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Joli Rouge (German Edition)

Joli Rouge (German Edition)

Titel: Joli Rouge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Fischer
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jemand ein Zeichen ihre Tür gemalt, das
man den ‚Drudenfuß‘ nannte, wie Émile später erfuhr.
    Die Erinnerungen an die Heimat katapultierten Émile zurück
in die Gegenwart. Im Dunkeln spürte er Jérôme, seinen besten
Freund und Gefolgsbruder, neben sich. Ungeduld ging von ihm
aus, sowie der Wille, endlich in den Kampf zu ziehen. Émile
fragte sich, wie lange sie noch ausharren mussten, bis
Michel d’Artigny, ihr Kapitän, die Kaperfahrt abblies. Die
schwarze See schien diesmal kein Glück zu bringen, und Émile
hoffte inständig, dass er bald zurück an Land durfte. Doch
bisher deutete nichts darauf hin. Die Wellen klatschten
träge an den Bug der Barke und versetzten die Männer in
einen tranceartigen Zustand. Selbst der seit einigen Stunden
auffrischende Wind gab ihnen kaum Zuversicht. Schlimmer noch
als eine stürmische See, war eine mondlose Nacht in ruhigem
Gewässer. Sie ließ den Gemütszustand der Mannschaft auf den
Nullpunkt sinken und sie Dinge sehen und hören, die ihnen
ihre müden Sinne vorgaukelten.
    »Wenn ich nicht bald meinen Enterhaken benutzen und meinen
Säbel in wertloses Spanierfleisch bohren kann, versenke ich
eigenhändig dieses Stück Treibholz! Mögen wir mit ihm
absaufen. Ohne Prise kein Anteil!«, knurrte Jérôme und
verlagerte sein Gewicht, um die steifen Muskeln zu
entlasten.
    »Aye! Was ist los mit Michel, dem Basken? Verlässt ihn
sein Glück?« Es waren die Gebrüder Lormel. Fast Kinder noch,
der eine hübsch, jedoch von einem beängstigenden Geschwür
unterhalb der Nase gekennzeichnet, der andere rebellisch und
hart, standen sie Michel d’Artigny seit ihrer Ankunft in
einer stürmischen Nacht stets zur Seite.
    »Wo sind die Schiffe, die man uns versprochen hat?«,
fragte Antoine Hantot.
    »Wann dürfen wir kämpfen?«
    Ein Dutzend Stimmen erhob sich, die der laue Wind in die
Nacht trug.
    »Schweigt!« Michels tiefe Stimme sorgte augenblicklich für
Ruhe. »Ihr winselt wie feige Hunde und macht die Spanier auf
uns aufmerksam. Wie könnt ihr es wagen, euch Bukaniere zu
nennen und dann nicht zu bemerken, dass ihre Schiffe seit
über einer Stunde backbord voraus an uns vorüberziehen?
Wacht auf Brüder, und erinnert euch an den Schwur. Die Zeit
des Wartens ist nun vorüber. Macht euch bereit zum Kampf!«
    Ein Ruck ging durch die Mannschaft. Tatsächlich, bei
genauem Hinhören war das Knarren der Taue und das Schlagen
der Segel auszumachen. Die spanischen Schiffe glitten wie
geisterhafte Schatten durch die Meerenge. Sie hatten es
eilig, denn sie nutzten jeden Lufthauch und segelten vor dem
Wind mit Kurs gen Südosten. Michel vermutete, dass ihre
Decks mit Silber gefüllt waren, das sie an die Küste von
Caracas brachten. Er hatte der Mannschaft vor der Abfahrt
erklärt, dass die
galeones de la plata
keinen Geleitschutz
benötigten, sondern von solcher Solidität waren, dass sie
allen Widrigkeiten standhielten. Sie waren mit schweren
Kanonen bestückt, die sie unter tags mit geschickten
Manövern gegen angreifende Schiffe uneinnehmbar machten,
aber Michel war überzeugt, dass sie wehrlos gegen ein im
Schutz der Nacht längsseits gehendes Ruderboot waren.
    Die Waffen der Männer klirrten gedämpft, als sie sich
ihrer versicherten. Émiles Puls beschleunigte sich. Mehr
noch als das Meer fürchtete er den Kampf. Sein Talent mit
dem Säbel war leidlich und eine Muskete in der Hand
versetzte ihn in Angst. Während sich die Männer ihre Zeit an
Land oft mit Wettschießen auf Pomeranzenbäume vertrieben,
bei denen derjenige gewann, der die meisten Früchte
abschoss, ohne sie zu beschädigen, war es Émile genug, seine
neue Heimat zu erkunden, ohne ihr Leid zuzufügen.
    »Wenn wir auf dem Schiff sind, bleib an meiner Seite,
Freund!«, raunte Jérôme und legte Émile die Hand auf den
Arm.
    Émile nickte beklommen. Jérômes Augen glitzerten, und er
glaubte, ein drakonisches Grinsen auszumachen.
    »Sei unbesorgt! Du wirst bald zurück an der Küste sein.
Diesmal nur mit einigen Achterstücken mehr und einer Sorge
weniger.« Jérômes Stimme klang amüsiert, und Émile fragte
sich, ob er sich über ihn lustig machte.
    Eine herrische Geste von Michel, die sie mehr wahrnahmen
als dass sie sie sahen, brachte sie endgültig zum Schweigen.
Die Männer griffen in die Ruder. Fast lautlos hielten sie
Kurs auf eine Galeone, die hinter dem Tross zurückgeblieben
war. Wie ein schwarzer Felsen ragte sie aus dem Wasser,
während ihr

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