Jones, Diana Wynne
Du könntest eine davon sein.«
»Nein, Majestät«, sagte ich. »Zaubern kann ich nicht.«
»Schwörst du mir dann, dass du deinen ganzen Webe-Wirbel nicht wegen eines anderen Mannes machst?«, fragte er.
Mein Herz schwoll an und hüpfte ein wenig, doch ich entgegnete: »Ich webe für keinen Sterblichen, Majestät.«
Das stellte ihn auf eine unzufriedene Weise zufrieden. Er ging zur Tür, um in den Regen hinauszublicken. Hern saß neben meinem Webstuhl an die Mauer des Eingangs gelehnt und starrte ebenfalls finster hinaus.
Wir schauen auf einen unruhigen, bewegten See. Fast zu meinen Füßen prasselt der Regen auf die Büsche. Ich blicke immer wieder auf und zwischen ihnen hindurch, denn näher bin ich echten Bergen noch nie gewesen. Sie umringen uns mit hohen grünen und noch höheren braunen Schultern und kopfartigen Spitzen, die blau und schwarz und von schwimmenden Wolken eingehüllt sind. Der Regen lässt nach, und nun höre ich das Wasser rauschen und gluckern, das Geräusch von Bächlein, die durch jede Furche laufen, einige so weit entfernt, dass sie wie weiße Schmiere erscheinen, wie die Spur einer Schnecke; andere sehe ich wogen und sprühen.
»Ich fürchte, sehr viel weiter kommen wir auf Booten nicht«, sagte der König und wandte sich ab. Er wirkte nun zufriedener.
Ich fürchte, er hat Recht. Wir werden den Strom verlassen müssen. Der Strom ergießt sich durch eine Klamm, eine Art schmaler Kluft zwischen zwei hohen braunen Bergschultern in den See, und ich glaube, dort herrscht eine reißende Strömung. Hoch über dieser Klamm, im höchsten und schwärzesten Berg, erkenne ich einen weißen Fleck; das muss die Stelle sein, an der unser großer Strom entspringt.
Hern hat sie auch gerade entdeckt.
Seither ist so viel geschehen, und ich habe so wenig Zeit, es einzuweben.
Wie ich schon sagte, blickte Hern auf die Binsen zu unseren Füßen. »Die Gezeit hat gewechselt. Sieh nur, jetzt läuft das Wasser in die andere Richtung.«
Ich lehnte mich zur Seite, damit ich an meinem Webstuhl vorbeiblicken konnte. Die kleinen Schaumflecken und die Zweige, die sich zwischen den Binsen gefangen hatten, trieben langsam am Ufer vorüber – und zwar auf den Wasserfall zu, wo der Strom aus der Klamm stürzte. »Aber die Gezeit kommt doch nicht einmal bis nach Iglingen«, wandte ich ein.
Wir hielten Ausschau nach Tanamil, um ihn zu fragen. Er stand auf der anderen Seite des Eingangs neben Robin und beugte sich über sie, während sie spann. Er bemerkte uns nicht einmal. Verliebte!
»Jay!«, rief Hern. »Hat der Strom so weit unten noch Gezeit?«
Jay kam herbei und blickte auf das Wasser. Mich beachtete er gar nicht. »Nein. Die Gezeit kommt nicht weiter als bis zum Roten Strom. Das muss ein Strudel sein. Das Wasser fließt in der Mitte sehr schnell, und dadurch werden die Ränder zurückgedrängt. Siehst du?« Sein Armstumpf zuckte hoch, als wolle er damit deuten.
In der Mitte des Sees war das Wasser so aufgewühlt, dass es dort hohe Wellen schlug. Ich konnte nicht ganz glauben, was Jay gesagt hatte. Das Wasser wallte dort wie durch die Gezeit.
Und auch zwischen den Binsen vor dem Eingang wurde das Wasser immer unruhiger. Weiß aufgeschäumt spritzte es umher. Hern und ich waren sofort durchnässt. Inmitten der weißen Gischt aber stand Mutter. Ihr Kopf und ihre Schultern schauten ganz trocken aus dem Wasser. Sie war wütend.
»Tanamil!«, sagte sie.
Tanamil fuhr auf und streckte die Hand vor, als könne er sie damit von sich schieben. »Ich darf nicht mit dir sprechen«, sagte er schuldbewusst.
»Ich muss aber mit dir reden«, entgegnete Mutter. »Du bist damit betraut, auf meine Kinder Acht zu geben, Tanamil! Wende deine Gedanken von Robin ab und kümmere dich um deine Pflicht. Kankredin naht. Seine Magier und er haben den Strom schon zur Hälfte hinter sich gebracht. Sie schieben mein Wasser vor sich her, während sie näher kommen.«
»Aber …«, sagte Tanamil. »Ohne Gull?«
»Zwitt hat verraten, dass Gull mein Sohn ist«, sagte meine Mutter. »Da ahnte Kankredin, wie man ihn überlistet hat. Er wird sich an Hern oder Robin halten. Er weiß, wo sie sind. Hol auf der Stelle den Zaubermantel vom König zurück, du Narr, und zeige Tanaqui, was sie damit zu tun hat!« In einer weißen Woge wandte meine Mutter sich ab. Ein großer weißer Schwan stieg vom See auf und erfüllte die Luft mit dem Schlag seiner breiten Flügel.
Ich glaube, der König und seine Mannen hatten meine Mutter die ganze Zeit
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