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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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der Herr Jungmeier meine Eröffnung, die einem Anerbieten gleichkommt, nach Wert und Bedeutung noch nicht ganz zu schätzen weiß. Du würdest dich sonst nicht schon hinwegheben wollen zu den Geschäften, ehe du Sinn und Tragweite meines Antrages recht erforscht und dich ganz unterrichtet über die Vorteile, die er dir bietet. Denn du magst mir vertrauen und dich meiner Treue und Anschlägigkeit bedienen in allen Stücken: wie in Dingen des Hauswesens, also auch in Hinsicht deiner Person und ihrer Glückseligkeit, und magst auf Dûdu's, des Weltmannes, gründliche Erfahrung bauen im Begehen von Nebenwegen wie in allen Sparten der Kundschafterei, des verdeckten Aushorchertums, der Botengängerei, Zuträgerei und des höheren Meldewesens, nicht zu gedenken einer Verschwiegenheit, wie sie an Feinheit und Unverbrüchlichkeit auf Erden wohl nicht ihresgleichen hat. Ich hoffe, daß deine Augen sich zu öffnen anfangen für die Bedeutung meiner Offerte.«
    »Sie waren niemals blind dafür«, versicherte Joseph. »Du mißverstehst mich gar sehr, wenn du glaubst, daß ich das Schwergewicht deiner Freundschaft verkennte.«
    »Deine Worte befriedigen mich«, sagte der Zwerg, »doch nicht so sehr der Ton, in dem du sie vorbringst. Täuscht mich mein Ohr nicht, so spricht eine gewisse Steifheit daraus und eine Zurückhaltung, welche in meinen Augen einem verflossenen Zeitabschnitt angehört und für die kein Raum mehr sein sollte zwischen dir und mir, da ich sie für mein Teil so gänzlich habe dahinfahren lassen. Sie müßte mich schmerzen von deiner Seite als kränkende Ungerechtigkeit, denn du hast geradeso lange Zeit gehabt, dein Zutrauen reifen zu lassen zu mir, wie dem Wachstum des meinen gegönnt war zu dir, nämlich sieben Jahre. Vertrauen gegen Vertrauen. Ich sehe wohl, ich muß ein übriges tun und dich in das meine ziehen noch tiefer, damit auch du ohne spröden Vorbehalt mich aufnimmst in das deine. So wisse denn, Osarsiph«, sagte er und dämpfte die Stimme, »daß mein Entschluß, dich zu lieben und mich deinem Dienst zu ergeben mit ganzer Person, nicht ganz allein meiner Gottesfurcht entsprungen ist. Es fiel dabei außerdem, und zwar, daß ich es nur gestehe, entscheidend, der Wunsch und die Weisung einer irdischen, wenn auch den Göttern sehr nahestehenden Person ins Gewicht –« Er blinzelte nur noch.
    »Nun, welcher denn?« konnte Joseph zu fragen sich nicht enthalten.
    »Du fragst?« erwiderte Dûdu. »Gut denn, mit meiner Antwort eben ziehe ich dich ins zarteste Vertrauen, damit du’s erwiderst.« Er stellte sich auf die Zehenspitzen, legte das Händchen an seinen Mund und flüsterte:
    »Es war die Herrin.«
    »Die Herrin?!« gab Joseph allzu schnell und ebenso leise zurück und beugte sich zu dem Aufstrebenden nieder. Es war leider so: der Zwerg hatte das Wort zu sprechen gewußt, das seinen Unterredner sofort in hastiger Neugier an dem Gespräch beteiligte. Josephs Herz, das Jaakob daheim für längst geborgen im Tode hielt, das aber hier in Ägyptenland seinen Gang weitergegangen und den Fährnissen des Lebens ausgesetzt geblieben war, stockte ihm in der Brust – in Selbstvergessenheit stand es still einen Augenblick, um dann, nach des Herzens uralter Gepflogenheit, mit desto schnelleren Schlägen nachzuholen, was es versäumt.
    Er richtete sich übrigens gleich wieder auf und befahl:
    »Tu deine Hand vom Munde! Du magst leise reden, aber die hohle Hand nimm hinweg!«
    Dies sagte er, damit niemand sähe, daß er mit dem Ehezwerge Geheimnisse habe, – bereit immerhin, solche mit ihm zu haben, voll Widerwillen aber gegen des Geheimnisses äußere Gebärde.
    Dûdu gehorchte.
    »Es war Mut, unsre Frau«, bestätigte er, »die Erste und Rechte. Sie ließ mich vor sich kommen um deinetwillen und sprach mich mit den Worten an: ›Herr Vorsteher‹ – (Verzeih, der Vorsteher hier bist du nach Mont-kaws Vergöttlichung und hast das Sondergemach des Vertrauens bezogen, da ich es nach wie vor nur in einem würdig beschränkten Sinne bin. Doch ist es die Art und schöne Flatterie der Herrin, dermaßen zu mir zu reden.) ›Herr Vorsteher‹, sprach sie, ›um auf den Jüngling Osarsiph zurückzukommen, den Neumeier des Hauses, über den wir schon manchmal unsere Gedanken tauschten, so scheint mir der Augenblick gekommen, daß Ihr die männliche Sprödigkeit und prüfende Zurückhaltung, die Ihr ihm gegenüber durch einige Jahre, etwa sieben mögen es sein, habt walten lassen, nun doch endlich fahren lasset und Euch

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