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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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frischweg seinem Dienste ergebt, wie zu tun Ihr im Grund Eures Herzens ja längst schon wünschet. Ich habe die Bedenken, die Ihr hie und da gegen sein unaufhaltsames Wachstum im Hause glaubtet vor mich bringen zu sollen, wohl geprüft, sie aber nunmehr endgültig verworfen um seiner offenkundigen Tugend willen, und dies um so lieber und leichter, als Ihr selbst Eure Einwände mit der Zeit immer zögernder vorbrachtet und matter und kaum noch verbergen konntet und wolltet, daß längst schon die Liebe zu ihm in Eurem Busen zu grünen begonnen hat. Ihr sollt Euch länger – ich will es so – keinen Zwang mehr auferlegen, sondern ihm dienen grünen und treuen Herzens, das ist eine Herzenssache mir selbst, der Herrin. Denn daß die besten Diener des Hauses einander wahrhaft grün sind und einen Bund machen zu seiner Wohlfahrt, daß muß mir am Herzen liegen wie weniges. Einen solchen Bund sollt Ihr, Dûdu, mit dem Jungmeier machen und sollt als erfahrener Mann seiner Jugend ein Beistand, Ratgeber, Bote und Wegweiser sein – es ist mir Herzenssache. Denn er ist zwar klug, und was er tut, da geben meistens die Götter Glück zu durch ihn; in manchen Stücken ist aber seine Jugend ihm eben doch ein Hemmnis und Fährnis. Vom Fährnis zuerst zu reden, so ist seine Jugend mit beträchtlicher Schönheit verbunden, welche sowohl in seinem richtigen Wuchs wie in seinen schleierhaften Augen und seinem voll ausgebildeten Munde beschlossen ist, so daß man wohl über sieben Berge steigen könnte, ohne auf einen Jüngling von ähnlich gutem Aussehen zu stoßen. Was ich Euch anbefehle, ist, ihn mit Eurer Person gegen unleidliche Neugier zu decken und ihm für Stadtgänge notfalls einen Schutztrupp von Pfeilschützen beizugeben, die auf zudringliche Wurfgeschosse von Dächern und Mauern mit einem Pfeilregen erwidern sollen zu seiner Entfährdung. Um aber dann auch gleich aufs Hemmnis zu kommen, so scheint es, daß seine Jugend ihn in einzelnen Hinsichten noch allzu scheu und zaghaft macht, so daß ich Eueren Auftrag auch darauf ausdehnen will, daß Ihr ihm behilflich seid, solchen Kleinmut zu überwinden. Allzu selten oder fast nie zum Beispiel getraut er sich, vor mich, die Herrin, zu treten und mit mir das Gespräch zu pflegen zur Erörterung des Laufenden und des Anhängigen. Das misse ich ungern, denn keineswegs bin ich wie Peteprê, mein Gemahl, der sich grundsätzlich keines Dinges annimmt, sondern sehr gern nähme ich teil als Herrin an den Wirtschaftsbelangen und habe es immer beklagt, daß Mont-kaw, der vergöttlichte Meier, sei es aus fälschlicher Ehrfurcht oder aus Herrschsucht, mich so ganz davon ausschloß. In diesem Punkt habe ich mir einigen Vorteil versprochen für mich vom Wechsel im Oberamt, sehe mich aber bis jetzt in dieser Hoffnung getäuscht und befehle Euch, Freund, den feinen Vermittler zu machen zwischen mir und dem Jungmeier und ihn zu bestimmen, daß er seine Jünglingsscheu überwinde und sich mir öfters nahe zur Unterhaltung über dieses und jenes. Und magst dies geradezu als Hauptzweck und -ziel des Bundes betrachten, den du mit ihm machen sollst, wie auch ich, Mut-em-enet, einen solchen errichte mit dir. Denn ich nehme dich in Pflicht um seinetwillen, was man wohl einen Bund nennen kann zu dritt zwischen dir, mir und ihm.‹ – Das sind die Worte«, schloß Dûdu, »mit denen die Herrin mich ansprach und mit deren Wiedergabe ich dich, junger Meier, ins zarteste Vertrauen gezogen, damit du’s erwiderst. Denn du wirst nun wohl besser verstehen, was es auf sich hat mit meiner Offerte, laut der ich mich blindlings deinem Dienste ergeben will und jederlei verschwiegene Nebenwege für dich hin und her zu gehen bereit bin um des dreifachen Bundes willen.«
    »Schon gut«, erwiderte Joseph gedämpft und mit erzwungener Ruhe. »Ich habe dich angehört, Vorsteher der Schmuckkästen, aus Achtung der Herrin, die aus dir sprach, wie ich wenigstens glauben soll, und auch aus Achtung vor dir, dem geschliffenen Weltmann, hinter dem zurückzustehen an Glätte und Kälte mir nicht geziemen würde. Siehe, ich glaube nicht sehr daran, daß du mir neuerdings grün und zugetan sein willst, – für Weltkunst halt’ ich das, offen gesagt, und geriebenen Lug, du wirst es nicht übelnehmen. Und auch ich, Freund, liebe Euch nicht ohne Maß, es hält sich mit meiner Schwärmerei für Eure Person, ich kann wohl sagen: sie ist mir eher zuwider. Aber es ist mein Wille, Euch zu beweisen, daß ich nicht weniger weltmännisch

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