John Medina - 02 - Gefaehrliche Begegnung
wäre vor ihren Augen erschossen worden, wenn sie die Aufmerksamkeit nicht auf sich gelenkt hätte.
»Was zum Teufel hast du dir bloß dabei gedacht?«, sagte sie und lehnte sich stirnrunzelnd zurück. Endlich konnte sie ihm die Frage stellen, die ihr im Kopf herumspukte, seit sie wieder zu Bewusstsein gekommen war. »Warum bist du so auf Ronsard losgegangen?«
»Der Scheißkerl hat dir eine Knarre an den Kopf gehalten«, erwiderte er schlicht. »Und da habe ich die Beherrschung verloren. Das scheint mir des Öfteren zu passieren, wenn es um dich geht.«
»Das kann nicht so weitergehen.«
»Ich versuche mich zu bessern.« Sein Ton war trocken – sehr trocken.
»Dieser Deal mit Ronsard – ich habe noch nicht mit Mr. Vinay darüber gesprochen. Geht das?«
»Ob es geht? Die sind ganz aus dem Häuschen vor Freude.«
»Ich fand, dass es keine schlechte Idee wäre. Alles, was er will, ist Geld, um die Kosten für Laures Behandlung zu bezahlen; es ist ihm egal, wo’s herkommt oder wie er es kriegt.« Sie hielt inne. »Kannst du denn ein Herz für sie auftreiben?«
»Wir versuchen es. Die Chancen stehen schlecht, aber wir bemühen uns trotzdem.« Er seufzte. »Und wenn wir ein Herz für sie finden, dann bedeutet das, dass ein gesünderes Kind nicht diese Chance bekommt.«
»Aber mit den Informationen, die Ronsard euch liefern kann, lassen sich viele Leben retten.«
Sie schwiegen. Es war nicht einfach. Für beide Seiten gab es viele Für und Wider. Wo man dabei stand, hing wohl davon ab, ob es um das eigene Kind ging oder nicht, dachte sie. Sie konnte Ronsards absolute Hingabe an seine Tochter verstehen, aber jemand, dessen eigenes Kind auf ein Herz wartete, bestimmt nicht.
Sie legte die Hände auf die Sessellehnen und stemmte sich langsam in die Höhe. John erhob sich ebenfalls, machte ein besorgtes Gesicht und streckte ihr die Hände hin, als wäre sie ein Kleinkind, das gerade die ersten Schritte unternahm. Sie feixte zu ihm auf. »So zerbrechlich bin ich auch wieder nicht.«
»Für mich schon«, sagte er, und für einen Moment verzerrte sich sein Gesicht; er dachte wohl an diese schrecklichen Minuten zurück. »Spiel bloß nicht noch mal die Heldin, hörst du? Schluss damit.«
»Ich soll das also besser dir überlassen, wie?«
Er holte tief Luft. »Ja, genau. Überlass das mir.«
»Das kann ich nicht.« Sie schlang die Arme um seine Taille und legte den Kopf an seine Brust. »Helden sind dünn gesät. Wenn man einen findet, muss man gut auf ihn aufpassen.« Wie glücklich sie sich doch schätzen konnte, dachte sie. Sie durfte gleich zwei solche Männer lieben und wurde wieder geliebt. Dallas und John – beides in jeder Hinsicht außergewöhnliche Männer.
Langsam und äußerst behutsam streichelte er über ihren Rücken, um ihr nicht versehentlich wehzutun. »Genau das finde ich auch.«
Niema barg das Gesicht an seiner Brust und sog tief den männlichen Duft seiner Haut in sich ein. Sobald er sie berührte, hatte sie den Faden verloren. »Was meinst du?«
»Wenn man eine Heldin findet, muss man gut auf sie aufpassen.« Er hob ihr Kinn zu sich auf. »Partner?«
Ein langsames, entzücktes Grinsen machte sich auf ihrem Gesicht breit und ließ sie gleich weniger zerbrechlich wirken. »Partner«, sagte sie fest und gab ihm die Hand darauf.
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