John Sincalir - 0970 - Der Werwolf, die Hexe und wir (2 of 3)
darüber, aber sie ist die beste Wünschelrute, die man sich vorstellen kann. Sie reagiert auf die oft versteckte und verborgene Magie hinter den Wänden oder im Boden. Sie kann eben die magischen Knotenpunkte aufspüren, und sie hat auch gemerkt, daß du etwas bei dir trägst, daß sie mir unbedingt zeigen will, denn sie reagiert auf die Kraft deines Kreuzes. Die Alraune reagiert auf viel. Man kann keine Trennung zwischen Gut und Böse oder einem positiven und einem negativen Wesen machen. Sie ist einfach da, und sie kommt dabei auch ihrer Bestimmung nach. Du darfst sie nicht als einen Feind ansehen. Nimm sie einfach hin.«
Ich ließ mir die Worte durch den Kopf gehen und nickte nach einer Weile.
Suko runzelte die Stirn. In seinen Blick hatte sich so etwas wie Mißtrauen eingeschlichen. Ihm kamen die Dinge nicht geheuer vor, denn eine derartige Manipulation des Kreuzes hatten wir beide noch nicht erlebt. Aber sie war nicht tragisch, denn die Kraft der Alraunenhände veränderte das Kreuz ja nicht. Sie nahmen ihm nicht seine Wirkung, sie verformten es nicht, sie schafften es nur von der Ruhelage in eine Bewegung hinein, die allmählich abflachte, wie ich genau spürte.
Ich stieß die Luft aus. Es fiel mir verdammt schwer, mich an diese Neuigkeiten zu gewöhnen, aber ich nahm sie hin, und möglicherweise brachten sie uns auch ein Stück weiter. Bisher aber traten wir nur auf der Stelle.
»Gut«, faßte ich praktisch in dem einen Wort zusammen. »Damit wäre einiges geklärt. Ich nehme es auch hin, denn ich weiß, daß dem Kreuz keine direkte Gefahr droht, aber über den eigentlichen Sinn unserer Zusammenkunft haben wir kaum gesprochen.«
»Zudem ist unsere Zeit begrenzt!« fügte Suko noch hinzu. »Was willst du eigentlich, Cursano?«
»Ich muß weg.«
»Aber nicht ohne uns.«
Er bewegte seinen Kopf. »Ja, nicht ohne euch. Ich habe euch etwas versprochen, und ihr habt mir ein Versprechen gegeben. Wir werden uns beide auch weiterhin daran halten. Ich hatte sowieso vor, diese Gegend zu verlassen, aber jetzt wird es schneller gehen, denn ich möchte euch einen geheimnisvollen Ort zeigen, von dem nur wenige etwas wissen.«
»Wir hören«, sagte Suko.
Cursano senkte seine Stimme. Er sah zudem aus, als müßte er nachdenken und sich jedes Wort genau überlegen. »Dieser Ort liegt fern von hier, aber nicht zu fern. Wir werden nach Norden fahren müssen, hinein in das schottische Hochland. Hinein in die Einsamkeit, denn dort befindet sich die unheimliche Stätte.«
Ich blieb ebenso gelassen wie mein Freund Suko und sagte: »Okay, jetzt wissen schon etwas mehr. Was wird uns dort erwarten?«
Wir erhielten eine Antwort, über die wir beinahe laut gelacht hätten. »Viel Natur. Einsamkeit. Wälder, Berge und Seen. Nur wenige Menschen.«
»Ist das alles?« fragte Suko.
»Nein, denn dort wächst ein Felsen in die Höhe. Unter ihm treffen sich die magischen Meridiane, denn dieser tafelartige Berg, den ich bisher nur in meinen Träumen sah, ist ein verwunschener und gleichzeitig verfluchter Ort.«
Das hörte sich alles ziemlich märchenhaft an. Fremde hätten darüber gelacht, aber wir hielten uns zurück, denn uns war wirklich so gut wie nichts fremd.
Suko war mißtrauischer als ich. »Stimmt das auch?«
»Wir spielen mit offenen Karten, nicht?«
»Das hoffe ich.«
»Dann müssen wir auch hin.«
Er runzelte die Stirn, was bei seiner Haut doch komisch aussah. Wie kleine, graue Fleischrollen sah das Muster aus. Der Blick war wieder in die Ferne gerichtet, aber seine Augen leuchteten nicht mehr in dieser markanten Helligkeit.
»Nördlich von Stirling, das weiß ich. Aber ich kann keinen genauen Namen nennen.«
»Schön, wir fahren, dann durch die Gegend und hoffen …«
»Ich werde es finden!« unterbrach er Suko. »Ich weiß es. Meine Kraft wird mich leiten.«
»Und auf wen werden wir treffen?« fragte ich. »Willst du dort auch wieder eine junge Frau holen?«
»Nein, diesmal nicht. Ich wollte ihr nur zeigen, daß ich noch da bin. Ich habe sie ja schon einmal aus dem Sumpf geholt, aber dort oben erwartet uns etwas anderes.«
»Kein Blut, das aus der Erde kommt?«
Er schaute Suko nicht an, sondern schüttelte nur den Kopf. »Kein Blut«, flüsterte er. »Dafür etwas, das viel schlimmer, mächtiger und auch grausamer ist.«
»Du weißt wirklich nicht mehr?«
»Nein! Aber es drängt in mir. Allein würde ich es kaum schaffen, doch nun seid ihr bei mir, und so wird sich auch Mandragoros Prophezeiung
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