Joseph und seine Brüder: Vier Romane in einem Band (Fischer Klassik Plus) (German Edition)
man geschickt nennen können, wäre es nur zartfühlender gewesen. Er begann mit einem Lob auf den Erntegott Min, der an einigen Plätzen als Sonderform höchster Sonnenkraft Verehrung genoß, aber dem Amun-Rê seinen Namen hatte nennen müssen und als Amun-Min oder Min-Amun-Rê eine Person mit ihm ausmachte, also daß Pharao ebenso bequem von »meinem Vater Min« wie von »meinem Vater Amun« sprach: vorzüglich beim Krönungs- und Erntefest, wo denn die Min-Qualität aus Amun hervortrat und er dieser fruchtbare Gott war, der Schutzherr der Wüstenwanderer, hoch an Federn und ragend an Zeugungskraft, die ithyphallische Sonne. Ihn also rief Dûdu an in Würden und berief sich auf ihn, indem er des Herrn Billigung erflehte dafür, daß er als gehobener Hausverwandter und Schreiber der herrschaftlichen Gewandtruhen seinen Diensteifer, seine Sorge fürs häusliche Wesen nicht auf den engeren Pflichtenkreis seines Amtes beschränke, sondern, Gatte und Vater, der er sei, Urheber zweier ebenmäßiger Kinder, so und so genannt, zu denen sich, wenn nicht die Zeichen trögen, und dem Geständnis zufolge, das Frau Zeset an seiner Brust getan, wohl gar bald ein drittes gesellen werde, – sondern daß er also, selbst Mehrer des Hauses und seines Menschenstandes und der Majestät des Min (beziehungsweise dem Amun in seiner Min-Eigenschaft) besonders andächtig verbunden, sein Augenmerk aufs Ganze gerichtet halte, und zwar gerade unter dem Gesichtspunkt menschlicher Fruchtbarkeit und Propagation, wie er denn alles, was unter den Hörigen an Ehe und Ehesegen, an Brautlauf, Schoßsaat und Kindbettereignissen erfreulich vorkomme, unter seine eigenste Obhut, Buchführung und Aufsicht genommen habe, indem er das Hausvolk in diesen Verhältnissen berate, ansporne und ihnen in seiner eigenen Person das Beispiel der Regsamkeit und festen Ordnung gebe. Denn auf das Beispiel von oben, sagte Dûdu, komme hier vieles an, – nicht von ganz oben natürlich, wo man sich begreiflicherweise, wie überhaupt keiner Sache, so auch dieser nicht annehmen könne und möge. Desto wichtiger und notwendiger sei es sogar, daß durch rechtzeitige Vorbeugung alles vermieden werde, was diese übers Beispiel erhabene Spitze in ihrer heiligen Ruhe stören und etwa gar an die Stelle der Würde ihr gerades Gegenteil zu setzen vermöchte. Die Nächst-Oberen aber seien nach seiner, des Zwerges, Meinung verbunden, den Niederen mit gutem Beispiel voranzugehen, und zwar sowohl nach der Seite der Regsamkeit wie der Ordnung. Ob der Redende bis zu diesem Punkt den Beifall des Herrn, unsrer Sonne, habe.
Peteprê zuckte die Achseln und wälzte sich herum auf den Bauch, um den Knetern seine gewaltige Rückseite zur Behandlung darzubieten, hob aber dann das zierliche Haupt und fragte, was das von der Ruhestörung bedeuten solle und die Redensart von der Würde und ihrem Gegenteil.
»Dein Oberknecht kommt sogleich darauf«, erwiderte Dûdu. Und er sprach von dem seligen Meier Mont-kaw, der es mit seiner Lebensführung redlich gemeint und beizeiten ein Beamtenkind heimgeführt habe, auch durch sie zum Vater geworden sei oder es doch geworden wäre, wenn die Dinge nicht einen schiefen Gang genommen hätten und seine Wackerkeit gescheitert wäre am Schicksal, so daß er, verschüchtert, seine Tage als Witmann beschlossen habe, nachdem er immerhin seinen guten Willen gezeigt. So viel von jenem. Nun wolle Dûdu von der schönen Gegenwart reden, schön, insofern der Verblichene einen ebenbürtigen – oder wenn auch nicht ebenbürtigen (da es sich ja um einen Fremdling handle), so doch einen ihm an Geistesgaben nichts nachgebenden Folger gefunden habe und man an der Spitze des Hauses einem Jüngling begegne entschieden bedeutender Art, – etwas ausgefallenen Namens zwar, aber von einnehmender Visage, wohlredend und schlau – kurzum, ein Individuum von einleuchtenden Vorzügen.
»Trottel!« murmelte Peteprê auf seinen verschränkten Armen, denn es kommt uns nichts dümmer vor als Lobsprüche auf einen Gegenstand, dessen wahre Schätzung wir uns ganz allein vorbehalten möchten.
Dûdu überhörte es. Es konnte sein, daß der Herr »Trottel« gesagt hatte, aber er wollte davon nichts wissen, da er Mut und Stimmung hochhalten mußte.
Gar nicht genug, sagte er, könne er die bestechenden und blendenden, ja für manche verwirrenden Eigenschaften des fraglichen Jünglings rühmend hervorheben, denn eben durch sie erst gewänne die Sorge ihr ganzes Gewicht, die sich aufdränge um
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