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Josefibichl

Josefibichl

Titel: Josefibichl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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Bernbacher: Recht hat er! Sie haben nichts Verwertbares, Sie haben einen Zeugen und mittlerweile Mordverdächtigen laufen lassen. Und wir haben auch nichts. Nichts, nichts, nichts!«
    Schneider war mitten in seiner Tirade der Schwung angesichts der in der Tat desolaten Ermittlungsergebnisse ausgegangen. Er musste sich setzen und starrte wieder die Wand mit dem aufgepinnten Material an. Er wollte aber nicht in ein Motivationsloch fallen und beschloss, weiter die Kollegen hier und damit auch sich selbst auf Trab zu halten.
    »Und wo, zum Teufel, ist der Abschlussbericht der Spurensicherung? Wo bleibt der Obduktionsbericht? Wie läuft die Fahndung nach diesem Hartinger? Bin ich von lauter Koffern hier umgeben? Rührt sich mal jemand und tut seine Arbeit!«
    Wie auf ein Stichwort betrat ein Fahrer der Bereitschaft aus München den Raum. »Obduktionsbericht Fall Engelbert, an wen geht der?«
    »Her damit!« Schneider hechtete dem verdutzten Mann entgegen, um vor Bernbacher, der schon nach dem braunen Umschlag grapschen wollte, zuvorzukommen. »Kann man so was nicht e-mailen heutzutage?«, zog er den unschuldigen Überbringer des Berichts mit in seinen Zorn hinein.
    Der blieb gelassen. »Kann man, aber urschriftliche Aushändigung ist Vorschrift.«
    Schneider wollte sich mit dieser Diskussion nicht aufhalten. Ungeduldig riss er den Umschlag auf und entnahm den Bericht. Ohne einen der Kollegen mit in den Akt sehen zu lassen, überflog er den Text. Bereits auf der zweiten Seite rief er aus: »Was? Das gibt‘s doch gar nicht!«
    Was die Umstehenden Claudia Schmidtheinrich, Ludwig Bernbacher, Maik Oberbrück und Janine Wagner dazu veranlasste, den Kreis der Neugierde um Schneider noch enger zu ziehen.
    »Wollt ihr mich niederknutschen, oder was?« Schneider verschaffte sich erst einmal Luft zum Atmen. Dann kam er mit der Neuigkeit heraus. »Der Ärmste wurde nicht mit seiner Mönchskordel erdrosselt. Die wurde wohl nur zur Tarnung des eigentlichen Mordwerkzeugs um den Hals drapiert. Und das war ein dünner Draht, der mit großer Kraft um den Hals zugezogen wurde.«
    »Eine Garrotte«, murmelte Claudia Schmidtheinrich.
    »Genau. Eines der effizientesten Werkzeuge aus dem Arsenal für lautloses Töten. Einfach, billig herzustellen und bei geschicktem Umgang zu hundert Prozent tödlich.«
    Schneider hatte während seiner Ausbildung auch einen Nahkampf – und Selbstverteidigungskurs absolviert. Gegen wenige Angriffswaffen war das Opfer so hilflos wie gegen ein Stück Draht, an dessen Enden zwei Handgriffe befestigt waren und der von hinten um den Hals geworfen in der nächsten Sekunde zugezogen wurde. Im Kurs wurde das mit einer Gummi-Halsmanschette, die ernste Schäden ausschloss, aber flexibel genug war, den Druck spüren zu lassen, jedem Teilnehmer mehr als einmal demonstriert. Schneider konnte sich sehr gut erinnern, dass das die unangenehmsten Sekunden seiner ganzen Ausbildung gewesen waren, als er dabei das Opfer hatte spielen müssen.
    »Schrecklicher Tod. Du bekommst wahrscheinlich noch mit, dass es gleich vorbei ist, und hoffst, dass der dahinten es sich doch noch anders überlegt. Und im nächsten Moment ist dein Kehlkopf irreparabel eingedrückt, und du erstickst, selbst wenn der andere es sich tatsächlich anders überlegt.«
    »Wer benutzt so was?«, wollte die junge POM Wagner wissen.
    Claudia Schmidtheinrich ratterte ihr Profilerwissen herunter: »Jemand, der sehr sicher sein will, dass sein Opfer tot ist, und der dabei den Lärm einer Schusswaffe vermeiden will. Oder jemand, der kein großes Budget hat, um sich eine Wumme zu besorgen. Und natürlich jemand, der seine Tat vorbereitet und kaltblütig plant. Keine Waffe für eine Beziehungstat, die meist im Affekt begangen wird, oder einen Amoklauf. Nein, unser Täter wusste, warum er eine Garrotte einsteckt und wem er wann und wo damit auflauert, das ist klar.«
    »Der Hartinger kennt so was aus seinem Exjob als Polizeireporter, und kaltblütig ist der«, triumphierte Bernbacher. »Außerdem gewaltbereit und deshalb in Behandlung.«
    »Wegen dieser alten Autoanzünderei? Machen Sie sich nicht lächerlich! Schon klar, dass Sie einen Hals auf den Mann haben.« Schneider glaubte nicht an Karl-Heinz Hartinger als feigen Mörder mit Garrotte von hinten. Unwahrscheinlich. Der hätte den armen Mönch doch mit der Wucht eines Regionalexpresses von vorn überrannt. Eher schon dieser fiese Fettel Veit Gruber, dachte Schneider für sich, der hat doch sicher als Kind schon

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