John Sincalir - 0970 - Der Werwolf, die Hexe und wir (2 of 3)
Tafelbergs. Genau dort sollte er hin.
Wieder jaulte er auf. Es hörte sich ungewöhnlich an. Als wollte er seinen fernen Auftraggeber um Verzeihung bitten oder ihn dazu verführen, ihn von diesem Auftrag zu entbinden.
Nichts dergleichen geschah.
Er mußte weiter.
Und er ging weiter.
Langsamer jetzt und tappend. Schritt für Schritt, den Kopf gesenkt, das dichte Fell noch immer gesträubt. Unter ihm lag das Tal. Hätte er den Kopf gedreht, so hätte er sogar die Oberfläche des Sees erkennen können, aber sein Sinnen und Trachten war nach vorn gerichtet, gegen den Berg.
Er befand sich jetzt am Fuß des Tafelbergs. Das Gras war hier beinahe völlig verschwunden. Nur Steine weit und breit, viele lose, die sich bei der geringsten Berührung in Bewegung setzten.
Der Wolf blieb stehen, als es nicht mehr weiterging. Wellenartig nebeneinander liegende Felsen versperrten den weiteren Weg. Dahinter baute sich der Berg auf, der doch nicht so glatt war, wie er aus der Ferne ausgesehen hatte.
Auch diese Wand zeigte Vorsprünge, Risse und Mulden.
Das Tier stand davor. Den Kopf etwas erhoben, so daß er in die Höhe schauen konnte.
Es bewegte sich nichts. Niemand kam. Keiner wollte ihn töten, aber das Tier litt unter seiner Angst so deutlich, wie es jedes andere Lebewesen auch getan hätte.
Dann entdeckte er doch etwas.
Gar nicht mal weit von seinem Augenpaar entfernt war ein großes Zeichen in den Fels hineingehämmert worden. Ein Kreis, in dem sich zwei Dreiecke befanden, die ineinandergeschoben waren.
Das Tier konnte damit nichts anfangen, denn es kannte die Bedeutung dieses Zeichens nicht, aber es spürte mit einem sicheren Instinkt, daß er keinen Schritt mehr weitergehen mußte.
Das Zeichen lockte ihn.
Er sah nichts anderes mehr.
Und dann geschah es!
Für einen Moment erschien dort das Gesicht eines Menschen. Nur der Kopf, leicht zurückgelehnt, die Augen geschlossen, den Mund fest zugedrückt, wie ein Toter.
Im nächsten Augenblick glühten die Dreiecke in dem Kreis auf, als wären sie mit Blut erfüllt. Die Wand strahlte wie ein Ofen Hitze ab.
Das Tier kam nicht mehr weg. Der Boden, auf dem es stand, verwandelte sich innerhalb kürzester Zeit in eine heiße Platte, und somit nahm der schreckliche Tod des Wolfes seinen Lauf …
*
Er riß sein Maul noch weiter auf. Der klagende Schmerzlaut schaffte es nicht mehr, ins Freie zu gelangen, und so litt das Tier lautlos. Sein Fell sträubte sich noch mehr, als wollte es sich vom übrigen Körper ablösen.
Zugleich aber kroch etwas durch die Lücken des Fells, um wenig später in die Höhe zu steigen.
Es war dichter, grauer Rauch, der so eklig stank, als hätte jemand Fleisch auf einen zu heißen Grill gelegt, wo es innerhalb kürzester Zeit verkohlte.
Das traf auch zu. Die andere Kraft hatte dafür gesorgt. Der Wolf bekam nicht den Hauch einer Chance. Er stand auf dem Fleck, als hätte man ihn angenagelt, und er litt wahnsinnig unter den Qualen dieses furchtbaren magischen Feuers.
Es tobte in seinem Innern, aber es flackerte nicht. Es war die Glut der Hölle, die der Satan persönlich hervorgeholt hatte, um eine Kreatur auf seine Art und Weise zu vernichten.
Der Rauch blieb. Er fand überall seinen Weg und hüllte den sterbenden Wolf nur kurz ein, denn der hier oben wehende Wind trieb ihn zumeist weg. Das Fell brannte mit nicht sichtbarer Flamme. Es veränderte sich nur und verlor seine gesunde braune Farbe. Es fiel zusammen, so daß die Reste aussahen, als wäre Asche dabei, vom noch existierenden Körper des Wolfs zu rieseln. Auch das Fell an seinem Kopf wurde in Mitleidenschaft gezogen. Es löste sich unter der immensen Hitzeeinwirkung ebenfalls auf, rieselte zu Boden, drückte die Augen des Tieres aus den Höhlen, und sorgte mit einem letzten Schub dafür, daß die noch bestehenden Reste endgültig abglitten.
Zurück blieb – ein Skelett!
Ein Knochengerüst aus Beinen, einer waagerecht liegenden Wirbelsäule, der Schnauze, dem Kopf, aber ohne einen Fetzen Haut und natürlich ohne Fell.
Noch einmal strömte die Hitze hinein.
Alle Knochen glühten auf. Es gab keinen Fleck, den dieser Hitzestoß nicht erreichte. Sekundenlang sah der Wolf aus wie ein Gemälde, dann brach er zusammen.
Dabei entstanden nur leise Geräusche, denn die unheimliche Glut hatte die Knochen von innen verkohlt.
Zurück blieb nur Asche, und die würde der Wind innerhalb kurzer Zeit weggeweht haben.
Der Felsen war wieder normal geworden. Kein Kreis, kein Gesicht. Er
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