John Sinclair - 0981 - Der Fluch des alten Kriegers
hatte.
Da kamen wirklich nur die vier Ninja-Kämpferinnen in Betracht, über die wir nicht eben positiv dachten.
Ich war schon im Begriff, meine Wohnung zu verlassen, als sich das Telefon meldete. Als pflichtbewußter Mensch ging ich wieder zurück in den Wohnraum und hob ab.
»John Sinclair …?«
»Ja!«
»Ich bin es – Camacho.«
»Guten Morgen«, sagte ich. »Dein früher Anruf wundert mich. Gibt es etwas Neues? Stehen irgendwelche Probleme an?«
»Nein, das nicht. Es ist nicht wirklich«, flüsterte er. Ich hatte Mühe, seine Stimme zu verstehen. »Aber ich spüre, daß uns etwas belauert, begreifst du?«
»Noch nicht. Du müßtest schon genauer werden.«
»Das kann ich nicht. Ich habe es nur gespürt. Schon während meines Abschieds von Yakup merkte ich den anderen Einfluß, der sich hineindrängte.«
»Was schließt du daraus?«
»Daß noch nicht alles vorbei ist.«
»Ja, das denke ich auch. Wirst du trotzdem an der Beerdigung teilnehmen?«
Der Apache zögerte, als müßte er sich erst noch entscheiden. »Ich kann es mit Bestimmtheit sagen. Auch wenn du mich nicht siehst, darfst du dich nicht wundern. Ich werde da sein und die Augen offenhalten.«
»Hast du Angst vor einer Verhaftung und der Rückführung in die Staaten?«
»Nein. In meinem Alter steht man darüber. Daran denke ich nicht. Nur noch eine Warnung. Halte auch du die Augen offen. Die Feinde schlafen nicht.«
»Danke, Camacho, daran werde ich denken.«
»Einen schönen Tag noch.«
»Dir auch.«
Ob es wirklich ein guter oder schöner Tag werden würde? Man sagte es so einfach dahin. Es war halt so üblich.
Ich warf noch einen Blick durch das Fenster. Der Sonnenschein war verschwunden. Eine dichte Wolkendecke schien den Menschen zeigen zu wollen, wie traurig diese Welt war.
Das Wetter paßte zu einer Beerdigung, obwohl es mir ein wenig zu schwül geworden war.
Shao und Suko hatten schon auf mich gewartet. Ihr Lächeln fiel ein wenig gequält aus, als ich mich zu ihnen setzte. Shao war in Schwarz gekleidet. Bei ihr allerdings nichts Ungewöhnliches. Sie trug eine dunkle Samthose, ein schwarzes Top, das von Silberfäden durchzogen war, und die dunkle, kurze Jacke, die ich bereits an der Garderobe gesehen hatte.
»Gibt es etwas Neues?« fragte Suko.
Ich aß einige Gabeln Rührei, das Shao mit Krabben veredelt hatte, und nickte. »Ja, Camacho rief an.«
»Und?«
»Er hat uns vor einer Gefahr gewarnt, die er selbst nicht einschätzen oder erkennen konnte. Er war der Meinung, daß dieser Fall sein Ende noch nicht gefunden hatte.«
»Die vier Kämpferinnen«, flüsterte Shao. Sie streckte sich dabei. Die Nachwirkungen der »Behandlung« durch Ornella und ihre Freundinnen waren noch nicht abgeklungen. Shao hatte kopfüber an einem Seil gehangen! Seitdem litt sie unter Muskelkrämpfen und Sehnenschmerzen.
»Das wird er auch gemeint haben«, bestätigte ich.
»Bisher haben sie sich gut versteckt gehalten«, meinte Suko.
»Was heißt das schon? Wenn ich will, findet mich auch niemand in London. Denk nur an den Trubel des Historischen Markts. Da sind sie nicht weiter aufgefallen. Die sind verdammt raffiniert und schlau. Wir werden die Augen offenhalten müssen.«
»Wenn du das so sagst, rechnest du mit einem Angriff.«
Ich hob die Schultern.
»Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als bewaffnet zur Beerdigung zu gehen«, sagte Suko. Er senkte dabei den Kopf und runzelte die Stirn.
»Ich habe schon überlegt, ob ich die Krone der Ninja nicht mitnehme und dort als Unsichtbarer erscheine.«
»Das ist dein Problem.«
»Was meinst du, Shao?«
Die Chinesin hob ihre halbvolle Teetasse. »Ich kann mich mit dem Besitz dieser Krone nicht anfreunden. Ich weiß nicht, ob es gut ist, daß wir sie bei uns behalten. Sie sollte eingeschlossen werden, ebenso Yakups Schwert.«
»Eingeschlossen? Wo denn?«
»In einem Banktresor.«
»Nein!« widersprach Suko heftig. »Das auf keinen Fall.«
»Ich möchte beide Dinge aber nicht bei mir haben«, erklärte Shao mit entschlossener Stimme. »Nicht, daß ich mich fürchte, aber der Besitz dieser beiden Dinge wäre immer ein Grund, uns anzugreifen. Wir sind nicht die einzigen, die davon wissen. Ich möchte ja nicht, daß wir sie in den Müll werfen, überspitzt gesagt, aber ich möchte sie schon außerhalb der Wohnung wissen.«
»Das kann ich nachvollziehen«, sagte ich.
»Und wohin sollen wir die …?«
»Zum Yard, Suko.« Ich hatte meinen Freund nicht ausreden lassen.
»Auch wir besitzen
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