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Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)

Titel: Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Mann
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dem Beifall zieht eines Mannes, wie ich es bin. Anders steht es mit den Frauenzimmern auf den Dächern und Mauern, aber ich fand, daß unser Jüngling wenig oder gar nichts gegen ihre Beschießung würde einzuwenden haben, und in diesem Betracht scheint kein Grund vorzuliegen zur Umkehrung der Waffen. Denn ich hörte ihn sagen von ungefähr, eine nur habe das Recht, nach ihm zu schauen und ihn ins Auge zu fassen, wobei er mich ansah überaus nächtig unter den Bögen hervor, groß und glänzend zuerst, danach aber schleierhaft-listig nach seiner interessanten Art. Wenn in dieser Bemerkung ein Fingerzeig zu finden ist für die Art, wie er deiner gedenkt, so ließ ich mir doch an ihm nicht genügen; und da ich gewohnt bin, die Menschen einzuschätzen und zu beurteilen je nach ihrem Verhalten zu dir, so wußte ich das Gespräch auf den Liebreiz der Frauen zu bringen und legte ihm männlich die Frage vor, welche er wohl für die schönste erachte, die ihm begegnet. ›Mut-em-enet, unsere Herrin‹, sprach er da, ›ist die Schönste hier und in weitestem Umkreise. Denn ginge man auch über sieben Berge, so fände man keine Liebreizendere.‹ Und dabei trat eine Atum-Röte in sein Angesicht, die ich nur derjenigen vergleichen kann, die augenblicklich das deine färbt, aus Freude, wie ich mir schmeichle, über die rege Anschlägigkeit deines Ergebensten in dieser Herzenssache. Denn nicht genug damit, so bin ich auch deinem Wunsche zuvorgekommen, der Neumeier möge dir öfters aufwarten und sich deiner Prüfung gestellen, daß du ihm auf den Zauber kommst und das Geheimnis seines Mundes ergründest, wozu ich von Natur wegen mich unberufen fühle. Dringlich habe ich ihn ermahnt und seiner Zaghaftigkeit zugeredet, sich dir, o Frau, zu nahen, je fleißiger desto besser, und mit seinem Munde die Erde vor dir zu küssen, welche es dulde. Hierauf verstummte er mir. Aber die Atum-Röte, die unterdessen aus seinem Antlitz schon gewichen war, stieg sehr schnell aufs neue darein empor, und ich nahm sie als Merkmal seines Bangens, sich dir zu verraten und dir sein Geheimnis preiszugeben. Dennoch halte ich mich überzeugt, daß er meiner Weisung folgen wird. Zwar hat er mich, mit welchen Mitteln nun immer, überwachsen in diesem Hause und ist an der Spitze; aber ich bin der Ältere nach meinen Jahren und meiner Eingesessenheit und rede frisch und frank mit solchem Jüngling als der plane Mann, der ich bin und als der ich mich meiner Dame zu Gnaden empfehle.«
    Damit verbeugte sich Dûdu höchst anständig, indem er die Stummelärmchen gerade von seinen Schultern herabhängen ließ, machte kehrt und ging knappen Trittes zu Joseph, den er mit den Worten begrüßte:
    »Meine Verehrung, du Mund des Hauses!«
    »Ei, Dûdu«, antwortete Joseph, »kommst du zu mir und bringst mir deine geschätzte Verehrung dar? Wie geht das zu? Denn noch kürzlich wolltest du nicht mit mir essen und ließest durchblicken in Wort und Tat, du seiest mir nicht sonderlich grün?«
    »Grün?« fragte Zesets Gatte zurückgelegten Kopfes zu ihm empor. »Ich war dir grüner von je als mancher, der dir besonders grün getan haben mag in sieben Jahren, aber ich ließ es mir nicht so merken. Ich bin ein spröder, bedächtiger Mann, der seine Gunst und Ergebenheit nicht jedem gleich um den Hals hängt um seiner schönen Augen willen, sondern sich prüfend zurückhält und sein Zutrauen reifen läßt wohl sieben Jahre lang. Ist’s aber einmal herangereift, dann ist dafür auch auf meine Treue der letzte Verlaß, und der Erprobte mag sie erproben.«
    »Sehr schön«, erwiderte Joseph. »Es soll mir lieb sein, deine Neigung gewonnen zu haben, ohne daß ich mich ihretwegen in große Unkosten gestürzt hätte.«
    »Unkosten oder nicht«, versetzte der Kleine mit unterdrücktem Ärger, »jedenfalls magst du fortan auf meinen Diensteifer bauen, welcher in erster Linie den Göttern gilt, die sichtbarlich mit dir sind. Ein frommer Mann bin ich, der die Stellungnahme der Götter achtet und eines Mannes Tugend nach seinem Glücke schätzt. Die Gunst der Götter ist überzeugend. Wer wäre so hartnäckig, ihr auf die Dauer die eigene Meinung entgegenzustellen? So dumm und verstockt ist Dûdu nicht, und darum bin ich der Deine geworden mit Haut und Haaren.«
    »Das höre ich gern«, sagte Joseph, »und beglückwünsche dich zu deiner Gottesklugheit. Danach nun aber können wir einander wohl Urlaub geben, denn die Geschäfte rufen.«
    »Mein Eindruck ist«, beharrte Dûdu, »daß

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