JoJo Und Ich
war. Nach dem Unfall hatte er sich sofort davongemacht und wurde seither nicht mehr gesichtet.
Ich ging an den Strand und rief JoJo. Nichts. Mir fiel eine andere Stelle ein, an der ich ihn suchen konnte, aber sie lag weit entfernt und nach dem Unfallbericht war es zweifelhaft, ob er überhaupt noch so weit schwimmen konnte. Also wartete ich lieber ab. Vielleicht kam er ja doch noch und war nur langsamer als sonst. Lange Minuten vergingen. Strandgänger fragten nervös, ob schon etwas zu sehen sei.
Als JoJo schließlich kam, hielt er sich ein Stück weit draußen bei den Liegeplätzen, wo eines der Boote, bei denen er gern schlief, festgemacht hatte. Ich ging ein Stück den Strand entlang, weg von all den Leuten. JoJo sah mir nach und kam dann auch langsam hinter mir her. Hier, wo es stiller war, schwamm er auf mich zu. Ich richtete mich auf, holte tief Luft und ging mit dem Schnorchel ins Wasser, um mir JoJos Verletzungen anzusehen.
Die ganze linke Körperseite entlang lief eine gut sieben Zentimeter breite Abschürfung, die hinter dem Auge begann und bis zum Schwanz reichte, wohl durch den über ihn hinwegrutschenden Bootsrumpf verursacht. Gleich hinter dem linken Auge sah ich zwei große Vertiefungen von je ungefähr fünfzehn Zentimetern Durchmesser. Ich konnte nicht beurteilen, ob unter der Haut wichtige Körperteile betroffen waren, ließ aber Ängste gar nicht erst aufkommen, weil ich jetzt vor allem einen klaren Kopf brauchte. Senkrecht zu der Abschür fung verliefen quer über die beschriebenen Eindrücke drei lange Einschnitte der Bootsschraube, je etwa dreißig Zenti meter lang. Der größte Aufprallpunkt war offenbar die Stelle hinter dem Auge, gleich über der Brustflosse und bis fast zur Rückenflosse.
Der Unfall hätte ihn offensichtlich auf der Stelle töten können – aber er lebte! Bei einem derartigen Aufprall hätte er bewusstlos werden können und wäre dann ertrunken. Zum Glück hatte die Bootschraube sein Auge nicht verletzt und wohl auch keine Hauptschlagader getroffen. Die Eindrücke lagen allerdings bedenklich nah an seinem Kopf. Angesichts der offenbar hohen Wucht des Zusammenpralls war mit Komplikationen zu rechnen.
Ich rief den Tierarzt an und beschrieb ihm die Verletzungen. Er meinte, JoJo habe durchaus eine Chance, wenn er nicht verblutete und ich seine Verletzungen behandelte. Sorgen machten ihm vor allem die beiden tiefen Eindrücke, hinter denen sich Beschädigungen innerer Organe oder Skelettteile verbergen konnten.
JoJo litt nach wie vor unter den Folgen der Verletzungen durch die Rochenstachel, einer befand sich sogar noch in seinem Körper, und jetzt hatte er sich schon wieder neue Wunden zugezogen. Ein weiteres Mal schaltete ich mein Heilernetzwerk ein. Als Erstes rief ich meine Mutter an.
»Tag, Mama«, sagte ich, als sie abnahm, »wie geht’s?«
»Dean, wie schön, dich zu hören«, antwortete sie mit ihrer melodischen Stimme, die nicht nur auf mich beruhigend wirkte, sondern auch auf all die kranken und verletzten Menschen, mit denen sie es bei ihrer Arbeit als ganzheitlich orientierte Heilerin zu tun hatte. Mit untrüglichem Gespür fügte sie hinzu: »Aber du rufst doch bestimmt nicht nur an, um dich nach deiner Mama zu erkundigen, stimmt’s?«
Meine Mutter arbeitete unter anderem mit Aromatherapie und Reiki, und mit ihrer erstaunlichen Intuition vermochte sie vielen Menschen in der von ihr betreuten Hospizstation zu helfen. Darüber hinaus stand sie mit Heilern auf der ganzen Welt in Verbindung, lernte neue Methoden und verband sich mit ihnen, um die Energien des Universums gezielt für Gesundheit und Heilung einzusetzen.
»JoJo ist wieder einmal schlimm verletzt worden, Mama, von einem Boot. Medizinisch tun wir alles Menschenmögliche für ihn, ein paar Heilgebete der Weltgemeinschaft könnten aber sicher nicht schaden.«
Mama versprach, Freunde, Bekannte und spirituelle Führer der verschiedensten Traditionen einzuschalten und sie für Gebete, Meditationen und Heilgedanken in Richtung JoJo zu gewinnen. Ich würde weiter das medizinisch Notwendige veranlassen und durchführen, und zugleich würden all diese lieben Menschen meinem besten Freund gute Energien schicken.
»Ich werde JoJo visualisieren – in Licht und die Energie der Gebete getaucht«, versprach mir Mama. »Und deinem Vater sage ich auch Bescheid. Alles Liebe. Sei gesegnet.« Sie legte auf. Ihre Worte machten mir die schwere Aufgabe, JoJos entsetzliche Wunden zu versorgen, um vieles
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