Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
meiner Empfindungen Herr bin als ihr und fähig, aus kalter Klugheit gar keine Rücksicht auf sie zu nehmen. Ein Mann wie ich kann nicht immer nur gerade Wege gehen; auch krumme darf er von Fall zu Fall nicht scheuen. Und nicht nur Biedermänner taugen einem solchen zu Freunden, sondern auch geschliffener Spitzel und Zubläser muß er sich weltlich kalt zu bedienen wissen. Darum hüte ich mich, Euren Antrag abzuweisen, Meister Dûdu, und nehme Euch bereitwillig in Pflicht und Dienst. Von einem Bunde laßt uns nicht reden; das Wort behagt mir nicht zwischen Euch und mir, selbst wenn die Herrin mitzuhalten gemeint sein sollte. Aber was Ihr mir zuzublasen wißt aus Haus und Stadt, das blaset mir immer zu, ich will es zu nutzen suchen.«
»Wenn du nur meiner Treue vertraust«, versetzte der Mißwüchsige, »so soll es mir gleich sein, ob du sie für weltlich hältst oder herzlich. Der Liebe brauche ich nicht in der Welt; ich habe ihrer daheim von seiten der Zeset, meines Weibes, und meiner gelungenen Kinder Esesi und Ebebi. Doch hat die herrliche Herrin mir den Bund mit dir, und daß ich deiner Jugend Beistand, Ratgeber, Bote und Wegweiser sein soll, zur Herzenssache gemacht, – und daß ich deiner Jugend Beistand, Ratgeber, Bote und Wegweiser sein soll, daran halte ich mich für mein Teil – und will zufrieden sein, wenn du nur auf mich baust, sei’s nun mit dem Herzen oder dem Weltverstand. Vergiß nicht, was ich dir zublies vom Verlangen der Herrin, von dir in die Hausgeschäfte vertraulicher eingeweiht zu werden als von Mont-kaw und öfters mit ihr des Gesprächs zu pflegen! Hast du mir darauf wohl eine Botschaft zu geben, zurück auf den Weg?«
»Nicht daß ich gleich wüßte«, erwiderte Joseph. »Laß dir genügen, daß du dich der deinen entledigt, und mir überlaß es, ihr Rechnung zu tragen.«
»Ganz wie du willst. Ich kann aber«, sagte der Zwerg, »meine treue Zubläserei noch ergänzen. Denn die Herrin ließ fallen, sie wolle sich heute um Untergang zur Beruhigung ihres schönen Gemütes im Garten bewegen und sich die Aufschüttung hinaufbewegen ins lauschige Gartenhäuschen, um ihren Gedanken dort Stelldichein zu geben. Wem’s etwa um eine Unterhaltung mit ihr zu tun sei und um das Vorbringen von Bitte und Nachricht, der möge die nicht alltägliche Gunst sich zunutze machen und sich einstellen ebenfalls im leichten Häuschen zur Audienz.«
Dies log Herr Dûdu einfach in seinen Hals. Die Herrin hatte nichts dergleichen geäußert. Er wollte sie aber, wenn Joseph ihm auf den Leim ging, in Fortsetzung seiner Lüge von jenem aus in das Häuschen laden und so eine Heimlichkeit einfädeln. Auch ging er von seinem Vorhaben nicht ab, obgleich der Versuchte ihm kaum die Hand dazu bot.
Joseph nämlich quittierte nur trocken das Zugeblasene, ohne sich über den Gebrauch, den er davon zu machen gedachte, verbindlich zu äußern, und wandte dem Schmuckintendanten den Rücken. Sein Herz aber klopfte, wenn auch nicht mehr so rasch wie vorhin (da es das Versäumnis eines Augenblicks längst wieder eingebracht hatte), so doch in sehr starken Schlägen, und die Geschichte will und kann nicht verhehlen oder verleugnen, daß er sich freute bis zum Entzücken über das von der Herrin Vernommene, insgleichen darüber, was um die Stunde des Untergangs zu unternehmen ihm freistand. Wie dringlich die Stimme war seiner Brust, die ihm wispernd abmahnte, sich einzustellen, das läßt sich denken; und niemanden wird es überraschen, zu hören, daß sogleich dies Gewisper auch außer und neben ihm war als vertraute Grillenstimme. Denn da er von Dûdu's Gespräch weggehend das Haus aufsuchte, um sich zu besinnen im Sondergemach des Vertrauens, war es Se’ench-Wen-nofre und so weiter, Gottliebchen-Schepses-Bes war es, das Alräunchen im Knitterstaat, das mit ihm hereinschlüpfte und zu ihm emporraunte:
»Tu’s, Osarsiph, nicht, was der böse Gevatter dir riet, tu’s nimmer und niemals!«
»Wie, Freundchen, bist du zur Stelle?« fragte Joseph etwas betreten. Und fragte ihn dann, in welcher Falte und Spalte er denn wieder gesteckt habe, daß er wissen wolle, was Dûdu geraten.
»In keiner«, versetzte das Männlein. »Aber von weitem sah ich mit meiner Augen Zwergenschärfe, wie du dem andern die hohle Hand am Munde verbotest, doch erst nachdem du dich hastig niedergebeugt zu seinen Verhohlenheiten. Da wußte die kleine Weisheit, wes Name er dir genannt.«
»Ein Tausendsassa bist du, ein richtiger!« erwiderte Joseph. »Und
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