich Steuern an Onkel Sam und den Staat New York zahlen wollen. Möglicherweise hatte das ihrem Partner nicht gepasst. Genau! Ihr Partner oder ihre Partnerin war mit seiner oder ihrer Hälfte der Beute nicht zufrieden gewesen, die vermutlich kräftig besteuert worden wäre.
Das warf die Frage auf, was dieser Schatz wert sein mochte. Offensichtlich genug, um daf ür einen Doppelmord zu begehen.
Eine Theorie, das lehre ich in meinen Vorlesungen, muss zu allen Tatsachen passen. Tut sie das nicht, nimmt man die Tatsache unter die Lupe. Sind sie unwiderlegbar, muss man seine Theorie entsprechend ändern.
In diesem Fall hatten die meisten anfangs bekannten Tatsachen auf eine falsche Theorie hingewiesen. Aber jetzt hatte ich eine Universaltheorie, die alles erklärte: die sogenannten archäologischen Grabungen auf Plum Island, das luxuriöse Rennboot, das teure Miethaus am Strand, das Ankern der Treponema vor Plum Island, die Mitgliedschaft in der Peconic Historical Society, den Kauf eines scheinbar wertlosen Grundstücks an der Meerenge und vielleicht sogar die Englandreise der Gordons. Berücksichtigte ich noch die aus Spaß gesetzte Piratenflagge, die verschwundene Aluminium kiste und die achtstellige Zahl auf ihrer Seekarte, hatte ich eine solide Universaltheorie, die alle diese scheinbar unzusammen hängenden Dinge miteinander verknüpfte.
Oder - und das war das große Oder - mein Gehirn war durch Blut- und Sauerstoffmangel geschädigt, und ich täuschte mich gewaltig, verfolgte eine völlig falsche Spur und war geistig nicht mehr fit genug, um als Kriminalbeamter tätig zu sein, sondern musste froh sein, wenn ich noch Fußstreife auf Staten Island gehen durfte.
Auch das war möglich. Ich meine, ich brauchte mir nur Nash und Fester anzusehen - zwei einigermaßen intelligente Kerle, denen alle Ressourcen der Welt zur Verfügung standen und die trotzdem auf einer völlig falschen Spur waren. Diese beiden waren nicht dumm, aber durch ihre begrenzte Weltsicht eingeschränkt: internationale Intrigen, biologische Krieg führung, internationaler Terrorismus und dergleichen. Vermut lich kannten sie Captain Kidd nicht mal dem Namen nach. Umso besser.
Jedenfalls gab es trotz meiner Universaltheorie weiterhin Dinge, die ich nicht wusst e oder nicht verstand. Ich glaubte, das Tatmotiv zu kennen, aber ich wusste nicht, wer die beiden ermordet hatte. Fest stand nur, dass er oder sie sehr clever war. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die Gordons ein Verbrechen mit einem Idioten geplant hatten.
Einer der Punkte auf der vor meinem inneren Auge stehenden Landkarte dieses Falls waren die Tobin Vineyards. Selbst jetzt, wo ich auf Captain Kidd gesto ßen war und meine Universaltheorie entwickelt hatte, war mir nicht recht klar, wie die Beziehung zwischen Fredric Tobin und den Gordons ins Gesamtbild passen sollte.
Nun, vielleicht konnte ich das... Ich fuhr zu den Tobin Vineyards.
20. Kapitel
Der wei ße Porsche des Besitzers stand auf dem Parkplatz. Ich parkte, stieg aus meinem Jeep und ging zur Weinkellerei hinüber.
Das Erdgescho ß des Mittelturms verband die einzelnen Ge bäudeflügel miteinander, und ich betrat es vom Empfangsbereich
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