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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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drei. Er stellte das Notebook ab, steckte den Stecker des Ladegeräts in eine Mehrfachsteckdose auf dem Tisch und öffnete das Hauptverzeichnis der Festplatte, um die Ordnerbezeichnungen zu überfliegen. Sich in die Datenstruktur des Computers zu vertiefen hatte er keine Zeit. Er erkannte aber auf den ersten Blick, dass auf diesem Rechner mehr gespeichert war als nur folkloristische Heimatforschung. Viele Ordnernamen, die mit der Bezeichnung »Marktarchiv_Ga-Pa« begannen, endeten auf Jahreszahlen aus den 1930ern. Die Ahnung beschlich ihn, dass diese Dateien mit Engelberts Tod unmittelbar zu tun hatten.
    Hartinger klickte nicht länger im Verzeichnis des Rechners herum. Er wollte die Zeit nutzen, um online den Stand der Dinge einzuholen.
    Er rief auf dem Computer des Internetcafes die einschlägigen Nachrichtenseiten auf. Es gab nichts Neues zu seinem Fall, aber der Bürgermeister von Garmisch-Partenkirchen hatte für den Nachmittag eine Pressekonferenz angekündigt. Was der da wohl erzählen würde? Sicher den ganzen Ski-WM – und Olympia-Schmäh, den Hartinger in seiner erst kurzen Schaffensperiode als Lokalreporter bereits fünf, gefühlt aber zwanzig Mal auf den diversesten Veranstaltungen gehört hatte. Dass er die PK verpassen würde, war ein großer Vorzug seiner Flucht.
    Da die Kolleginnen und Kollegen in den Nachrichtenagenturen und Zeitungsredaktionen also nichts Neues wussten und von Bürgermeister Meier sicher auch keine sachdienlichen Hinweise kommen würden – außer wahrscheinlich auf die mutmaßliche Täterschaft eines gewissen Karl-Heinz Hartinger, die aber bereits von den Boulevardmedien in die Welt trompetet worden war – wollte Hartinger selbst für Nachrichtenstoff sorgen. Wenn Kurt Weißhaupt es schlau angestellt hatte, sollte er noch Zugang zum Redaktionssystem der Süddeutschen haben. Er gab die Seitenadresse, den Anmeldenamen und das Passwort ein und konnte loslegen.
    Handfestes wusste er leider auch nicht zu berichten, daher würde er die Plattform nutzen, um ein paar Nebelkerzen zu zünden. Zunächst rollte Hartinger den Gedanken hin und her, dass der Tod des Mönchs etwas mit der unmittelbaren Nähe des Klosters zu den Liegenschaften des Geschäftemachers Veit Gruber zu tun haben könnte. Hartinger kannte Gruber nur von den vielen Geschichten, die im Ort über ihn kursierten, doch in denen ging es immer um Vorteilsnahme, und zwar auf allen Ebenen, auch um Spenden an die staatstragende Partei und an die Feuerwehren Garmisch und Partenkirchen, die immer zu Zeiten erfolgten, wenn im Rat der Doppelgemeinde eine Entscheidung anstand, die die Interessen Grubers berührten. Und diese Interessen waren vielfältig, wie Hartinger ebenfalls wusste.
    Doch einen Mord wollte er dem Gruber Veit am Ende nicht Zutrauen. Man täuscht sich zwar bei so etwas gern einmal, aber der Gruber hatte immer andere Methoden und Wege gefunden, das zu bekommen, was er wollte.
    Weit wahrscheinlicher erschien Hartinger der Verdacht, der junge Mönch könnte bei seinen Nachforschungen auf eine ganz andere, versteckte und vielleicht sogar lange zurückliegende Begebenheit gestoßen sein. Hartin-ger wusste, dass ein paar der Garmisch-Partenkirchner nichts so fürchteten wie die Aufarbeitung ihrer Geschichten und ihrer Geschichte.
    Hartinger beschloss, einfach mal mit Leuchtspurmunition in diese Richtung zu feuern. Durch das Aufflackern des kurzen Blitzes, den er mit einer Meldung in der Onlineausgabe der Süddeutschen entfachen konnte, scheuchte er vielleicht die eine oder andere lichtscheue Gestalt auf, die sich ertappt fühlte und in ihrer Panik verriet. Außerdem war ihm alles recht, was vom Verdacht auf ihn ablenkte.
    Hartinger hackte ins System:
    Garmisch-Partenkirchen – Der Mord am Franziskanermönch Engelbert (28) harrt der Aufklärung. Auch vierundzwanzig Stunden nach Fund der erdrosselten Leiche des jungen Kirchenmannes tappt die bayerische Polizei im Dunkeln. Doch erste Anzeichen verdichten sich, dass eine viele Jahrzehnte alte Geschichte hinter der grausamen Tat steckt. Gut informierte Kreise schließen nicht aus, dass der Ermordete, der geschichtlich sehr interessiert war, bei seinen Recherchen in Garmisch-Partenkirchen auf unbequeme Wahrheiten stieß. Nun fragen sich nicht nur die 30000 Einwohner der Marktgemeinde unter der Zugspitze, welche Wahrheit so unbequem sein könnte, dass sie einen Betroffenen zum Mörder macht. Andere Quellen, die ungenannt bleiben möchten, spekulieren, dass die Tat ihren

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