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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03 Der Fluss der Seelen
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den Augen. Überraschend ist das nicht. Die Tümpel und Kanäle im Sumpf verlaufen jedes Jahr nach dem Hochwasser woanders, und über allem hängt blassblauer Nebel. Er stammt aus den warmen Quellen unter den Sümpfen, die auch dafür sorgen, dass zu dieser Jahreszeit allerlei üppige Blumen blühen. Hin und wieder öffnen sich Nebel und Blumengewirr, und man sieht einen dunstigen blauen Teich. Dann suchten wir das trübe Wasser jedes Mal nach Zeichen für die anderen Boote ab, doch wir entdeckten nichts außer springenden und huschenden wilden Tieren.
    Auf einem dieser Teiche saßen silbrige Vögel dicht an dicht. Als unser Boot durch die Binsen brach, stoben sie wie ein Dunsthauch aus gekrümmten Schwingen auf. Ich stieß einen Angstschrei aus. »Seemöwen! Verkleidete Magier! Erschießt sie!« Die Leibwächter blickten mich bestürzt an.
    Tanamil erhob sich lächelnd. Ungesehen hatte er neben Robin gesessen. Es scheint, als haben ihre Sorgen ihre Liebe nur vertieft. Sie sind immer zusammen. Als er aufstand, scharten die Möwen sich um ihn und umschwirrten schreiend seinen Kopf, während die Leibwächter mit den Augen rollten und etwas von bösen Geistern murmelten.
    »Es sind nur Möwen«, sagte Tanamil und setzte sich wieder. Die Vögel flogen davon. »Auf See stürmt es. Sie sprechen von hohen Wellen.«
    Ich kam mir töricht vor. Schließlich konnte es auch ein Zeichen des Einen sein, mit dem er uns sagen wollte, dass Gull uns wiedergegeben wird. Nun aber, da ich webend am Ufer sitze und nicht mehr Tanamils Friedensbann unterliege, glaube ich, dass die Möwen ihm von Kankredins Zorn berichtet haben. Ich bin sehr froh, dass wir endlich aufgebrochen sind.
    Drei Tage lang habe ich nicht weben können. Wenigstens ist Robin noch immer nicht Königin geworden, und dafür müssen wir wohl den Heiden danken.
    Am Morgen nach der Fahrt durch die Sümpfe wachten wir davon auf, dass viele Menschen zwischen den Zelten am Ufer entlanghasteten. Die Katzen versteckten sich unter meinen Decken, weil die Leute Hunde bei sich hatten. Ich setzte mich auf und sah mir durch die Zeltöffnung das Durcheinander unter den Weidenbäumen an. Kinder und Esel, Männer und Hunde liefen kreuz und quer, und jeder schwenkte Laternen und brüllte. Der König war mit vom Schlaf zerknitterten Gesicht aus seinem Zelt getreten. Doch selbst als er die Leute fragte, was es mit dem Tumult auf sich habe, blieb niemand stehen oder gab ihm wenigstens eine verständliche Antwort. Wir hörten nur, dass die Herden von hinten zu uns aufschlössen. Man brüllte, der ganze Landstrich sei auf der Flucht, und floh weiter.
    »Das ist überhaupt kein Grund, die alltägliche Höflichkeit außer Acht zu lassen!«, sagte der König. »Bewegung!«
    Wir bestiegen die Boote und packten und falteten unsere Sachen, während wir ruderten. Fast wäre mein Webstuhl am Ufer zurückgeblieben. Ich bat Jay, den Leuten zu befehlen, ihn einzuladen, doch er ließ mich einfach stehen. Tanamil trug den Webstuhl zum Boot. In dem Durcheinander bemerkte es niemand.
    Seitdem fahren wir, so schnell Riemen, Segel und am Ufer treidelnde Männer uns voranbringen. Am ersten Tag reisten wir, bis wir kein Licht mehr hatten. Weil Sommer ist, vergingen bis dahin viele Stunden. Als wir landeten, waren die Männer müde und gereizt, und niemand wollte meinen Webstuhl ausladen.
    Hinter den Sümpfen ist der Strom seichter und windet sich stärker. Eine Tagesreise lang war das Ufer dicht von Weidenbäumen bestanden. An einer Stelle war ein Stamm umgeknickt und hing, noch immer lebendig, über das Wasser.
    »Ach, dieser verwünschte Strom!«, rief der König aus. »Er scheint es darauf anzulegen, meine Pläne zu durchkreuzen.«
    Unser Boot fuhr längsseits neben dem seinigen. So unmajestätisch es auch erscheinen mag, ich glaube, unser König fürchtet sich. Ich sagte ihm, dass der Eine solche Reden nicht gerne höre.
    »Dann sag ihm, er soll sich ein wenig wohlwollender benehmen«, entgegnete der König. »Bist du dir sicher, dass wir auf dem Strom reisen sollen?« Er sah mich beinahe flehend an. Auch Hern musterte mich seltsam. Er begreift nicht, warum Entchen und ich so entschlossen sind, auf dem Wasser zu reisen.
    Ich versicherte dem König, es stehe unumstößlich fest. »Warum bin ich mir eigentlich so sicher?«, fragte ich Tanamil, während die Leibwächter angestrengt die Weide hochwuchteten, damit unser Boot sich unter ihr hindurchquetschen konnte.
    »Deines Vaters Volk hat uns gebunden«,

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