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Jones, Diana Wynne

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Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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zugeschwungen waren, schlüpfte ein Mann in einer alten Lederjacke zwischen den Flügeln hindurch und schob sie mit dem Rücken ganz zu. Das musste der Bombenräumexperte sein. Maewen hatte gehört, dass diese Männer Draufgänger waren, die sich völlig unordentlich kleideten und es genossen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Das Dumme war nur, diesmal bekam er es nicht mit einer Bombe zu tun. Sie sah, dass er es begriff. Er stand genauso steif da wie Maewen und starrte zu der schwellenden, unsichtbaren Wolke hoch. Dann schnellte sein Kopf herum … Etwas war merkwürdig … Noch jemand war auf dem Hof und rannte. Maewen hörte die schnellen Schritte. Dann sah sie, wer kam. Es war Wend, und er rannte auf Amils Grabmal zu.
    Der Mann am Tor brüllte ihn laut an. »ZURÜCK MIT DIR, DU BLÖDER NARR!«
    Die Stimme gehörte Mitt! Maewen hing mit gesenktem Kopf über der Brüstung, ohne bemerkt zu haben, dass sie sich bewegte. Sie wusste aber, dass sie Recht hatte. Nur dass es nicht wahr sein konnte. Der Mann war einfach nicht schlaksig genug – oder?
    Als Maewen sich bewegte, schwang die Wolke herum, die sich über dem Grabmal ringelte und sich schon wallend und windend angeschickt hatte, den Mann am Tor zu umfließen, und wandte sich ihr zu. Maewen sah – nein, sie spürte mitten darin Augen. Augen, die sie erkannten. Augen, die sie hassten. Augen mit dicken Lidern, das wusste sie.
    Mitt schrie ein Wort. Es war nicht das Wort, das Maewen kannte. Bei diesem Wort versteifte sich das Gehirn und zog vor zu vergessen, es je gehört zu haben. Dieses Wort lockte Schauder von tief, tief unter der Erde hervor. Die Unsichtbarkeit über dem Grab warf sich hastig herum und wollte sich auf den Rufer stürzen.
    In diesem Herumwerfen wurde Kankredin gepackt und festgehalten und hoch, ganz hoch in die Luft geworfen, wurde mit einem gewaltigen Wasserstrahl vermengt und ging in ihm auf, in einer unvorstellbaren Springflut. Als gewaltiges dunkles Horn brach Wasser aus dem Grabmal und schleuderte Teile des Bauwerks beiseite, als hätten sie zu einem Kartenhaus gehört. Maewen starrte mit verrenktem Hals auf die unfassliche Wassersäule, die am Himmel hing und immer dunkler wurde, die sich auflösenden Fetzen der schlängelnden Wolke verschlang und an seiner Spitze hoch, hoch oben alles zu gelben Schaum aufwühlte.
    Dann stürzte sie zusammen.
    Maewen warf sich hinter der Brüstung flach hin. Trotzdem war sie augenblicklich bis auf die Haut durchnässt. Der offene Balkon schwankte unter ihr. Salzwasser brannte ihr in den Augen. Salzwasser? Das Brüllen, mit dem viele tausend Tonnen Wasser niederstürzten, war ohrenbetäubender als jede Bombenexplosion, und es wollte nicht aufhören, es vermischte sich mit dem Bersten von Stein. Während es noch anhielt, rappelte Maewen sich auf; im Augenblick konnte sie sich keine Gedanken darum machen, dass sie stocktaub war. In der Nähe fehlten drei Säulen, auf denen der Balkon eigentlich ruhen sollte, und wo sie sich über die Brüstung gelehnt hatte, klaffte nun eine Lücke. Auch das konnte sie nicht kümmern, und sie überquerte den schwankenden, knirschenden Balkon, bis sie die erste unbeschädigte Säule erreicht hatte. Daran klammerte sie sich fest und sah in den Hof hinunter, der von wütenden, grauen, hohen Wellen bedeckt war. Das Tor war weggeschwemmt worden, der Durchgang lag in Trümmern. Wasser schoss brüllend auf die Königsstraße hinaus. Das Salz auf Maewens Gesicht stammte zum Teil aus Tränen. Niemand konnte das überlebt haben.
    Und doch, er war am Leben geblieben. Er musste zur Seitenmauer hinübergeschwemmt worden sein. Sie sah ihn gerade noch am Rande ihres Blickfelds, wo es von der gezackten Kante des Balkons begrenzt wurde, wie er sich an der Mauer hochzog; zuerst stand er bis zu den Schultern im Wasser, dann nur noch bis zu den Hüften. Währenddessen lief das Wasser reißend schnell ab und versickerte unter der Erde. Maewen hörte schwach das Brausen und Grollen, mit dem es hinunterrann. Sie aber starrte auf das durchnässte, strähnige Haar. Es sah wirklich aus, als gehöre es Mitt.
    Dann hatte er sich außer Sicht gezogen. Maewen hatte sich umgedreht und wollte in den Hof davonlaufen, als sie ihn sprechen hörte. Er war direkt unter dem Balkon. »Komm schon, steh auf, du Narr. Auf die Beine.« Das war Mitts Stimme, kein Zweifel.
    Wends Stimme antwortete. »Lass mich los. Ich verdiene es zu ertrinken.«
    Und Mitts Stimme entgegnete: »Wenn das so wäre, hätte der

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