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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 03 Der Fluss der Seelen
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wir standen, war sie leer, doch hinter uns waren Leute zu sehen, zwei oder drei oder noch mehr, und sie hasteten immer von uns weg. Woher sie kamen, sah ich nie. Vor uns erhob sich ein Fels mit einem eigenartig geformten dunklen Loch.
    »Dort hinein«, sagte Gull.
    Er bückte sich und stieg in das Loch. Ich zwängte mich nach ihm hinein. Wie ich mich fühlte, ist nur schwer zu beschreiben. Angst hatte ich keine. Ich ging noch immer umher wie im Traum. Dennoch empfand ich einen Schrecken, der mir wie ein Teil des Traumes erschien und von dem ich, wenn ich wirklich geträumt hätte, schreiend aufgewacht wäre. Gull ging zur Seite, und ich folgte ihm. Im Loch war es still und leise. Sobald ich mich vom Eingang entfernt hatte, konnte ich sehen. Wir waren in einer Höhle, wo das Licht grünlich auf die Rückwand aus Fels fiel, und zwar in Form einer Gestalt mit einem gesenktem Kopf und einer Nase, die weder gerade noch hakenförmig, sondern beides auf einmal war. Ich sah das Loch an, durch das wir gekommen waren. Es besaß genau die gleiche Form – die Form des Schemens auf meinem Zaubermantel. In der Höhle war es feucht. In kleinen Tautröpfchen stand die Feuchtigkeit unter unseren Füßen und über unseren Köpfen, aber der Tau tropfte oder sickerte nicht herab. Ein tiefes, leeres Schweigen war es, in dem wir standen.
    »Wo … wo ist der Eine?«, wisperte ich.
    »Hier«, sagte Gull. »Spürst du es nicht? Dies ist alles, was je sein wird.«
    Ich war zutiefst verwirrt. Wie sollte ich einen Mantel um nichts legen? Wäre ich allein gewesen, hätte ich mich genauso schlimm angestellt wie Robin und begonnen, zu weinen und die Hände zu ringen. Doch Gull war bei mir, und darum war mir nicht bang. Ich zog die goldene Figur des Einen aus meinem Hemd. Sie war so klein, dass mir meine Idee albern erschien, doch etwas Besseres fiel mir nicht ein. Ich stellte die Figur in der Mitte des grünen, wie ein Mensch geformten Lichtflecks behutsam auf den taufeuchten Felsboden. »Gib mir den Wollmantel«, bat ich Gull. Gull gehorchte, und ich legte den Mantel so um die goldene Figur, dass der Kopf noch hervorschaute, alles andere aber von meiner Webarbeit bedeckt wurde. Ich breitete das Tuch aus und trat zurück, um mein Werk zu betrachten.
    Nichts geschah.
    »Wir haben es nicht richtig gemacht!«, rief ich. »Was sollen wir denn tun? Wir müssen etwas unternehmen, bevor Kankredin hier ist!«
    »Warte«, sagte Gull. »Spürst du es?«
    Es wurde wärmer in der Höhle. Kaum hatte Gull zu Ende gesprochen, als die Luft sich von Todeskälte zur Wärme eines lebendigen Körpers erhitzte. Gull und ich begannen zu schwitzen. Große Tropfen liefen an uns herunter, als wären wir Teil der Höhlenwände. Dampf zog sich um uns zusammen.
    Aber das war auch alles. Wir standen in der Hitze und warteten, doch weiter geschah nichts. Die kleine Goldfigur stand noch immer inmitten meines Wollmantels. Das gelbgrüne Licht hatte sich nicht verändert, es sei denn durch den Nebeldunst.
    »Was sollen wir tun?«, fragte ich.
    »Du hast schon etwas getan«, sagte Gull nachdenklich. »In dieser Höhle ist es noch nie warm gewesen. Ich glaube nur, es hat noch nicht gereicht. Wir müssen noch etwas anderes tun, denke ich – und ich weiß einfach nicht, was.«
    Wir warteten länger, doch nichts geschah. Nach einer Weile konnte ich es nicht mehr aushalten und rief aus: »Großvater! Großvater, zeig mir doch, was ich tun soll!«
    In der Höhle verschob sich etwas in grünlicher Farbe. Ich konnte die Felswand nicht mehr sehen und auch nicht den Einen in meinem Zaubermantel, aber ich sah Gull. Er wirkte verkrümmt und bleich und verzerrt wie jemand, der unter Wasser schwimmt. Dann sah ich auch ihn nicht mehr. Ich war in stilles Weiß eingehüllt; in der Nähe rauschte und brüllte Wasser. Erneut das Gefühl des Verschiebens. Diesmal begleitete es ein kühler Wind. Mich fröstelte, doch nach der Hitze war ich eigentlich ganz froh darum. Danach stand ich in goldenem Abendlicht an einem kühlen Berghang. Als Erstes sah ich schwere Regenwolken, die unter einem grünen Himmel nach Westen schwammen und von blendendem Gold umrahmt wurden. Unter meinen Füßen fiel ein grüner Rasen steil ab. Irgendwo rechts von mir stürzte Wasser tosend in die Tiefe. Wie der Ton einer angeschlagenen Glocke hallte der Lärm wider. Und neben mir floss noch mehr Wasser; es lief von den steilen Felsen hinter mir, die dampften, als stünden sie in Flammen, auf die grüne Wiese.
    Dicke Tränen

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