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Jones, Susanna

Jones, Susanna

Titel: Jones, Susanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo die Erde bebt
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entdeckte auf der anderen Straßenseite einen niedrigen Rollwagen von der Art, wie sie in Lagerhäusern verwendet werden, um Kartons zu transportieren oder um Laster zu entladen. Er machte mir ein Zeichen, ihm zu folgen. Wir legten Lily darauf und schoben sie ein Stück weiter die Straße hoch. Ihr Kopf kippte zurück, und ihr roter Schopf hing über den Rand der Ladefläche. Ihre Arme und Beine schienen in sämtliche Richtungen zu fallen. Sie sah aus wie eine platt getretene Spinne. Am Himmel herrschte die gespannte Dunkelheit des frühen Morgens unmittelbar vor der Dämmerung.
    Fünf Minuten später war Lily wieder auf den Beinen, und ich lag auf dem Rollwagen. Als wir das obere Ende der Straße erreichten, war der Himmel schon heller, und mittlerweile schob ich den Wagen, und Teiji und Lily lagen aneinander gequetscht darauf. Ich blieb stehen, um mich zu verschnaufen und die Aussicht zu genießen. Vor mir, zwischen den Häusern der fast leeren Straße, hing die Sonne wie ein riesiger roter Ball am Himmel und blähte sich glühend vor meinen Augen. Ich schob den Wagen in eine Gasse zwischen zwei Geschäften, drückte ihn gegen eine Wand, damit er nicht herumrollen konnte, und ließ mich auf Lily und Teiji plumpsen. Der Kopf dröhnte mir vom Geräusch unserer Stimmen, die im Park sangen, und dem Morgengezwitscher der Vögel.
    Wie hätte ich inmitten dieses Getöses das Ausmaß der Stille erahnen können, die schon bald über Tokio, über Lily, Teiji und Lucy hereinbrechen würde?
    8
     
    Ein, zwei Wochen nach unserer Nacht im Park bekam ich Besuch von Lily . Es war spät, und ich hatte sie nicht erwartet, aber ich erkannte ihren Finger an meiner Klingel genauso, wie ich immer wusste, wann es Teiji war. Teiji klingelte leise, aber gleichmäßig. Lily drückte zu fest und zu lange, ein Zeichen von Nervosität, von mangelnder Selbstbeherrschung.
    Ich öffnete. Sie hatte geweint.
    «Komm rein. Was ist denn los?»
    «Ich stör doch nicht, oder? Ich möchte nicht reinplatzen, wenn Teiji da ist.»
    «Ist er nicht. Er muss länger arbeiten. Im Lokal ist viel los.»
    «Ah, so.»
    Sie folgte mir in den Hauptraum und blieb unschlüssig in der Mitte stehen.
    «Setz dich.»
    «Danke. Das tut mir jetzt wirklich Leid. Ich weiß nicht, warum ich nicht vorher angerufen habe. Ich bin einfach aufgestanden und aus dem Haus. Ich wusste nicht, zu wem ich sonst hätte gehen können. Das ist eine schöne Wohnung. Hübsch und nicht so zugestellt.»
    «Leer. So mag ich's am liebsten.» Ich hoffte, sie würde den Wink verstehen. Was hatte sie um diese Uhrzeit in meiner Wohnung zu suchen?
    «Hast du nicht irgendwo Fotos von deiner Familie?»
    «Kein einziges.»
    «Was ist mit Teijis Fotos? Möchtest du sie nicht an den Wänden haben?»
    «Ich bewahr sie in einer Schublade auf. Ein paar benutze ich als Lesezeichen oder was auch immer. Auf einige schreibe ich hinten meine Einkaufslisten, aber ich werfe sie anschließend nicht weg.»
    «Warum bekritzelst du die Rückseite eines wunderschönen Fotos? Ich kauf dir ein Heft, wenn du zu wenig Papier hast.»
    «Nein, nein. Danke. Ich möchte, dass die Dinge in meiner Umgebung einen praktischen Nutzen haben. Warum sollte ich sie sonst aufbewahren?»
    Das war keine wahrheitsgemäße Antwort, aber die Wahrheit hätte Lily nicht verstanden. Ich bewahrte Teijis Bilder in einer Schublade auf, die ich jeden Abend und jeden Morgen aufmachte. Mich mit seinen Augen zu sehen war die beste Möglichkeit, ihn zu sehen, wenn er nicht bei mir war. Und ich machte mir deswegen Notizen auf der Rückseite seiner Fotos, weil ich manchmal keine Lust hatte, auf etwas zu schreiben, was nicht von ihm war.
    Ich setzte mich auf den Boden und wartete darauf, dass Lily zur Sache kam. Sie sagte nichts, ging zum Fenster und streckte den Kopf hinaus.
    «Ganz schön laut bei offenem Fenster.»
    «Ja, aber sonst ist es zu heiß.»
    «Wie kommst du eigentlich ohne Klimaanlage zurecht?»
    «Ich schwitze viel.»
    Sie setzte sich auf ein Kissen, winkelte die Beine zur Seite an und lehnte sich an die Wand.
    «Ich fühl mich komisch.»
    «Ist irgendwas passiert?»
    «Ja, na ja. Ja, es ist was, und nein, es ist nichts.»
    «Das heißt?»
    «Ich hab einen Brief von Andy bekommen. Er will, dass ich zurückkomme.»
    «Er hat deine Adresse? Ich dachte, du hättest sie absolut geheim gehalten.»
    «Nein, hat er nicht Er hat den Brief meiner Freundin geschickt, und sie hat ihn an mich weitergeleitet. Die Sache ist die, dass sie diejenige ist, bei

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