JoJo Und Ich

verspielt und freundlich ist, wir alle haben es selbst gesehen oder darüber gelesen. Nun stellen Sie sich Folgendes vor: Sie schwimmen für sich allein ein wenig abseits der Menge, und plötzlich werden Sie von etwas gerammt, sehr heftig gerammt, und zwar von hinten, was für sich schon eine Herzattacke auslösen kann. Sie drehen sich um und sehen unmittelbar vor sich das weit aufgerissene Maul dieses großen Delfins. Sie wollen wegschwimmen, aber er ist natürlich schneller. Er kommt heran und stößt Ihnen heftig gegen die Brust, immer wieder. Sie schreien um Hilfe, aber es kommt niemand, und dann heißt es auch noch: »Nur keine Angst, er tut nichts.« Sie sind in Panik, alles tut Ihnen weh, und Sie wissen nicht, wo JoJos nächster Stoß Sie treffen wird. Genau das ist mir heute Nachmittag passiert. Ich kann von Glück sagen, dass ich mit ein paar Blessuren davongekommen bin. Der Nächste hat dieses Glück vielleicht nicht mehr.
    Mei Wah Yee
    (Urlauber aus Hongkong)
    Darauf musste ich natürlich sofort antworten. Der Höhepunkt der Tourismussaison stand bevor, und nichts konnte dem JoJo- Projekt so sehr schaden wie Gerüchte über seine angebliche Angriffslust. Ich wollte mit meinem Artikel aufklärend wirken, doch leider titelte die Zeitung »Delfinliebhaber verteidigt JoJo«. Ich schrieb:
    Lieber Mei Wah Yee,
    ich schreibe diese Antwort, um Ihren in den Turks and Caicos News veröffentlichten Brief ins rechte Licht zu rücken.
    Denken wir zunächst an die schwierige Lage, in der sich die Delfine befinden. Tausende fallen jedes Jahr dem Thunfischfang zum Opfer oder werden vor der Küste der japanischen Insel Iki und anderswo abgeschlachtet. Alle diese Delfine kämpfen um ihr Leben, werden aber selbst in dieser Lage nicht zu »Angreifern«.
    Delfine sind intelligent und legen in der Gegenwart von Menschen, vor allem von Kindern, ein durchweg zahmes Verhalten an den Tag. Hätte JoJo Sie in der Weise angegriffen, wie ich ihn Haie habe angreifen und töten sehen, wären Sie nicht mehr dazu gekommen, Ihren Brief zu schreiben. Ich möchte damit sagen, dass JoJo Menschen nicht »an greift«. Er warnt sie nur, wenn er sich beengt und bedroht fühlt. Um die Dinge zu klären, müssen wir das Wort »angreifen« streichen und uns klarmachen, dass JoJo sich lediglich verteidigte.
    JoJo wird sich immer zuerst mit Lauten mitzuteilen versuchen, bevor er seinen Bedürfnissen mit einem Rempler oder Flossenschlag Nachdruck verleiht. Das kann man beobachten, wenn jemand auf ihn herunterspringt oder nach ihm greift oder wenn er eingekesselt wird.
    Sicher haben Sie Ihren Brief gleich nach dem Vorfall geschrieben, als Sie noch sehr aufgeregt waren. Sehen wir uns die Situation am besten einmal genau an. Ich habe JoJo über viele Jahre beobachtet und sein Verhalten in für ihn über sichtlichen und unübersichtlichen Situationen dokumentiert.
    Sie haben sich meines Wissens im Club Med befunden. Für den Fall dürfen wir wohl annehmen, dass es sich um eine unübersichtliche Situation gehandelt hat. Sie befanden sich in Strandnähe und in der Nähe einer Menschenmenge, bei der sich JoJo aufhielt. Dann wurden Sie von JoJo gestoßen. Ich weiß, dass er es überhaupt nicht verträgt, ringsum von Menschen umgeben zu sein, die ihm womöglich auch noch nachsetzen. Sie werden wissen, dass Fluchtimpulse normal sind, wenn man sich eingekesselt fühlt, und das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere, insbesondere für ein Wildtier wie JoJo.
    Wenn JoJo von Menschen umgeben ist, behält er immer einen möglichen Fluchtweg im Auge. Er sorgt für seine Sicherheit. Solange er sich dieses Flucht- oder Rückzugsweges sicher ist, spielt es keine Rolle, wie viele Leute um ihn herum sind, seien es Erwachsene oder Kinder. Normalerweise besteht dieser Fluchtweg in einer geraden Linie zum tieferen Wasser. Solange er diesen Weg als für sich offen ansieht, kann man sich stundenlang mit ihm vergnügen.
    Wichtiger als sein Interesse an Menschen ist natürlich sein Überlebensinstinkt. Wenn sein Fluchtweg versperrt und er von lauter Menschen umgeben ist, kommen Flucht impulse auf. In diesem Fall waren leider Sie es, der JoJo seinen geplanten Fluchtweg unwissentlich abschnitt. JoJo lässt in solch einem Fall zuerst eine Art Pfeifen hören und schwenkt den Kopf, um zu zeigen, dass er sich bedrängt fühlt. Wird das nicht verstanden oder nicht beachtet, schiebt er das Hindernis aus dem Weg. Das macht er mit seinem Schnabel. Hilft das nicht gleich, wird