Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
Vergnügen weiter noch zu erhöhen durch die Eröffnung, daß ich von dem Gedanken, die Tänzerinnen von Babel für mein Fest zu gewinnen, im Lauf unserer Unterhaltung zurückgekommen bin. Es ist mein Wunsch nicht, einen hoch- und dir nahestehenden Mann in Urteilen zu kränken, die man für Vorurteile erachten mag, ohne sie damit aus der Welt zu schaffen. Mein Fest wird glänzend sein ohne die Zugereisten.«
»Auch das ist das wenigste, Peteprê«, sagte sie und nannte ihn bei Namen, wodurch er sich zu neu beunruhigter Aufmerksamkeit angehalten fühlte.
»Wie meinst du?« fragte er. »Das wenigste immer noch? Wovon denn das wenigste?«
»Vom Wünschbaren. Von dem zu Fordernden«, antwortete sie nach einem Aufatmen. »Es sollte, es muß anders werden im Hause hier, mein Gemahl, damit es kein Haus des Anstoßes sei für die Frommen, sondern des Beispiels. Du bist der Herr seiner Hallen, und wer beugte sich nicht deiner Herrschaft? Wer gönnte deiner Seele nicht die Mild- und Feinheiten eines verbindlichen Sonnensinnes, nach dem du lebst und der deine Gewohnheiten erfüllt? Ich begreife wohl, daß man nicht auf einmal das Reich wollen kann und das nervige Altertum, denn aus diesem kam jenes in der Zeit, und anders lebt sich’s im Reich und im Reichtum als in urfrommer Volksordnung. Du sollst nicht sagen, daß ich mich auf die Zeit nicht verstehe und auf den Wechsel des Lebens. Aber sein Maß hat alles und muß es haben, und ein Rest heiliger Väterzucht, die Reich und Reichtum erschuf, muß am Leben bleiben in ihnen und immer in Ehrfurcht stehen, damit sie nicht schändlich verwesen und den Ländern das Zepter entwunden werde. Leugnest du diese Wahrheit, oder leugnen sie Pharao’s Denker, die sich denkend versuchen an Atum-Rê's beweglichem Sonnensinn?«
»Die Wahrheit«, erwiderte der Wedelträger, »leugnet man nicht, und es könnte sein, daß sie einem lieber wäre als selbst das Zepter. Du sprichst vom Schicksal. Wir sind Kinder der Zeit, und immer noch besser, so meine ich, ziemt sich’s für uns, nach ihrer Wahrheit zu leben, aus der wir geboren, als zu versuchen, es nach einer unvordenklichen zu tun und die nervigen Altertumsbolde zu spielen, indem wir unsere Seele verleugnen. Pharao hat viele Soldtruppen, asiatische, libysche, nubische und sogar einheimische. Sie mögen das Zepter hüten, solange das Schicksal es ihnen erlaubt. Wir aber wollen aufrichtig leben.«
»Aufrichtigkeit«, sagte sie, »ist bequem und also nicht edel. Was würde aus den Menschen, wenn jeder nur aufrichtig sein und für sein natürlich Gelüst die Würde der Wahrheit wollte in Anspruch nehmen, unwillig ganz und gar, sich zu verbessern und zu bezwingen? Aufrichtig ist auch der Dieb, der Trunkenbold, der sich in der Gosse wälzt, und der Ehebrecher. Werden wir’s ihnen aber hingehen lassen, wenn sie sich auf ihre Wahrheit berufen? Du willst wahrhaftig leben, mein Gatte, als Kind deiner Zeit und nicht nach dem Altertum. Aber wildes Altertum ist dort, wo jeder nach seines Triebes Wahrheit lebt, und Beschränkung des einzelnen von wegen höherer Angelegentlichkeit fordert die entwickelte Zeit.«
»Worin verlangst du, daß ich mich verbessere?« fragte er bangend.
»In nichts, mein Gemahl. Du bist unveränderlich, und es fällt mir nicht ein, daß ich an deinem heilig reglosen Beharren rüttelte in dir selbst. Es sei auch fern von mir, dir einen Vorwurf daraus zu machen, daß du dich keiner Sache annimmst in Haus und Hof noch sonst irgendeiner in der Welt, außer daß du issest und trinkst; denn wenn es nicht nach deiner Natur wäre, so wäre es immer noch nach deinem Stande. Deiner Diener Hände tun das Deine für dich, wie sie es tun werden im Grabe. Deine Sache ist einzig, die Diener zu bestellen und nicht einmal dies, sondern nur, den zu bestellen, der die Diener bestellt, deinen Stellvertreter, daß er das Haus führe nach deinem Sinn, das Haus eines Großen Ägyptens. Nur dies liegt dir auf, eine Sache von vornehmster Leichtigkeit, aber sie ist die Hauptsache. Daß du sie nicht verfehlst und nicht falsch deutest mit deinem Finger, darauf kommt alles an.«
»Seit Umläufen«, sagte er, »die ich nicht zähle, ist Mont-kaw meines Hauses Meier, eine biedere Seele, die mich liebt, wie es sich gehört, und volles Gefühl dafür besitzt, wie häßlich es wäre, mich zu kränken. Er hat mich, soviel seinen Rechnungen anzusehen war, kaum jemals ernstlich betrogen und das Haus in schönem Stile geführt, wie es mir genehm war. Hatte
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