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Jorina – Die Jade-Hexe

Jorina – Die Jade-Hexe

Titel: Jorina – Die Jade-Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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hieß die Gespenster zum Leben erwecken, die sie tot geglaubt hatte. Wenn sie so weitermachte, würde sie ihm am Ende auch noch von der Existenz des grünen Steines berichten. Sie hatte Raouls Macht über sie unterschätzt.
    »Vergesst es!« flüsterte sie unwillig und meinte im Grunde sich selbst mit dieser Bitte. »Ich weiß nicht, warum ich darüber gesprochen habe. Es ist vorbei, und Worte ändern nichts daran.«
    Sie befreite sich unwillig aus seinen Armen, denn sie fürchtete die Schwäche, die seine Liebkosungen in ihr hervorriefen. Sie griff nach ihren Kleidern.
    »Bleib!« bat Raoul und verwunderte sich selbst darüber. Noch nie hatte er bislang den Wunsch verspürt, jene Vertrautheit aufrechtzuerhalten, die sich nach dem Spiel der Liebe einstellte. Im Gegenteil, meist hatte er die eintretende Langeweile unter dem Mantel der Höflichkeit versteckt und sich der Verpflichtung entzogen, sobald es möglich wurde.
    Aber Jorina schüttelte nur stumm den Kopf. Zu viele Dinge waren passiert und mussten bedacht werden. Sie traute sich selbst nicht länger. Es kam ihr vor, als wäre sie auf dem besten Wege, etwas zu verlieren, das sie vernünftigerweise behalten sollte.
    »Wo willst du hin? In dieser verdammten Waldeinsamkeit gibt es nichts, was dir entgehen könnte, wenn du bleibst«, beharrte Raoul eigensinnig.
    Jorina warf ihm einen misstrauischen Blick zu. Als Nächstes würde er ihr befehlen zu bleiben, vermutete sie. Mit der ganzen Arroganz des großen Herrn, dem die einfache Magd widerspruchslos zu gehorchen hatte. Sie zerrte so wütend an den Schnüren ihres Hemdes, dass die morsche Kordel mit einem leisen Geräusch riss und der Stoff wieder auseinanderklaffte.
    Seltsamerweise war dies der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Mit einem erstickten Laut, halb Fluch, halb Schluchzen versuchte Jorina, unter seinen Blicken mit zitternden Fingern den Schaden zu beheben. Es misslang, denn sie war auf einmal nicht mehr in der Lage, ruhig und überlegt zu handeln.
    »Lass doch diese Lumpen«, riet Raoul gereizt. »Du rettest ohnehin nichts daran!«
    »Und wie stellt Ihr Euch das vor?« Jorinas Ton war ebenfalls scharf geworden. »Wollt Ihr die Näherinnen in unseren Palast kommen lassen, damit sie mir seidene Roben schneidern, oder soll ich wie Eva, nur mit meinen Haaren bekleidet, herumlaufen?«
    »Eine höchst reizvolle Idee, wenn ich mir das so überlege ...«
    Jorina starrte ihn an. Die lässig hingeworfene Bemerkung machte ihr mit einem Schlag die Kluft bewusst, die sie beide trennte. Sie hatte nicht höfisch zu plaudern gelernt, und wenn sie etwas fragte, dann wollte sie eine Antwort von ihm und keine spöttische Bemerkung.
    »Nun komm schon«, murmelte er und streckte auffordernd eine Hand nach ihr aus. »Es widerstrebt mir, ein Mädchen zu bitten!«
    »Das glaube ich Euch aufs Wort«, erwiderte sie heftig und meisterte endlich die Schnüre und Schlaufen ihres Kleides. Es klaffte zwar ein wenig mehr als zuvor, aber es bedeckte immerhin das Notwendigste. Die Tatsache, dass sie halbwegs schicklich bedeckt war, gab ihr ihre Würde zurück. Eine Stimme in ihr sagte ihr, dass es eine Zeit gab, sich zu verschenken, und eine, sich zu verweigern.
    Auf den klaren Zügen ihres ebenmäßigen Gesichtes zeichnete sich für den jungen Ritter der Gang ihrer Gedanken deutlich ab. Je nun, wenn sie erwartete, dass er sie noch einmal bat, dann würde sie sich täuschen. Auch sein Gesichtsausdruck wandelte sich, und Raoul zeigte ihr zum ersten Mal das verschlossene, hochmütige Antlitz eines hohen Herrn, dem eine Magd den Gehorsam verweigerte.
    »Dann geh!« forderte er trocken. »Ich bin es nicht gewohnt zu flehen, und ich habe nicht die Absicht, deinetwegen damit zu beginnen. Wenn du meinst, dass es so außergewöhnlich ist, was du zu bieten hast, dann ist es an der Zeit, dich eines Besseren zu belehren. Jede Dirne verkauft die gleichen Dienste!«
    Jorina wurde erst rot, dann blass. Seine Worte trafen sie bis ins tiefste Innere. Sie war zu unerfahren, um zu begreifen, dass seine arroganten Vorwürfe von seinem verletzten männlichen Stolz rührten. Sie nahm für bare Münze, was die hörte, und es kränkte sie zutiefst.
    Möglicherweise auch, weil sie im Grunde immer gewusst hatte, dass sie sich mit ihrer Fürsorge Aufmerksamkeit und Gesellschaft erkaufte, die ihr von Rechts wegen nicht zustanden. Was hatte sie schon mit einem Ritter des Königs von Frankreich zu schaffen? Sie, die ehemalige Novizin, die Tochter einer

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