Josefibichl
Hintergrund in der Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018 hat, die Garmisch-Partenkirchen gemeinsam mit München anstrebt. Erst vor wenigen Tagen wurde ein nächtlicher Anschlag auf das Fahrzeug einer Olympiagegnerin verübt. Ist der Mord eine steile Eskalation der Gewalt?
»Mit der langen Stange im Nebel gestochert«, murmelte Karl-Heinz Hartinger über sein eigenes Werk, nachdem er es online gestellt hatte.
Er löschte auf dem Internetrechner des Cafes möglichst viele digitale Spuren – den Zwischenspeicher, den Verlauf des Browsers und die Cookies, die über die von ihm besuchten Webseiten Auskunft geben würden.
Für ihn bedeutete das, was er da als wilde Spekulation abgesetzt hatte, dass er seine Flucht beenden und wieder dorthin zurückmusste, wo sie begonnen hatte. Denn wenn er mit diesem Artikel tatsächlich jemanden aufgeschreckt hatte, musste er in der Nähe sein, um beobachten zu können, was passierte. Und wenn er die Daten auf dem Rechner des toten Mönchs auswerten wollte, war der einzige Mensch, der ihm dabei helfen konnte, in Garmisch-Partenkirchen.
Hartinger steckte den Mini-PC und das Ladegerät in seinen Rucksack. Grußlos verließ er den Laden. Kurz blieb er in der Tür stehen, um nach rechts und links die Lage zu peilen. Die Luft war rein. Kein Bulle von Tölz war unterwegs.
Karl-Heinz Hartinger war jetzt komplett ausgestattet. Er besaß ein funktionstüchtiges Handy, das zu orten für deutsche Polizeibehörden schwierig war. Er hatte das Notebook des Mordopfers und konnte auf dessen Daten zugreifen. So konnte er sich endlich an die Arbeit machen.
Sollte Ludwig Bernbacher enttäuscht oder überaus glücklich sein? Als der Bote die kleine Chinakladde aus der Spurensicherung in Weilheim zurückbrachte, sperrte er sich zuerst in seinem Büro ein. Dieser LKA-Hengst Schneider würde früher oder später sowieso erfahren, dass es diese Kladde gab, aber ein paar Stunden oder einen Tag Vorsprung wollte Bernbacher für sich herausschlagen. Er war sicher, dass das Notizbuch dem Gonzo Hartinger gehörte. Das würde dann doch den Verdacht erhärten, dass er etwas mit dem Tod des Mönchs zu tun hatte.
Er saß in seinem Büro und schlug das Büchlein auf. Die Enttäuschung ließ ihn in sich zusammensacken. Er sah eine fremdartige Handschrift, die er als arabisch einstufte. Also keine hartingerschen Notizen. War das aber nun die Wende in diesem Fall, die er in der Hand hielt, aber leider nicht entschlüsseln konnte? Oder war es nur Zufall, dass einer der zahlreichen Gäste, die Jahr für Jahr in Bayern und besonders im Landl unter der Zugspitze die Sommerhitze am Persischen Golf überdauerten, in der Nähe des Leichenfundorts sein Notizbuch verloren hatte?
Zu seinem Unglück hatte er in seiner Truppe keinen, der der arabischen Sprache mächtig wäre, nicht einmal ein türkischstämmiger Polizist hatte es bislang in die Reihen der Garmisch-Partenkirchner Polizeiinspektion geschafft.
Bernbacher verlegte sich auf seine Lieblingstaktik, das Abwarten. Das kleine schwarze Buch landete in seiner obersten Schreibtischschublade.
Unterdessen meldeten sich die beiden Beamtinnen, die er auf Schneiders Geheiß zur Durchsuchung des Klosters St. Anton abgesandt hatte, zurück. Bernbacher wollte auch deren Untersuchungsergebnisse als Erster erfahren.
»Polizeihauptmeisterin Gramminger und Polizeimeisterin Berchtenbreiter sofort in mein Büro!«, hallte es dienstlich durch den Flur. Die Gerufenen blieben vor dem Schreibtisch ihres Chefs stehen, der wieder dahinter Platz genommen hatte. Obwohl es ihm Unbehagen bereitete, dass die beiden jungen Frauen auf ihn herabsahen, fiel es ihm nicht ein, ihnen die beiden Besucherstühle anzubieten. »Ich höre.«
Die dienstältere Chantal Gramminger leitete den Bericht ein. »So ein Kloster in einem Tag zu untersuchen ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wir müssen da morgen noch einmal hin. Am besten auch noch mit mehr Leuten. Wir haben uns heute nur auf den unmittelbaren Lebensraum der beiden Mönche konzentriert. Aber es gibt da noch einen riesigen Dachboden und natürlich einen Keller.«
»Und, Ergebnisse?«
»Nichts Besonderes«, antworteten die beiden Polizistinnen wie aus einem Mund.
»Ja, wie, nichts Besonderes? Habt ihr wenigstens die persönlichen Gegenstände des Getöteten sichergestellt?« Bernbacher war gar nicht klar, ob das die Aufgabe der jungen Kolleginnen gewesen war oder ob das der LKA-Schnösel schon gemacht hatte.
»Die Sachen des jungen Mönchs
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