John Sinclair - 0978 - So jagten wir Shimada
war lautlos gestorben. Daß sein Kollege trotzdem etwas bemerkte, lag an dem Geräusch des aufschlagenden Körpers. Der Mann fegte auf der Stelle herum. Er sah seinen Partner auf dem Boden im eigenen Blut liegen, und ihm wurde schlagartig bewußt, in welcher Gefahr auch er sich befand.
Sofort wollte er, seine Waffe hochreißen, um zu schießen.
Shimada ließ ihn dazu nicht mehr kommen. Er lag nicht mehr, sondern stand auf den Beinen. Ausgeholt hatte er bereits. Es war eine Sache von Sekunden, bis auch der zweite Wurfstern traf.
Er fräste sich ebenfalls in das Gesicht des Mannes, aus dem das Blut als Schwall hervortrat. Die Waffe bekam der Soldat nicht mehr hoch. Er konnte auch nicht abdrücken und die anderen somit warnen. Im Stehen starb er bereits.
Shimada war zufrieden. Vier Tote innerhalb weniger Minuten – ohne den Einsatz seiner Magie, das zeigte ihm, daß er noch nichts verlernt hatte.
Jetzt waren noch acht übrig.
Vier Paare.
Er wußte, wo sie sich aufhielten. Und Shimada machte sich auf den Weg …
*
Gazza sah aus wie jemand, der den Schock seines Lebens hatte einstecken müssen. Er winkte uns mit seinem hochmodernen Sprechgerät, als sollte es uns ebenfalls eine Bestätigung geben. Er stand in der Zelle und hatte für nichts mehr einen Blick. Ein Mann, der von einem Augenblick zum anderen krank geworden war oder die Nachricht erhalten hatte, daß sein Leben nur noch einen Tag dauern würde.
Alle tot, hatte er gesagt. Diese Botschaft schoß mir durch den Kopf. Ich dachte dabei auch an die Mönche, die auf so grausame Art und Weise umgebracht worden waren. Allmählich verwandelte sich die Insel in ein Massengrab, wenn die Annahme des japanischen Kollegen stimmte. Noch wollte ich es nicht glauben, auch Suko schüttelte den Kopf. Nicht so Yakup. Er nickte, als wüßte er Bescheid, denn er kannte seinen Todfeind Shimada am besten.
Der kräftige Türke strich mit einer Hand über seine Waffe. Dieses Schwert konnte ebenfalls als eine Legende bezeichnet werden, und im Nahkampf gegen Shimada würde es dessen Schwert schon Paroli bieten können. Soweit waren wir noch nicht. Wir standen da, waren zunächst beinahe so entsetzt wie Gazza, der abermals den Mund öffnete und mit schon röchelnder Stimme flüsterte: »Sie melden sich nicht. Sie müssen tot sein. Niemand hat meinen Ruf gehört.«
Ich wollte ihm eine Brücke der Hoffnung bauen, als ich sagte: »Kann es nicht sein, daß die Geräte einen Defekt haben?«
»Nein. Sie sind okay. Sie sind das Beste, was es auf dem Markt gibt. Ich weiß das.«
»Schon. Aber gewisse Störungen sind immer vorhanden. Sie brauchen nicht mal einen natürlichen Ursprung zu haben. Wir haben es hier mit außergewöhnlichen Kräften, vielleicht auch Schwingungen, zu tun. Denn hier vermischen sich Magie und Technik.«
Gazza schüttelte nur den Kopf.
Yakup stellte sich auf seine Seite. »Der Mann hat recht«, sagte er. »Seine Leute leben nicht mehr.«
»Und woher weißt du das?«
Beinahe amüsiert schaute mich der Ninja-Kämpfer an. »Weil ich Shimada am besten kenne. Ich weiß, wie stark er ist, aber auch wie rücksichtslos. Er läßt keinem Feind eine Chance. Und die Soldaten draußen sind Feinde, das wissen wir.«
»Dann wird er auch zu uns kommen!« flüsterte Eva Karman.
»Ja.«
Die junge Frau mit dem feingeschnittenen Gesicht senkte den Kopf. Die Haare wehten vor ihren Augen entlang wie ein weicher Vorhang, und sie nickte einige Male. »Ich wußte es«, flüsterte sie.
»Ich wußte, daß ich hier nicht sicher bin. Er ist einfach zu stark. Ein mächtiger Dämon, der alles aus dem Weg räumt.«
Da sagte sie uns nichts Neues, denn das hatten auch wir schon einige Male mitbekommen. Trotzdem war es uns nicht gelungen, Shimada zu stellen und endgültig auszuschalten, und ich merkte ebenfalls, wie die Wut in mir hochstieg und sich zugleich eine schon unnatürliche Kälte in meinem Innern ausbreitete.
Gazza verlor die Nerven. Wenn das bei einem Menschen wie ihm passierte, mußte es ihn schon hart getroffen haben. Er schleuderte das Sprechfunkgerät zu Boden und trat einige Male mit der Hacke darauf, so daß es unter lautem Knacken zerbrach. »Ich werde mit dieser Schande des Versagens nicht leben können«, erklärte er. »Ich muß meinen Vorgesetzten gegenüber Rechenschaft ablegen. Wie soll ich ihnen erklären, daß die zwölf Soldaten tot sind? Wie?«
»Es ist nicht Ihre Schuld, Gazza«, sagte ich.
Ein stechender Blick traf mich. »Nicht meine Schuld?
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