Josef und Li: Roman (German Edition)
fuhr sich aus Verlegenheit, weil er sich beobachtet vorkam, mit dem Ärmel übers Gesicht – und versteckte dabei Lis Kuss in seiner Tasche. »Vietnam ist nicht so weit weg, oder?«, sagte er noch und Li nickte, obwohl sie wusste, dass es ganz anders war. Doch sie wusste auch, dass, wenn man es sehr sehr will, auch Vietnam nicht weit weg ist, näher noch als der Finger einer Hand von dem Finger der anderen Hand.
»Gib ihm auch mal Nüssche«, deutete sie auf Ping im Vogelkäfig und dann lief sie zum Auto und stieg ein.
Der Umzugswagen fuhr los und alle, die noch dastanden, winkten und winkten, bis aus dem Wagen nur noch ein kleiner Punkt geworden war, kleiner noch als ein Stecknadelkopf. Und dann verschwand auch dieser Punkt völlig.
An diesem Abend nahm Josef den Atlas mit ins Bett und fuhr mit dem Finger die Straßen und Wege entlang, die Flüsse, Seen und Meere, die Wüsten, die Ebenen und die Bergkämme, als ob er in einem Wasserlandfahrzeug sitzen würde.
Er behielt die südöstliche Richtung bei und sobald er entlang der türkischen Ufer das Ägyptische Meer durchschwamm, war er in Asien. Und dann genügte es nur, durch Syrien durchzufahren, durch Irak, Iran und Pakistan, Indien, Bangladesch, Burma, Thailand, Laos und ehe er sichs versah, überquerte er mit seinem Fahrzeug die Grenze zu Vietnam.
»Josef – Freund von Li – Hosenscheißer«, krächzte der Papagei auf seiner Stange und Josef sagte ihm, er solle die frechen Schimpfereien lieber lassen, denn sie würden Li bald wiedersehen.
»Wenn wir zu Fuß nach Vietnam gehen, dann dauert das acht Jahre, bis wir ankommen«, sagte Josef und gab Ping eine Erdnuss. »Aber ich habe schon zu sparen angefangen. Für ein Flugticket. Manchmal haben Fluggesellschaften Angebote. So sind wir in eineinhalb Tagen dort.« Und dann klappte Josef den Atlas zu und machte das Licht aus.
Am Himmel schien der Halbmond und die Sterne leuchteten. Und es waren viel mehr als einundzwanzig. Und noch bevor Josef bis hundertzwanzig gezählt hatte, fielen ihm die Augen zu.
Und es war allerhöchste Zeit! Sein Wasserlandfahrzeug fuhr gerade in die Tonkin-Bucht ein, zum Städchen Phu Tinh Gia, wo Li bereits auf ihn wartete.
»Na, ihr habt aber lange gebraucht«, sagte sie und kraulte
den Papagei hinterm Ohr. »Du musst mir helfen! Die Krabbenscheren planen ein neues Ding!« Die Krabbenscheren waren so etwas wie die Tigerkrallen, genauso ätzend! Aber das ist nun eine ganz andere Geschichte.
Zur Aussprache der tschechischen Wörter
(in der Reihenfolge, in der sie im Text auftauchen)
Klička
Klitschka
Bílek, Olík, Háková, Hládkov, usw.
der Strich über dem Vokal deutet Länge an, sprich also: Biiilek, Oliiik, Haaakovaaa, Hlaaadkov, usw.
Dvořák
Dworschak
Šíša (Šamánek)
Schischa
Břevnov
Brschewnow
Dřinopol
Drschinopol
Bělohorská-Straße
Bjelohorska
Dlabačov
Dlabatschow
Petřín
Petrschin
Miluška
Miluschka
Anežka
Aneschka
Eliška
Elischka
Míša
Mischa
Matyáš
Matiasch
Lukáš
Lukasch
Luboš
Lubosch
Tonička
Tonitschka
Meruňka
Merunjka
Chřást’any
Chrschastiany
Polička
Politschka
Martinů
Martinuh (u wird betont und lang gesprochen)
Šimáček
Schimatschek
Slepička
Slepitschka
Hlaváčková
Hlawatschkova
Oldřich Matějů
Oldrschich Matejuh
Vavříček
Wawrschitschek
Pohořelec
Pohorscheletz
Šeberová
Scheberowa
Střešovice
Strscheschowitze
Bubeneč
Bubenetsch
Hvězda
Hwjesda
František
Frantischek
Danksagung
Die Autorin dankt Jarmila Turnovská und Zuzana Zemanová, der Dramaturgin und der Regisseurin der Serie Josef und Li .
ANNA VOVSOVÁ,
PRAG IM FEBRUAR 2011
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel JOSEF A LY bei XYZ, Prag
Copyright © 2004 by Anna Vovsová Copyright © 2011 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München in der Verlagsgruppe Random House GmbH Redaktion: Brigita Malenica
Layout und Herstellung: Mariam En Nazer Karte und Kapitelillustration: Dirk Schulz Satz: Leingärtner, Nabburg
eISBN 978-3-641-05816-6
www.heyne-fliegt.de
www.randomhouse.de
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