Jordan, Penny
Telefon.
Pepper verbrachte das Wochenende bei Freunden, die am Rande von Oxford lebten. Philip und Mary Simms standen ihr fast so nahe wie eine Familie, seit ihre Großmutter gestorben war, als Pepper fünfzehn war. Sie traf am Sonnabendmorgen kurz nach elf Uhr ein und hatte die Fahrt so gelegt, dass sie nicht in den dichten Verkehr geriet.
Die frühe Sommersonne schien, und sie hatte das Verdeck ihres Aston Martin heruntergeklappt. Ihr offenes Haar war vom Wind zerzaust. Sie trug ein Leinenkostüm in einem warmen Olivton mit kurzem engen Rock und einer Jacke, die ihre Brüste und ihre Taille betonte. Darunter hatte sie eine cremefarbene Seidenbluse gezogen. Als sie den Motor abstellte und ihre Beine aus dem Wagen schwang, verschwand Oliver Simms gerade um die Ecke des bescheidenen Viktorianischen Hauses.
Pepper rief ihn an, und der zehnjährige Junge mit den ernsten Augen drehte sich herum. Er errötete ein wenig, während sie näher kam, aber seine Eltern hatten ihm gute Manieren beigebracht, und er wartete, bis sie herangekommen war.
Von allen Freunden seiner Eltern mochte Oliver Pepper am liebsten. Sie versuchte weder, ihm durch das Haar zu fahren, noch – was schlimmer war – ihn auf die Wange zu küssen. Nie vergaß sie seinen Geburtstag, und ihre Weihnachtsgeschenke trafen genau seine Wünsche. Außerdem erhielt er immer noch eine kleine Summe für sein Postsparbuch. Im Augenblick sparte er für ein neues Fahrrad. Er hatte im Juni Geburtstag und hoffte, dass seine Eltern ihm das noch fehlende Geld als Geschenk dazugeben würden.
„Mom und Dad sind im Garten“, erzählte er Pepper.
Er war erst geboren worden, als seine Mutter schon über vierzig und sein Vater noch acht Jahre älter war und hatte während seines kurzen Lebens nie daran gezweifelt, dass er ein Wunschkind gewesen war. Er war nicht verwöhnt in dem Sinne, dass er mit materiellen Dingen überschüttet wurde. Sein Vater unterrichtete an der örtlichen Gesamtschule, und der Familie ging es verhältnismäßig gut. Vor allem aber war er jede Sekunde seines Lebens sicher gewesen, herzlich geliebt zu werden.
Oliver war ein gutmütiger Junge, der schon in frühen Jahren gelernt hatte, logisch zu denken und zu urteilen. Zwar beneidete er seine Schulfreunde manchmal um ihren neuesten Computer oder das modernste BMX-Rad, aber ihre Eltern waren so beschäftigt, dass ihnen der Vater und manchmal auch die Mutter beinahe wie Fremde vorkamen.
Oliver wusste, dass es seinen Eltern schwerfiel, ihn auf die exklusive Vorbereitungsschule zu schicken. Doch so groß das Opfer auch sein mochte, stets war genügend Geld da für eine neue Schuluniform oder die Skiferien, die er unmittelbar nach Neujahr gehabt hatte.
Nachdem er Pepper zum Garten begleitet hatte, entschuldigte Oliver sich und erklärte ernsthaft: „Ich war gerade auf dem Weg zu meinem Krickettraining … Vielleicht werde ich dieses Jahr in die erste Juniorenmannschaft aufgenommen.“
Pepper beobachtete ihn, bis er verschwunden war, und betrat den Garten. „Pepper, Liebes! Du bist früh da!“
„Es herrschte ausnahmsweise einmal wenig Verkehr.“ Pepper küsste Mary auf die Wange und ließ sich von der älteren Frau umarmen. Mary Simms war der einzige Mensch, von dem sie sich so begrüßen ließ. Instinktiv hielt sie sich von allen anderen fern. Bei Mary war das etwas anderes. Ohne sie …
„Ihr seht sehr gut aus, Mary – alle beide.“
Peppers Stimme verriet keinerlei Gefühl. Niemand, der die drei beobachtete, hätte vermutet, wie nahe sie sich standen.
Mary Simms, die in einem weitläufigen alten Pfarrhaus in der Nähe von Cambridge aufgewachsen war, in dem nicht nur ihre Eltern, sondern auch eine ganze Reihe alter Onkel und Tanten wohnten, war es von klein auf gewöhnt, ihre Zuneigung frei und offen zu zeigen. Es tat ihr stärker weh, als sie sagen konnte, dass Pepper jene Liebe versagt geblieben war, die sie als Kind empfangen hatte und mit der sie jetzt ihren Mann und ihren Sohn umgab.
Philip Simms begrüßte Pepper wie immer: mit zerstreuter Gutmütigkeit. Er war der geborene Lehrer und besaß die Gabe, in seinen Schülern das Bedürfnis nach Wissen zu wecken. Er hatte Pepper so viel beigebracht und ihr auch so viel gegeben. Hier in seinem bescheidenen Haus hatte sie …
„Hast du Oliver gesehen?“ Marys Stimme unterbrach ihre Gedanken.
„Ja, er wollte gerade gehen. Er erzählte etwas von einem Krickettraining.“
„Er hofft, ins Juniorteam der Schule aufgenommen zu
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