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Jones, Diana Wynne

Jones, Diana Wynne

Titel: Jones, Diana Wynne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 04 Die Krone von Dalemark
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Erderschütterer dich nicht am Leben gelassen. Komm schon, steh auf.«
    Maewen hörte Plätschern und Husten. Wend fragte: »Begreifst du denn nicht? Ich habe mit Kankredin zusammengearbeitet.«
    Mitt antwortete: »Nun, du hattest immerhin so viel Verstand, mich anzurufen und einzuweihen, nachdem du bemerkt hattest, wie viel von ihm sich hier gesammelt hatte. Auf dem Gebiet der Erpressung und der Versuchung und alldem ist er ein wahrer Meister. Hör auf, dich selbst zu geißeln. Ich will nur eins wissen … – Pass auf! Die Stufen sind alle zerborsten.« Maewen hörte Platschen und das Geräusch von nassem Kies. Dann erklang Mitts Stimme unter ihr an der Palasttür. »Ich möchte gern wissen, wie hat er dich überzeugt?«
    »Noreth«, sagte Wend. Maewen hörte, dass er weinte. »Meine Tochter Noreth! Die ganzen Jahre habe ich gedacht, du hättest sie ermordet.«
    »Wie konntest du solch dummes Zeug glauben?«, entgegnete Mitt. »Es gab mehrere hundert Leute, die du bloß hättest fragen müssen!«
    Maewen wurde sich klar, dass sie nicht mehr warten konnte. Bis jetzt hatte sie nicht gewagt zu glauben, dass es wirklich Mitt war, aber diese Worte bewiesen es. Sie eilte durch die offenen Türfenster zurück in den Palast und rannte durch den Ballsaal zur nächsten Treppe. Auf halbem Weg nach unten aber blieb sie stehen – hopste dabei ungeduldig auf der Stelle, weil es so eitel war – und betrachtete sich, durchnässt wie sie war, in den großen Spiegeln: nass, mit salzverkrusteten Haaren, einem tränenüberströmten Gesicht und den triefenden Fetzen ihres besten Kleids. Na, er hat mich schließlich schon genauso unordentlich gesehen, und er weiß, dass ich erst dreizehn bin. Doch während sie weiter hinuntereilte, ertappte sie sich dabei, wie sie wiederholte: Erst dreizehn. Er ist zweihundert Jahre alt. Ich bin erst dreizehn. Aus und vorbei.
    Sie rannte durch die schlüpfrignasse Halle. Unter ihren eiligen Füßen schlitterte Geröll zur Seite, und sie platschte durch Pfützen aus Seewasser. Und endlich sah sie die offene Tür, durch die man auf durcheinander geworfene Pflastersteine und dampfendes Wasser blickte. Ein Hauch Seeluft blies herein. Maewen raste hinaus und blieb stehen. Sie sah nur Wend, der durchnässt an einer Säule lehnte. Weit entfernt, jenseits von ausgerissenen Pflastersteinen, auf denen der Seetang klebte, olivgrün auf blutrot, kletterte Mitt gerade über die Trümmer des Eingangstores.
    »Mitt!«, schrie sie.
    Er hörte sie. Er hielt inne. Sie sah, wie er darüber nachdachte. Er drehte sich um und winkte ihr fröhlich zu, bevor er von dem Trümmerhaufen sprang und über die Königsstraße davonging.
    Maewen blieb zurück und stierte ihm hinterher. Zwischen ihr und den Überresten des Tores erstreckte sich ein schlammigschaumiger, unregelmäßig geformter Teich, über den schmutzige Wellen zogen. Noch während sie zusah, versickerte er langsam im Boden. Dort hatte sich natürlich das Grabmal befunden, einer von Mitts größten Scherzen. Als er es bauen ließ, musste er schon gewusst haben, dass er ein Unvergänglicher war. Kein Wunder, dass er solch eine Absurdität errichtet hatte. Trotz ihres Elends hätte Maewen fast gelächelt. Er ist zweihundert Jahre alt. Ich bin dreizehn.
    Sie drehte sich Wend zu. Wend starrte geradewegs nach vorn. Er tropfte. »Ich schulde dir eine Entschuldigung«, sagte er.
    »Ja«, stimmte Maewen ihm zu. »Hast du die Arbeit im Palast angenommen, um auf mich zu warten?«
    »Nein«, sagte Wend. »Ich wusste nie genau, woher du kommen würdest. Ich nahm die Arbeit an, um etwas zu tun zu haben. Man hat so viel Zeit, weißt du.« Er sagte es in einem furchtbar düsteren Ton. Maewen konnte sehen, wie sich die Zeit dehnte und dehnte, vor ihm und hinter ihm.
    »Warum hast du Noreth erzählt, sie sei die Tochter des Einen?«, fragte sie.
    »Das habe ich nicht. Auf diese Idee ist ihre Mutter gekommen.« Wend lachte, ein hässlicher, abgehackter Laut, der wie ein schlimmer Husten klang. »Der Eine hatte mir gesagt, sie würde der Straße des Königs folgen. Er hat mich angelogen.«
    »Bist du dir sicher, dass es nicht Kankredin gewesen ist?«, fragte Maewen.
    Wend drehte sich ihr zu und starrte sie an, als wäre er noch gar nicht auf diese Idee gekommen. Hinter ihm sah sie in der Ferne Major Alksen, dem Vater folgte. Behutsam näherten sie sich dem klaffenden Loch, wo Amils Grabmal gewesen war.
    »Komm mit«, sagte Maewen zu Wend. »Ich habe so eine Idee, was wir mit dir

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